Im Folgenden versuche ich mich an einer ausführlichen Besprechung des Filmes „Sleuth“ (deutsch: Schnüffler) von 1972, dessen deutscher Titel „Mord mit kleinen Fehlern“ lautet. Ich befasse mich mit dem Film, da er nach 43 Jahren endlich auf DVD in Deutschland erhältlich, und wesentlich bekannter sein sollte als er es ist. Die Besprechung stellt den Verfasser bei einem äußerst wendungsreichen Thriller den zu spoilern ein Sakrileg darstellen würde, vor große Schwierigkeiten. Man möge es mir nachsehen, dass ich daher im Interesse späteren Filmgenusses bei der Inhaltsangabe raffiniert tricksen muss. In einem Anfall von Größenwahn werde auch gleich noch versuchen die ganze Tradition des Genres Bühnenthriller unter die Lupe zu nehmen, um verständlich zu machen, weshalb ich die Regeln des Genres so respektiere, dass ich eben diese Rücksicht nehme.
Alle Textzitate wurden von mir übersetzt.
Das verrückte Labyrinth der Meister |
Der erfolgreiche
Kriminalschriftsteller Andrew Wyke (Laurence Olivier) lebt in seinem in
normannischem Stil erbauten Landhaus in Wiltshire, umgeben von einem
Gartenlabyrinth, und in seiner versponnen Fantasie, in der die klassische
Detective Novel der 30iger und 40iger Jahre nie zu existieren aufgehört hat.
Wykes Schöpfung ist die Figur des klassischen Amateurdetektives St. John Lord
Merrydew.
In seinen Romanen, raffinierten Whodunnits a la Agatha Christie, ist es stets der genialische Amateurdetektiv, der die oft ländlich geprägten Polizeiinspektoren im grandiosen Schlußmonolog vorführt.
Eines Abends lädt Wyke nun den jüngeren Liebhaber seiner Frau Marguerite (Eve Channing), die gerade nicht in der Stadt ist, den etwas unkultivierten aus Italien stammenden Friseur Milo Tindle (Michael Caine), auf sein abgelegenes Anwesen ein – auf ein „Schwätzchen“ wie er sagt, um den Ehebruch zu diskutieren…
Tindle bewundert Wykes enorme Sammlung von teils jahrhundertealten ultraseltenen Spielen die von „Nine Men Morris“ bis zum altägyptischen „Senet“ und selbst zu diversen Automaten reichen. Der Schriftsteller verfügt sogar über einen elektrischen Seemann, „Jolly Jack Tar“, der auf Knopfdruck zu Wykes Bonmots lacht und applaudiert.
Mit einem ersten Scotch kommt man zum Thema.
Eines Abends lädt Wyke nun den jüngeren Liebhaber seiner Frau Marguerite (Eve Channing), die gerade nicht in der Stadt ist, den etwas unkultivierten aus Italien stammenden Friseur Milo Tindle (Michael Caine), auf sein abgelegenes Anwesen ein – auf ein „Schwätzchen“ wie er sagt, um den Ehebruch zu diskutieren…
Tindle bewundert Wykes enorme Sammlung von teils jahrhundertealten ultraseltenen Spielen die von „Nine Men Morris“ bis zum altägyptischen „Senet“ und selbst zu diversen Automaten reichen. Der Schriftsteller verfügt sogar über einen elektrischen Seemann, „Jolly Jack Tar“, der auf Knopfdruck zu Wykes Bonmots lacht und applaudiert.
Mit einem ersten Scotch kommt man zum Thema.
Andrew
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Wie
ich höre, wollen sie meine Frau heiraten?
|
(Pause)
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Andrew
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Ja
entschuldigen sie, wenn ich das Thema anschneide, aber da Marguerite einige
Tage verreist ist, dachte ich, es wäre die richtige Zeit für ein kleines….
„Schwätzchen“
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Milo
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Ja.
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Andrew
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Und?
Wollen sie?
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Milo
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Naja…..ja……wenn
sie erlauben.
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Andrew
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Es
freut mich zu sehen, dass sie nicht wie so viele junge Männer heutzutage
glauben, sie könnten alles tun, ohne irgendjemanden um Erlaubnis zu bitten.
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Während einer Partie Pool-Billard eröffnet Wyke dem sichtlich überraschten Tindle, dass er gegen dessen Liaison mit Marguerite nichts einzuwenden habe, zumal er selbst bereits mit einer Geliebten, der Finnin Theá ausgestattet sei. Die unterschwellige Rivalität der beiden Männer ist regelrecht mit Händen zu greifen.
Milo
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Marguerite
und ich haben keine Geheimnisse vor einander.
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Andrew
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Nicht
einmal meine, wie es scheint. Teá ist eine karelianische Gottheit. Ihre
Mutter ist Ilma, die oberste Gottheit der Luft, ihr Vater ist Jumala, der
große Schöpfer. Ihr goldenes Haar duftet nach Pinie, und ihre kobaltblauen
Augen sind die verborgenen Waldseen Finnlands.
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Milo
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Manche
sagen, sie ‚wär ne dreckige kleine Nutte.
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Andrew
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Manche
sagen das von ihnen auch.(Zäsur) Wenn es sie interessiert, es verlangt
allerhand auf diesem Gebiet mit ihr Schritt zu halten; gottlob habe ich
einiges von einem olympischen Sexathleten.
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Milo
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Ich
nehme an, heutzutage konzentrieren sie sich mehr auf die Sprints, als auf den
Langstreckenlauf.
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Andrew
|
Nicht
so schnell, mein Junge. Ich bin in Topform. Ich könnte für England über jede
Distanz kopulieren.
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Milo
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Wie
sagt man in olympischen Kreisen? Dabeisein ist alles. Werden sie sie
heiraten?
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Andrew
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Heiraten?
Eine Göttin? Welch Blasphemie. Nein, ich will einfach nur mit ihr
zusammenleben.
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Milo
|
Was
hält sie ab.
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Andrew
|
Die
Privatdetektei die sie und Margerite auf mich angesetzt haben.
|
Die Puppenstube des Hexenmeisters. |
Schließlich enthüllt Wyke, dass die Einladung einen anderen Hintergedanken hatte. Er wolle Marguerite fürs ganze Leben los sein, nicht nur eine „zweiwöchige Tindolini-Tour, Tourismusklasse“. Wäre Tindle, finanziell am Ende, der Friseursalon kurz vor dem Bankrott, denn überhaupt in der Lage für Marguerite in der Weise zu sorgen die sie gewohnt ist?
Ja: Wyke schlägt Tindle vor, einen Einbruch vorzutäuschen, und den wertvollen Schmuck, der sich zurzeit im Landhaus befindet, samt der Besitzzertifikate noch in dieser Nacht zu stehlen, und einem bereits kontaktierten Hehler zu verkaufen, so dass er selbst, Wyke, die Versicherung abzocken kann. 90 000 Pfund – steuerfrei.
Cash.
Milo ist interessiert – aber skeptisch …
Wirklich?
Ist er?
Geschickt und verspielt machen sich die beiden Herren mit diebischem Vergnügen daran, einen massiven Einbruch vorzutäuschen, während sich die Nacht über das Anwesen senkt. Da zurückverfolgbare Spuren vermieden werden sollen, und weil Andrew ein leidenschaftlicher Fan von Verkleidungsspielen ist, endet `Einbrecher´ Milo in einem alten Clownskostüm – mit riesige Schuhen. „Wir wollen doch unserem Verbrechen das romantische Flair der 30iger Jahre geben“ so Wyke.
Andrew
|
Nun,
genau dieses kleine Problem zu lösen, habe ich sie heute Abend eingeladen
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Milo
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Aha.
|
Andrew
|
Ich
bringe ihnen noch einen Drink
Sehen
sie, es war einmal ein Brite namens Andrew Wyke der, wie gleichsam die
meisten seiner Landsmänner, von der Steuer buchstäblich kastriert wurde. Um
die totale Entmannung zu verhindern, gaben ihm seine Banker den Rat, einen beträchtlichen
Teil seines Vermögens, 135 000 Pfund, in Juwelen anzulegen. Seine Ehefrau,
natürlich, war begeistert.
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Milo
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Sie
haben sie ihr zum Geschenk gemacht?
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Andrew
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Natürlich
nicht. Sie gehören mir.(Pause) Sie sind hoch versichert.
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Milo
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Ich
beginne zu ahnen, worauf sie hinauswollen
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Andrew
|
Schön,
dass sie mir folgen können. Ich möchte, dass sie diese Juwelen stehlen.
|
Milo
|
Was?
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Ja: Wyke schlägt Tindle vor, einen Einbruch vorzutäuschen, und den wertvollen Schmuck, der sich zurzeit im Landhaus befindet, samt der Besitzzertifikate noch in dieser Nacht zu stehlen, und einem bereits kontaktierten Hehler zu verkaufen, so dass er selbst, Wyke, die Versicherung abzocken kann. 90 000 Pfund – steuerfrei.
Cash.
Milo ist interessiert – aber skeptisch …
Milo
|
Ich
weiß, das klingt vielleicht dumm, aber….aber haben sie eigentlich schon
jemals ein echtes Verbrechen begangen?
|
Andrew
|
Viele
Male. Vor meinem geistigen Auge. Für meine Bücher. St. John Lord Merrydew
wäre erschreckend arbeitslos, gäbe ich ihm nicht ab und an ein Verbrechen zu
lösen.
|
Milo
|
Wer?
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Andrew
|
Mein
Detektiv, St. John Lord Merrydew.
|
Milo
|
Jaja….aber…..ihre
Romane sind nicht die Wirklichkeit. [….]
|
Andrew
|
Ich
bin mir dieses kleinen Unterschieds bewusst.
|
Wirklich?
Ist er?
Oleg Popov lebt! |
Oder ist das Kostüm eine Andeutung?
Nicht vielleicht doch eine Erniedrigung?
Zunächst scheint alles exakt nach Andrews Plan zu laufen, doch plötzlich geht in dieser Nacht etwas schief; die Situation dreht sich um 180 Grad, alles stellt sich als völlig anders heraus als man denkt, Sein und Schein verschwimmen in einem Nebel, der tödlich ist…
Wer das Haus nun von außen, in der Dunkelheit beobachten würde, bekäme, vermutlich Folgendes zu sehen. Eine merkwürdige Gestalt mit Riesenschuhen, seltsam vergrößerten Gesichtszügen und mit Fransenfrisur, die mit einer Leiter in das Haus einsteigt.
Er oder Sie würde nach endlos scheinenden Minuten bleierner Stille
Nicht vielleicht doch eine Erniedrigung?
Zunächst scheint alles exakt nach Andrews Plan zu laufen, doch plötzlich geht in dieser Nacht etwas schief; die Situation dreht sich um 180 Grad, alles stellt sich als völlig anders heraus als man denkt, Sein und Schein verschwimmen in einem Nebel, der tödlich ist…
Wer das Haus nun von außen, in der Dunkelheit beobachten würde, bekäme, vermutlich Folgendes zu sehen. Eine merkwürdige Gestalt mit Riesenschuhen, seltsam vergrößerten Gesichtszügen und mit Fransenfrisur, die mit einer Leiter in das Haus einsteigt.
Er oder Sie würde nach endlos scheinenden Minuten bleierner Stille
eine Explosion hören.
Und, noch etwas später, einen Schuss.
Oder waren es nicht doch zwei Schüsse?
Mehrere Tage später, erscheint Inspektor Doppler (Alec Cawthorne) von der Wiltshire County Police auf Wykes Anwesen – auf Spurensuche: Denn einer der beiden Kontrahenten ist seit jener Nacht spurlos verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Doppler ist überrascht, den angeblichen Hausherrn alleine anzutreffen…
Als Anthony Shaffer in aller Heimlichkeit begann den ungemein raffinierten Plot für einen Bühnenthriller namens “Anyone For Tennis” zu entwickeln der später als “Sleuth” weltberühmt werden sollte, war sein Zwillingsbruder Peter Shaffer durch die Stücke „The Royal Hunt Of The Sun“ (1964) und „Black Comedy“ (1965) bereits ein arrivierter Dramatiker, obschon dessen größte Erfolge „Equus“ 1973 und „Amadeus“ (1979, später verfilmt von Milos Forman) erst noch entstehen sollten.
Es war ein Wettstreit ohne Streit, ein sportives Duell ohne Neid; aber ein Leben lang setzten sich die Shaffer Brüder künstlerisch auseinander. Was dem Einen nicht gelang, gelang dem Anderen und umgekehrt.
Bereits in den 50iger Jahren, als beide noch keine hauptberuflichen Autoren waren, hatten sie mehrere klassische Kriminalromane zusammen verfasst, und während beider Vorliebe für klassische „Murder Mysteries“ Peter Shaffer später dazu trieb Salieri zum Mörder Mozarts zu stempeln, trieb sie Anthony Shaffer dazu mit „Sleuth“ das Thrillergenre zu revolutionieren.
Das klassische Thrillergenre.
Oder waren es nicht doch zwei Schüsse?
Mehrere Tage später, erscheint Inspektor Doppler (Alec Cawthorne) von der Wiltshire County Police auf Wykes Anwesen – auf Spurensuche: Denn einer der beiden Kontrahenten ist seit jener Nacht spurlos verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Doppler ist überrascht, den angeblichen Hausherrn alleine anzutreffen…
Als Anthony Shaffer in aller Heimlichkeit begann den ungemein raffinierten Plot für einen Bühnenthriller namens “Anyone For Tennis” zu entwickeln der später als “Sleuth” weltberühmt werden sollte, war sein Zwillingsbruder Peter Shaffer durch die Stücke „The Royal Hunt Of The Sun“ (1964) und „Black Comedy“ (1965) bereits ein arrivierter Dramatiker, obschon dessen größte Erfolge „Equus“ 1973 und „Amadeus“ (1979, später verfilmt von Milos Forman) erst noch entstehen sollten.
Es war ein Wettstreit ohne Streit, ein sportives Duell ohne Neid; aber ein Leben lang setzten sich die Shaffer Brüder künstlerisch auseinander. Was dem Einen nicht gelang, gelang dem Anderen und umgekehrt.
Bereits in den 50iger Jahren, als beide noch keine hauptberuflichen Autoren waren, hatten sie mehrere klassische Kriminalromane zusammen verfasst, und während beider Vorliebe für klassische „Murder Mysteries“ Peter Shaffer später dazu trieb Salieri zum Mörder Mozarts zu stempeln, trieb sie Anthony Shaffer dazu mit „Sleuth“ das Thrillergenre zu revolutionieren.
Das klassische Thrillergenre.
Kein Stück drückt den unwiderstehlichen Reiz der Gattung "Bühnenthriller" treffender aus, als "DEATHTRAP" von IRA LEVIN, ein Höhepunkt eben jenes Genres. Darin führen Thrillerautor Sidney Bruhl und dessen junger Adlatus Clifford folgende Diskussion:
SIDNEY
|
Es
ist eine Krankheit: Thrilleritis Malignis, das fiebrige Verlangen nach
der Eine - Deko Fünf - Personen Geldmaschine.
|
CLIFFORD
|
Ich
hab kein Verlangen nach Geld. Nicht dass ich nicht ganz gern ein bißchen Geld
hätte, so dass ich mir einen Ort wie diesen zum Arbeiten leisten könnte, aber
das ist nicht der Grund warum ich "Deathtrap" geschrieben habe.
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SIDNEY
|
Sie
sind noch in einem frühen Stadium.
|
CLIFFORD
|
Es
ist keine Krankheit, es ist eine Tradition: Eine unwiderstehlich
herausfordernde theatrale Form, in der jede nur mögliche Variation schon
durchgespielt zu sein worden scheint. Kann ich ein paar Neue herbeizaubern? Kann
ich ein Publikum aufschrecken das im "Haus der Lady Alquist" gewesen
ist, das "bei Anruf Mord" gewählt hat, das "Zeugin
der Anklage" gewesen ist, das das "Mörderspiel" gespielt
hat?
|
SIDNEY
|
Eine
schöne Rede! Und danke dass sie mich für den Höhepunkt aufgespart
haben.
|
CLIFFORD
|
Ich
wollte zu "Mord mit kleinen Fehlern" kommen...
|
SIDNEY
|
Ich
bin froh, dass ich sie gestoppt habe.
|
Der Bühnenthriller stellt einerseits höchste Anforderungen an das dramaturgische Handwerk, insbesondere an das Plotting - die Konstruktionskunst der Handlung , die mit der millimetergenauen Präzision eines Uhrwerks ablaufen muss mit ihren Plot Twists, Manipulationen und 180° Wendungen, mit ihren gezielt zu berechnenden Schocks - und an die Dialogführung , die geschliffene, doppelbödige Repliken verlangt - versetzt mit gelegentlichem dunkelschwarzem Humor. Einen Bühnenthriller von Qualität zu schreiben ist ein Drahtseilakt in Storytelling, ohne Netz und doppelten Boden - und gerade darin liegt eben auch ein Teil des Reizes....
"Es ist keine Krankheit, es ist eine Tradition"..... an dieser Stelle soll an diese Tradition verwiesen werden, indem wir die berühmtesten Stücke des Genres, das in Deutschland im Vergleich zu den angloamerikanischen Ländern, oder auch Frankreich, keine Kultur hat, noch einmal kurz Revue passieren lassen. Eine kleine Reise durch die Welt des Spannungstheaters:
KLASSISCHE BÜHNENTHRILLER
1922 "The Cat And The Canary"
John Willard
John Willards Bühnenstück hat eine - heute - berühmte Prämisse: Die Verwandten eines verstorbenen Multimillionärs versammeln sich um Mitternacht in einem Landhaus. Zur Alleinerbin wird eine junge entfernte Nichte bestimmt, jedoch nur wenn sie eine Nacht im Landhaus verbringt ohne zu sterben oder den Verstand zu verlieren - da bricht ein wahnsinniger Mörder genannt "Die Katze" aus der nahegelegenen Anstalt aus...
Willard
verschmolz erstmals Elemente des klassischen Landhaus - Kriminalstücks mit
Elementen des Gruselstücks a la Grand Guignol, lieferte erstmals einen Body
Count durch einen unbekannten Täter, der erst zum Schluss enttarnt wird. So
wurde "The Cat And The Canary" zum Gründungswerk einer neuen
Theatergattung: Dem Thriller.
1929 "Rope"
Patrick Hamilton
Rope von Patrick Hamilton war lose inspiriert vom Mordfall "Leopold & Loeb" - zwei Studenten hatten ein Kind ermordet um zu beweisen, dass der perfekte Mord als Kunstform möglich sei - nur dass im makaberen Bühnenwerk das Opfer ein als lebensunwert eingestufter Kommilitone ist, und die beiden Täter zur Krönung eine Party geben, deren Buffet sie auf der Kiste anrichten in der die Leiche verborgen ist. Wird ihr Professor, geladener Gast, der über Mord als Kunst doziert hatte, etwas bemerken... ?
Das von Alfred Hitchcock 1948 als "Cocktail für eine Leiche" verfilmte Erfolgsstück war der erste Bühnenthriller in dem die Täter und ihr Verbrechen dem Zuschauer von Anfang an bekannt waren.
1939 "Gaslight"PatrickHamilton
Das von Alfred Hitchcock 1948 als "Cocktail für eine Leiche" verfilmte Erfolgsstück war der erste Bühnenthriller in dem die Täter und ihr Verbrechen dem Zuschauer von Anfang an bekannt waren.
1939 "Gaslight"PatrickHamilton
Diesem klassischen viktorianischen Nägelbeisser , der auch unter dem Titel "Angel Street" lief, verdanken die Briten die Redensart "to gaslight somebody" (jmd. in den Wahnsinn treiben). London im 19. Jahrhundert: Das Ehepaar Manningham ist in ein altes Haus am Thornton Square gezogen. Doch Ehemann Jack Manningham, der jede Nacht ausgeht, ist verzweifelt, denn seine Ehefrau verliert unentwegt Dinge, vergisst Vorfälle, hört seltsame Geräusche vom Dachboden - immer nachts , wenn das Gaslicht flackert ; beginnt sie den Verstand zu verlieren?
Gaslight, 1944 unter dem Titel "Das Haus der Lady Alquist" mit Ingrid Berman und Charles Boyer brillant verfilmt, erschütterte erstmals den Glauben des Zuschauers an die geistige Gesundheit seiner Protagonistin. Die Bühnenfassung am Broadway war der Durchbruch für Vincent Price
1952 "The Mouse Trap"
Agatha Christie
Gaslight, 1944 unter dem Titel "Das Haus der Lady Alquist" mit Ingrid Berman und Charles Boyer brillant verfilmt, erschütterte erstmals den Glauben des Zuschauers an die geistige Gesundheit seiner Protagonistin. Die Bühnenfassung am Broadway war der Durchbruch für Vincent Price
1952 "The Mouse Trap"
Agatha Christie
Das Kriminalstück um Hotelgäste die in einer Pension den Bergen eingeschneit sind, zusammen mit einem Mörder der einen Gast nach dem anderen dezimiert und offenbar in Zusammenhang mit deren gemeinsamen Vorgeschichte steht, ist zwar klassisches Whodunit, aber alle Morde wurden auf offener Bühne gezeigt, und der Plot Twist am Ende des Stücks - der erste dieser Art - erschüttert die Gewissheiten des Zuschauers, seine Kodifizierung von Sehgewohnheiten aufs Heftigste und wies den Weg voraus für viele Werke die folgen sollten.
Die Mausefalle läuft seit über 60 Jahren ohne Unterbrechung im selben Theater in London, und ist mit über 25 000 Aufführungen die am längsten laufende Produktion der gesamten Theatergeschichte.
DER MODERNE BÜHNENTHRILLER
1952 "Dial M For Murder"
FrederickKnott
Die Mausefalle läuft seit über 60 Jahren ohne Unterbrechung im selben Theater in London, und ist mit über 25 000 Aufführungen die am längsten laufende Produktion der gesamten Theatergeschichte.
DER MODERNE BÜHNENTHRILLER
1952 "Dial M For Murder"
FrederickKnott
Da rief auch Hitchcock an! |
Frederick Knotts Stück folgte dem von "Rope" vorgezeichneten Pfad noch viel radikaler. Der Protagonist, Ex- Tennisprofi Tony Wendice, plant sich von seiner jungen, schwerreichen Ehefrau zu trennen - indem er einen Auftragskiller zur Tat erpresst. Ein Telefonanruf soll das Mordsignal sein. Doch plötzlich verläuft der Mordanschlag völlig anders als geplant, die Dinge laufen aus dem Ruder, Tony muss improvisieren....
Dial M For Murder breitet den komplexen Mordplan offen vor den Augen des Zuschauers aus, ein absolutes Novum, so dass er mitfiebert und sich mit dem mörderischen Ehemann identifiziert, als der Plan schiefläuft. Knott komponierte auch erstmals die Handlung eines Bühnenthrillers komplett aus Plot Twists und Turns. Dieses Konzept war so radikal, dass Frederick Knott zunächst kein Theater fand, das das Stück aufgeführt hätte. Erst als es als Live Fernsehspiel der BBC zur Sensation wurde, gelang es ihm das Stück einem Theater zu verkaufen. Dieser erste moderne Thriller des Theaters wurde 1954 von Alfred Hitchcock als "Bei Anruf Mord" mit Ray Milland und Grace Kelly verfilmt.
1966 "Wait until Dark"
Frederick Knott
Frederick Knotts drittes Stück kommt der Verdienst zu den "Hilflose Frau in Not muss gerettet werden" - Typ des Genres für immer zur Ruhe gebettet zu haben. Drei Kriminelle verfolgen die Spur einer mit Heroin gefüllten Puppe bis in das Haus der Hendrix', wo sie zufällig gelandet ist. Die drei locken den Ehemann in eine andere Stadt und beginnen Suzy Hendrix, die blind und völlig hilflos ist, mit einer geschickten , erfundenen Story dahin zu manipulieren, dass sie die Puppe sucht. Doch die Verbrecher unterschätzen ihr Opfer, und einer von den dreien ist ein gestörter Psychopath , wovon die Anderen beiden nichts ahnen..
Erstmals wurden in einem Stück dieser Art massive physische Schocks eingesetzt, erstmals Theatertechnik zur Spannungssteigerung genutzt, denn die letzten 12 Minuten spielen in völliger Dunkelheit. "Wait Until Dark" wurde 1967 von James - Bond - Regisseur Terrence Young mit Audrey Hepburn in der Hauptrolle verfilmt.
DER POSTMODERNE BÜHNENTHRILLER
1970 "Sleuth"
Anthony Shaffer
DER POSTMODERNE BÜHNENTHRILLER
1970 "Sleuth"
Anthony Shaffer
Der Augenarzt ruft! |
Der Agatha Christie - artige Krimiautor Andrew Wyke überredet den Geliebten seiner Frau , Milo Tindle, zu einem getürkten Einbruchdiebstahl um gemeinsam die Versicherung zu betrügen. Doch dann läuft alles schief, es fällt ein Schuss! Zwei Tage später erscheint ein Polizeiinspektor, der dem Ermittler aus Wykes Büchern erstaunlich ähnelt, auf der Suche nach einem Vermissten....
Dieser humorvolle Thriller der zugleich Loblied und ironischer Abgesang auf den gehobenen Landhauskrimi a la Agatha Christie ist, spielt erstmals mit dem Genre selbst und der Wahrnehmung der Realität
1973 "Veronicas Room"
Ira Levin
Schon in seinen Romanen "Der Kuss vor dem Tode", "Rosemaries Baby" und "die Frauen von Stepford" hatte sich Ira Levin als Meister der Handlungskonstruktion erwiesen. Im Bühnenstück "Veronicas Room" trieb er diese Kunst auf eine erste Spitze:
1973. Ein junges frischverliebtes Pärchen wird von einem älteren Hausmeisterehepaar in ein altes Landhaus eingeladen. Die alte Hausbesitzerin liegt im Sterben, und wegen der großen physischen Ähnlichkeit mit deren geliebter verstorbener Schwester Veronika, wird das junge Mädchen gebeten kurz in deren Rolle zu schlüpfen, so dass die alte Dame in Ruhe sterben kann. Doch plötzlich ändert sich die Situation, die Realität. Ist es in Wirklichkeit 1928? Ist das junge Mädchen in Wirklichkeit jene Veronika die sie spielen sollte? Als die Schreckliche Wahrheit offenbar wird, ist es längst zu spät...Levin
liefert gar keinen Kriminalfall mehr sondern nur noch eine äußerst
klaustrophobische Terrorsituation, in der er die Realität der Handlung mehrfach
fast bis ins Sureale aushebelt.
1978 "Deathtrap"
Ira
Levin
Ira
Levins raffiniertes Stück sprüht vor intertextuellen Bezügen und
selbstreflexiven Bonmots.
Der
ausgebrannte Dramatiker Sidney Bruhl, berühmt für seine Bühnenthriller, ist
nach mehreren Flops am Rande des Abgrunds. Da schickt ihm ein junger Schüler
,aus einem seiner Schreibseminare, den perfekten Bühnenthriller
"Deathtrap" - es ist die einzige Kopie. Bruhl lädt den jungen Autor,
Clifford Anderson, zu sich ein, lockt ihn in die titelgebende `Todesfalle´ um
ihn, um des Stücks willen zu töten - so jedenfalls scheint es....
In
seinem Broadwayhit der über 1700 mal vor ausverkauftem Hause gespielt wurde
erzeugt Ira Levin eine grandiose Metaebene: Einen Bühnenthriller über den Kampf
um einen Bühnenthriller, der selbst wieder Gegenstand eines Bühnenthrillers
wird, und dabei noch seine eigenen Mechanismen diskutiert. Die Realität des
Todes als Sicherheit wird aufgelöst und schwarzer Humor beigemengt.
Deathtrap
war 1978 für den Tony Award für das Beste Stück des Jahres nominiert, und wurde
von Sidney Lumet 1982 mit Michael Caine und Christopher Reeve verfilmt.
1990 "Accomplice"
Rupert
Holmes
Rupert
Holmes Thriller von 1990 ging, obgleich unfassbar raffiniert, wohl einen
entscheidenden Schritt zu weit und geriet zur Selbstparodie. Aus einem
konventionellen Mordplot einer Ehefrau und ihres Geliebten gegen ihren Ehemann
und der folgenden halsbrecherischen Umsetzung, wird eine Theaterprobe für einen
Thriller die wiederum für einen ganz anderen Mord dienen soll, und sich
letztlich auf der nicht fiktiven Ebene als mörderische Rache des gerade das
Stück "Accomplice" gebenden Ensembles gegen einen der Nebendarsteller
entpuppt, als deren Drahtzieher niemand anderes Rupert Holmes selbst auftritt.
Das
sehenswerte Stück war zu stark in Richtung Komödie angelegt und bewies, dass
die völlige Auflösung theatraler Strukturen ein Irrweg für diese Gattung ist.
Die besondere Bedeutung von „Sleuth“ liegt darin, dass es eine neue
Epoche einleitete, den Schritt des Bühnenthrillers zu einer postmodernen Form
hochstehenden Unterhaltungstheaters.
Alfred Hitchcock und Anthony Shaffer |
Shaffers Ansatz war „to
outchristie Christie“ also Agatha Christie, die er sehr bewunderte, auf eigenem
Territorium und mit den eigenen Mitteln zu übertreffen und – zugleich – einen
hochironischen, satirischen Abgesang auf den klassischen Landhauskrimi, auf die
konventionelle Detective Story zu liefern. Alle Ingredienzien eines klassischen
„whodunnit“ sind da, ein Mordplan, ein Opfer, ein Verdächtiger, ein Ermittler
(der titelgebende „Schnüffler“?) und eine polizeiliche Untersuchung – aber
keines dieser Elemente ist das, was es zu sein scheint. Shaffer benutzte die
üblichen Kodizes der Sehgewohnheiten des Zuschauers und drehte sie um 180 Grad,
stellte sie regelrecht auf den Kopf. Das alles getragen von einer hohen Ironie,
die sich zum Beispiel darin äußert, dass der ermittelnde
Inspektor, genau jene Art gutmütiger Landpolizist ist, die in den Romanen
des Protagonisten stets als Depp vorgeführt wird.
Shaffer gelang so ein Stück, das nicht nur durch seinen mit
intertextuellen Anspielungen und Bezügen gespickten Inhalt, sondern vor allem
auch durch seine Dramaturgie, seine äußere Form zu einer Studie über Schein und
Sein geriet wie es sie zuvor in dieser Bühnengattung nicht gegeben hatte.
Mein erster eigener Beitrag zum Genre: "Gambit" uraufgeführt 2010 |
Von je eher ist der Bühnenthriller, der sich, anders als ein
Kriminalstück, keineswegs mit der Aufklärung eines Verbrechens befasst, sondern
mit dem Nervenkitzel durch ein Verbrechen und überraschende Wendungen in diesem
Zusammenhang, ja ein Werk der Konstruktionskunst, ein Mechanismus vom Autor so
filigran gebaut wie ein Uhrwerk. Neu bei
„Sleuth“ war, dass der Mechanismus nicht nur innerhalb der Handlung des Stücks
ablief, sondern sich sogar auf den Mechanismus selbst, die Aufführung und sogar
auf das Programmheft bezog, und sich dazu auch handfesten Theaterzaubers
bediente.
Shaffer nutzte die Regeln des Thrillergenres virtuos um eben dieses Genre
zu unterlaufen und zu dekonstruieren – wodurch eine NOCH raffiniertere Form von
Thriller entstand.
Ein wesentlicher Inspirationsquell für „Sleuth“ insbesondere für die
Figur des Andrew Wyke und dessen Spielsucht, war ein guter Freund Anthony
Shaffers, nämlich der legendäre Musical-Komponist und Lyricist Stephen
Sondheim.
Sein Wohnzimmer war schuld: Stephen Sondheim |
Sondheim, neunfacher Tony Award Preisträger, ist selbst eine
Broadway-Legende als Songtexter für „West Side Story“ (1957) und „Gypsy“(1959),
und als Komponist von „Company“(1970), „A Little Night Music“ (1973, mit dem
Welthit „Send In The Clowns“), „Sweeney Todd“ (1980) und „Into The Woods“
(1987) – UND Sondheim ist süchtig nach allen Arten von Spielen, er sammelt sie.
Der mit seltensten Brettspielen, Puppen und mechanischen Apparaten gepflasterte,
im normannischen Stil gebaute Salon Andrew Wykes, ist stark dem Haus von Stephen Sondheim
nachempfunden. Tatsächlich schickte Shaffer als Scherz eine der frühesten
Kopien von „Sleuth“ an Sondheim aber mit ausgewechseltem Titelblatt und neuem
Titel: „Stephen Sondheims Wohnzimmer“.
Keith Baxter und Anthony Quayle in "Sleuth" |
Die Premiere von „Sleuth“ mit dem bekannten Film- und
Theaterschauspieler Anthony Quayle (bekannt aus „Lawrence von Arabien“ 1962 und
„Königin für tausend Tage“ 1969) als Andrew Wyke, Philip Farrar als Inspektor
Doppler und Keith Baxter als Milo Tindle fand unter der Regie von Clifford
Williams am 12.Januar 1970 im Theatre Royal in Brighton statt und zog einen
Monat später im Londoner West End ein, erst ins St. Martins Theatre und später
ins berühmte Garrick Theatre. Noch 1970 überquerte das Stück den Atlantik, erlebte seine US Premiere im National Theatre in Washington, und öffnete
schließlich am 12. November
1970 am New Yorker Broadway im Theater The Music Box.
Dort lief es 1222 Vorstellungen lang.
Vor ausverkauften Häusern.
Die Zuschauer wurden nach jeder Vorstellung in einer Ansprache gebeten
den Haupt Plot-Twist nicht zu verraten.
Die meisten Kritiken lobten den genialischen Thriller.
„Der teuflischste, intelligenteste Thriller der je für die Bühne
geschrieben wurde“
THE TIMES
„Weniger ein Whodunit als ein Whodunwhat. Ein großartiger
Spaß….Grandios!“
THE
NEW YORK TIMES
“Dieses Hieb-für-Hieb Degengefecht verliert fast nie an Tempo und
verrät sich nie”
THE
INDEPENDENT
„Ein schlaues und genussreiches Stück….. voller Energie, Raffinesse und brillantem Humor“
THE LONDON THEATRE GUIDE
„Dieser metaphysische Thriller hält einen auch drei Jahrzehnte nach seiner Premiere noch in Atem“
THE LONDON EVENING STANDARD,
THE LONDON THEATRE GUIDE
„Dieser metaphysische Thriller hält einen auch drei Jahrzehnte nach seiner Premiere noch in Atem“
THE LONDON EVENING STANDARD,
anlässlich der Wiederaufnahme 2001
Originalkritik der New York Times von Clive Barnes |
Es gab nur eine einzige negative Kritik, die allerdings symptomatisch war.
Symptomatisch für das Anbrechen einer neuen Ära, das der fragliche Kritiker nicht erkannt hatte. Martin Gottfried schrieb Folgendes:
„Ich war nie ein großer Leser von Krimis, aber ich bin mir bewusst, dass sie auf einem Eckpfeiler von Logik ruhen. `Sleuth´ ist unlogisch von Beginn an. Eine andere Regel des Krimis ist, dass der Leser (oder im Fall eines Stückes der Zuschauer) alle Hinweise erhalten muss[….]Eine weitere Regel ist, dass man den Leser (Zuschauer) nicht ständig mit derselben Technik hereinlegen kann. Beim dritten Mal ist man nicht mehr getäuscht sondern irritiert. Der Reiz eines Krimis besteht darin das Puzzle zu lösen, und nicht, sich darüber zu wundern, wann, wenn überhaupt je, eine Finte zur Handlung wird. `Sleuth´ist sowohl ein Krimi als auch die Parodie eines Krimis, die die Klisches und Mechaniken der Detektivgeschichte verspottet, während sie zugleich von ihnen profitiert.“
Das Ironische an dieser Kritik ist nicht nur, dass Gottfried offenbar gar nicht merkt, dass er teilweise wie ein Echo des Protagonisten Andrew Wyke klingt, wenn dieser an einer bestimmten Stelle des Stücks erklärt:
Andrew
|
Du
bist ein schlechter Lügner, Milo, und in der letzten Analyse ein
einfallsloser Spieler. […] Spiel NIE dasselbe Spiel dreimal hintereinander!!
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Die Ironie besteht auch darin, dass Gottfried, nachdem er uns fairerweise darauf hingewiesen hat, dass er sich damit nicht wirklich auskennt. sich an der sogenannten „fair play“ Regel orientiert, die Literaturpäpstin Dorothy L. Sayers 1936 für die klassische Detektivgeschichte aufgestellt hat, und die da lautet
„Die Regel ist, dass jeder Hinweis der Öffentlichkeit und dem Detektiv zur selben Zeit gezeigt werden muss, so dass beide die gleiche Chance haben das Problem zu lösen. Das Publikum darf das Geheimnis nicht vorderhand wissen, noch darf der Detektiv irgendwelche privaten Informationen haben, die er nicht unverzüglich an die Öffentlichkeit weitergibt“
Anthony Quayle in "Sleuth", (C) by HistoricImages |
Dabei übersah Gottfried, dass Sayers die „fair play“ Regel als DAS Unterscheidungskriterium zwischen Krimi und Thriller definiert hat, und `Sleuth´ tatsächlich kein Krimi, und keine Detektivgeschichte war, sondern ein Thriller der lediglich so aussah. Im Übrigen haben selbst Agatha Christie, Conan Doyle und Gilbert Keith Chesterton diese zwar sinnvolle Regel keineswegs immer in Reinkultur eingehalten; und diese drei waren die absoluten Großmeister der „Detective Story“.
Tatsächlich hat Christie gerade in ihrem Durchbruchs-Roman „The Murder Of Roger Ackroyd“ (deutsch „Alibi“) von 1926 diese Regel geradezu sensationell unterlaufen: Ein Ich-Erzähler berichtet uns wie Meisterdetektiv Hercule Poirot den Mörder von Ackroyd sucht, und erst am Ende erkennt man, dass der Ich-Erzähler, mit dem man sich natürlich identifiziert und daher auch nie verdächtigt hat, der Mörder ist. Die Hinweise waren zwar da, aber durch die Täuschung Christies, mit einer Reihe teils virtuos ausgeführter Erzähltechniken geleistet, konnte man sie nicht wahrnehmen, obschon man die ganze Zeit im Bewusstseinsstrom des Killers schwamm. Ein Geniestreich der in den Zwanzigern auch ein unerhörter Tabubruch war.
`Sleuth´ dürfte der Queen of Crime gefallen haben.
Tatsächlich hat Christie gerade in ihrem Durchbruchs-Roman „The Murder Of Roger Ackroyd“ (deutsch „Alibi“) von 1926 diese Regel geradezu sensationell unterlaufen: Ein Ich-Erzähler berichtet uns wie Meisterdetektiv Hercule Poirot den Mörder von Ackroyd sucht, und erst am Ende erkennt man, dass der Ich-Erzähler, mit dem man sich natürlich identifiziert und daher auch nie verdächtigt hat, der Mörder ist. Die Hinweise waren zwar da, aber durch die Täuschung Christies, mit einer Reihe teils virtuos ausgeführter Erzähltechniken geleistet, konnte man sie nicht wahrnehmen, obschon man die ganze Zeit im Bewusstseinsstrom des Killers schwamm. Ein Geniestreich der in den Zwanzigern auch ein unerhörter Tabubruch war.
`Sleuth´ dürfte der Queen of Crime gefallen haben.
In seinem brillanten Buch „Deathtraps. The Postmodern Comedy Thriller“ erläuert Theaterwissenschaftler Marvin Carlson heute Gottfrieds Irrtum so:
„`Sleuth´ war ein Kriminalthriller der Unsicherheiten und der spielerischen Bewusstwerdung seiner selbst. In einem solchen Werk besteht das Spiel nicht länger darin seine Kräfte mit dem Detektiv im Lösen eines Verbrechens zu messen, sondern sich einzulassen auf ein verspieltes, hochgradig bewusstes Demontieren des dramatischen Universums“
Man kann sagen, dass Gottlieb Zeuge der Geburt von Etwas Neuem wurde, die Geburt aber, sagen wir, mangels medizinischer Kenntnisse, für eine Scheinwehe hielt. Doch, keine Sorge. Das „Baby“ war wohlauf: Beim Publikum und dem Rest der Kritik war `Sleuth´ tatsächlich ein Sensationserfolg, der wie eine Bombe einschlug. `Sleuth´ war das am längsten laufende Sprechtheater-Stück am Broadway bis es von Ira Levins („Rosemaries Baby“, „Die Frauen von Stepford“) Meisterstück `Deathtrap´, einem von `Sleuth´ inspirierten, noch verschachtelteren Bühnenthriller mit über 1700 Vorstellungen übertroffen wurde.
Die Breitenwirkung in der Bühnenbrache sollte enorm sein. Shaffers Stück definierte wie Thriller fürs Theater von nun an geschrieben werden würden. Der lustvollen Manipulation des Zuschauers waren jetzt keine Grenzen mehr gesetzt.
`Sleuth´ gewann den renommiertesten Preis für Kriminalliteratur, den Edgar Allan Poe Award, in der Kategorie Bestes Theaterstück, und wurde gleich dreimal für den höchsten US-Theaterpreis, den Tony Award (eigentlich Antoinette Perry Award) des American Theatre Wing nominiert: Für das Lichtdesign, die Beste Regie und die Beste Aufführung. Es gewann den Preis für die Beste Theateraufführung des Jahres, hier entgegengenommen von Autor Anthony Shaffer und Regisseur Clifford Williams. Siehe hier bei ca. 1 Stunde 26 min):
„`Sleuth´ war ein Kriminalthriller der Unsicherheiten und der spielerischen Bewusstwerdung seiner selbst. In einem solchen Werk besteht das Spiel nicht länger darin seine Kräfte mit dem Detektiv im Lösen eines Verbrechens zu messen, sondern sich einzulassen auf ein verspieltes, hochgradig bewusstes Demontieren des dramatischen Universums“
Man kann sagen, dass Gottlieb Zeuge der Geburt von Etwas Neuem wurde, die Geburt aber, sagen wir, mangels medizinischer Kenntnisse, für eine Scheinwehe hielt. Doch, keine Sorge. Das „Baby“ war wohlauf: Beim Publikum und dem Rest der Kritik war `Sleuth´ tatsächlich ein Sensationserfolg, der wie eine Bombe einschlug. `Sleuth´ war das am längsten laufende Sprechtheater-Stück am Broadway bis es von Ira Levins („Rosemaries Baby“, „Die Frauen von Stepford“) Meisterstück `Deathtrap´, einem von `Sleuth´ inspirierten, noch verschachtelteren Bühnenthriller mit über 1700 Vorstellungen übertroffen wurde.
Die Breitenwirkung in der Bühnenbrache sollte enorm sein. Shaffers Stück definierte wie Thriller fürs Theater von nun an geschrieben werden würden. Der lustvollen Manipulation des Zuschauers waren jetzt keine Grenzen mehr gesetzt.
`Sleuth´ gewann den renommiertesten Preis für Kriminalliteratur, den Edgar Allan Poe Award, in der Kategorie Bestes Theaterstück, und wurde gleich dreimal für den höchsten US-Theaterpreis, den Tony Award (eigentlich Antoinette Perry Award) des American Theatre Wing nominiert: Für das Lichtdesign, die Beste Regie und die Beste Aufführung. Es gewann den Preis für die Beste Theateraufführung des Jahres, hier entgegengenommen von Autor Anthony Shaffer und Regisseur Clifford Williams. Siehe hier bei ca. 1 Stunde 26 min):
Die beiden Darsteller Anthony Quayle und Keith Baxter erhielten den unabhängig vergebenen Drama Desk Award für die Beste Schauspielerische Leistung. Philip Farrar, in der unvergesslichen Rolle des Inspektor Doppler, wurde dabei aus unbegreiflichen Gründen übergangen.
Der enorme Erfolg machte natürlich auch die Filmbranche auf Anthony Shaffer aufmerksam.
Eines Tages erhielt er einen Telefonanruf. Irgend so ein Witzbold gab sich in einem geschmacklosen Scherz als Alfred Hitchcock aus. Shaffer wimmelte den sicherlich Betrunkenen brüsk ab, ließ sich aber die Nummer geben und rief sicherheitshalber zurück.
Es war kein Scherz.
Es war wirklich „Hitch“.
Anthony Shaffer schrieb in der Folge des Drehbuch zu Hitchcocks meisterhaftem Spätwerk „Frenzy“ von 1972, basierend auf dem Roman „Goodbye Picadilly, Farewell Leicester Square“ um einen perversen Krawattenmörder im London der 70ies, und einen unschuldig Verdächtigten der ihn überführen muss. Er verfasste 1973 das Originaldrehbuch zum Kultfilm „The Wicker Man“ mit Christopher Lee, und adaptierte die Agatha Christie Klassiker „Tod auf dem Nil“ 1977, „Das Böse unter der Sonne“ 1982 und „Rendezvous mit einer Leiche“ 1988 für das Kino – alle drei Filme mit Peter Ustinov als Hercule Poirot. Seine letzte Drehbucharbeit sollte 1993 für „Sommersby“ mit Richard Gere und Jodie Foster sein – ein Remake des französischen Films „Die Wiederkehr des Martin Guerre“.
Kein Wunder auch, dass bald der Wunsch nach einer Verfilmung von „Sleuth“ entstand. Anfangs zögerte Shaffer und weigerte sich schließlich die Rechte zeitnah zu verkaufen, weil er fürchtete, ein Kinofilm der den Haupt Plot-Twist sehr bekannt machen würde, könnte dem Theatererfolg abträglich sein. Erst für Anfang 1972 stimmt er einer Spielfilm-Produktion zu.
Dann würde die Bühnenfassung sicherlich abgespielt sein.
Dachte Shaffer.
Pustekuchen.
Kein Wunder auch, dass bald der Wunsch nach einer Verfilmung von „Sleuth“ entstand. Anfangs zögerte Shaffer und weigerte sich schließlich die Rechte zeitnah zu verkaufen, weil er fürchtete, ein Kinofilm der den Haupt Plot-Twist sehr bekannt machen würde, könnte dem Theatererfolg abträglich sein. Erst für Anfang 1972 stimmt er einer Spielfilm-Produktion zu.
Dann würde die Bühnenfassung sicherlich abgespielt sein.
Dachte Shaffer.
Pustekuchen.
Das Bühnenstück lief ohne Pause bis Ende 1973 , die Hauptrollen waren aufgrund der extrem langen Laufzeit mittlerweile von TV-Star Patrick Macnee („Mit Schirme, Charme und Melone“) und Jordan Christopher übernommen worden, die anschließend bis Ende 1974 auf Tour gingen.
Ein Mann und sein Schnauz: "Larry" Olivier |
Zu dieser Zeit war der Film längst im Kino
Für die Hauptrolle des Andrew Wyke wurde als erstes Laurence Olivier angefragt, was jedoch mehr ein Reflex gewesen sein dürfte.
Olivier war damals der bedeutendste Shakespeare-Darsteller seiner Generation, mehrfacher Oscarpreisträger (Bester Hauptdarsteller für „Hamlet“ 1948, Sonderoscar für Hauptrolle, Produktion und Regie für „Heinrich V.“ 1946), als Chef des National Theatre und des Old Vic der bedeutendste Theatermacher Großbritanniens, und spätestens seit dem Durchbruch als Heathcliff in der Emily Bronte-Verfilmung „Stürmische Höhen“ (1939) und als Maxim De Winter in Hitchcocks „Rebecca“ (1940) ein veritabler Kinostar dessen Rum durch Arbeiten wie „Richard III.“ (1955), Stanley Kubricks „Spartacus“ (1960) und „In den Schuhen des Fischers (1968)“ noch gemehrt worden war.
1971 war Olivier eine lebende Legende, galt als einer der besten Schauspieler der Welt, und für eine Rolle dieser Größenordnung in einem britischen Film fragte man ihn natürlich an.Für die Hauptrolle des Andrew Wyke wurde als erstes Laurence Olivier angefragt, was jedoch mehr ein Reflex gewesen sein dürfte.
Olivier war damals der bedeutendste Shakespeare-Darsteller seiner Generation, mehrfacher Oscarpreisträger (Bester Hauptdarsteller für „Hamlet“ 1948, Sonderoscar für Hauptrolle, Produktion und Regie für „Heinrich V.“ 1946), als Chef des National Theatre und des Old Vic der bedeutendste Theatermacher Großbritanniens, und spätestens seit dem Durchbruch als Heathcliff in der Emily Bronte-Verfilmung „Stürmische Höhen“ (1939) und als Maxim De Winter in Hitchcocks „Rebecca“ (1940) ein veritabler Kinostar dessen Rum durch Arbeiten wie „Richard III.“ (1955), Stanley Kubricks „Spartacus“ (1960) und „In den Schuhen des Fischers (1968)“ noch gemehrt worden war.
Da aber bekannt war, dass er seinem Freund Anthony Quayle mit der Bemerkung „Wie kannst du als ernsthafter Shakespeare- Darsteller dich zu so etwas herablassen? Das Stück ist ein Strahl Pisse!“Vorhaltungen für die Mitwirkung an der Bühnenfassung von „Sleuth“ gemacht hatte, erwartete kein Mensch ernsthaft eine Zusage.
Olivier, möglicherweise altersweise geworden, überraschte alle – und sagte zu.
Olivier, möglicherweise altersweise geworden, überraschte alle – und sagte zu.
Alec Cawthorne am Old Vic unter John Gielgud, 1958 |
Als zweites wurde Alec Cawthorne, ein arrivierter Bühnendarsteller aus dem Ensemble des Old Vic, für die Rolle des Inspektors verpflichtet – seine erste und einzige Filmrolle. Für ihn, der sich vor der Kamera nie so recht wohl fühlte, da er sich, eigener Aussage zufolge stets „wie maskiert“ vorkam, blieb die bemerkenswerte Darstellung ein einmaliger Ausflug aus einer Jahrzehnte umspannenden Theaterlaufbahn.
Schwieriger gestaltete sich die Besetzung der Rolle des Milo Tindle. Albert Finney war im Gespräch, wurde von den Produzenten aber für „zu plump“ befunden. Heiß gehandelt wurde hingegen Alan Bates, der besonders durch seine Rollen im Klassiker „Alexis Sorbas“(1964, nach Nikos Kazantzakis, dessen Roman „Die letzte Versuchung Christi“ und seine Verfilmung auf diesem Blog bereits Thema waren.) und in der D.H. Lawrence Verfilmung „Liebende Frauen“ (1969) – mit einem bemerkenswerten Nacktringkampf mit Oliver Reed - zu einem Star des britischen Kinos geworden war.
Bates bat sich aus, sich vor einer Festlegung seinerseits erst einmal das Stück im Theater ansehen zu können. Dort machte er den Kardinalfehler, in der Pause nach dem ersten Akt zu gehen, und dadurch den Kontext seiner Figur und deren tatsächliche Bedeutung völlig zu verpassen. Er lehnte die Rolle ab, mit der Begründung sie sei „eines Schauspielers seiner Statur nicht würdig“. Er sollte sich den Rest seiner Karriere in den Hintern beißen, weil er diese Chance vertan hatte.
Stattdessen schlug schließlich Laurence Olivier einen der interessantesten britischen Schauspieler der jungen Generation vor: Michael Caine.
Caine, einer heutigen Generation unter Umständen fast nur noch als Batman -Christian Bales Butler bekannt, hatte 1972 schon einiges hinter sich. Geboren 1933 als Maurice Micklewhite jr., wuchs er in ärmlichsten Arbeiterklasse - Verhältnissen auf, und hielt sich als junger Mann mit körperlicher Arbeit über Wasser. Als sein Vater Maurice Micklewhite sr. Mitte der 50iger Jahre starb, war der Mann praktisch bankrott und hinterließ nur die wenigen Pfund, die er noch im Geldbeutel hatte. Eine Gemeinsamkeit mit dem Hintergrund der Figur Milo Tindle. Für Caine damals ein Ansporn sein Leben radikal anders zu gestalten und seinen Traum, Schauspieler zu werden, umzusetzen. Ohne je eine Schauspielschule von innen gesehen zu haben, kämpfte Micklewhite sich als Darsteller in hunderten Fernsehwerbespots Schritt für Schritt zu echten Rollen hoch. Angeregt durch den Filmklassiker „Die Caine war ihr Schicksal“ gab er sich selbst den Künstlernamen Michael Caine. In London teilte er sich zeitweise eine WG mit Albert Finney und Terrence Stamp die beide vor ihm berühmt wurden. Er blieb allein und zunächst erfolglos zurück. Doch er gab nie auf. Ungewöhnlich für das britische Klassensystem weigerte er sich stets seinen breiten Cockney-Akzent, der ihn als aus der Unterschicht stammend auswies, abzulegen.
Sein Durchbruch gelang ihm allerdings 1962 mit dem Historienepos „Zulu“ über einen von den Briten niedergeschlagenen Eingeborenenaufstand in Afrika, indem er genau das ausnahmsweise tat. Er spielte einen Offizier aus der Upper Class.
Mit Oxford Diktion.
1965 wurde dann das endgültige Durchbruchsjahr: Erst spielte er in „The Ipcress File“ erstmals Spion Harry Palmer, den intellektuellen Gegenentwurf zu James Bond, den er noch mehrfach verkörpern sollte; im selben Jahr begeisterte er dann als tragikomischer Womanizer in „Alfie“, wofür er seine erste Oscarnominierung als Bester Hauptdarsteller erhielt. Durch wichtige Rollen in einer ganzen Reihe von überaus aufwendigen Großfilmen entwickelte sich Caine ab Mitte der 60iger zu einem gefragten Darsteller. 1971 wurde er dann durch seine eiskalte Tour de Force in Mike Hodges Rachethriller „Get Carter“ endgültig künstlerisch voll anerkannt.
Seine Karriere hält bis heute ungebrochen an. Als er, mehrere Jahrzehnte und zwei Oscars später, als einer der besten britischen Filmschauspieler geadelt wurde, ließ er sich zu Ehren seines Vaters unter seinem bürgerlichen Namen in den Adelsstand erheben. Als Sir Maurice Micklewhite jr.
Kurz nach „Get Carter“ erhielt Caine also die Anfrage zu „Sleuth“. Er kannte das Stück bereits und sagte sofort zu.
Es war keine Frage, dass nur Anthony Shaffer sein „Stück wie ein Zaubertrick“ für die Leinwand adaptieren konnte.
Für die Regie war Joseph L. Mankiewicz vorgesehen, dessen letzter Film „Sleuth“ werden sollte. Mankiewicz , der seit der Stummfilmzeit als Drehbuchautor und seit den 30iger Jahren als Regisseur tätig war, war vierfacher Oscarpreisträger (Er hatte Oscars für die Beste Regie und das Beste Drehbuch doppelt und in zwei aufeinanderfolgenden Jahren gewonnen, für „Ein Brief an drei Frauen“ 1949, und für das sensationelle hinter Theaterkulissen am Broadway spielende Drama „Alles über Eva“ mit Bette Davis, das 1950 mit 14 Oscarnominierungen einen bis heute ungebrochenen Rekord aufstellte).
Er hatte Klassiker wie „Julius Cäsar“ mit Marlon Brando (1953), „Die barfüßige Gräfin“ (1954), dieTennessee Williams Adaption „Plötzlich im letzten Sommer“ (1960) und den Liz Taylor/Richard Burton Monumentalschinken „Cleopatra“ (1963) inszeniert. Letzterer ruinierte fast 20th Century Fox, bis das Studio 1965 durch das meistgesehene Filmmusical der Welt „The Sound Of Music“ in letzter Sekunde gerettet wurde.
Hervorzuheben ist noch Mankiewiczs soziales Engagement als Künstler. 1950 hatte er mit dem bahnbrechenden Rassismusdrama „Der Hass ist Blind“ erstmals afroamerikanisches Familienleben auf der Leinwand gezeigt, und einem jungen Schauspieler namens Sidney Poitier in einer inoffiziellen Hauptrolle sein Filmdebüt verschafft – der Rest ist Geschichte. 1970 inszenierte Mankiewicz zusammen mit Sidney Lumet („Die 12 Geschworenen“ 1956) die preisgekrönte Dokumentation „KING. A Filmed Record. Montgomery To Memphis“ die den Lebensweg von Martin Luther King anhand von Originalmaterial auf elektrisierende Weise nachzeichnete.
Weiterhin verpflichtete man John Addison, einen äußerst renommierten britischen Dirigenten und Filmkomponisten („Der schwarze Ritter“ 1955, „Der Entertainer“ 1960, „Bitterer Honig“ 1961 und Hitchcocks „Der zerrissene Vorhang“ 1966) für die Musik. Addison hatte 1963 für die Verfilmung des Schelmenromans „Tom Jones – zwischen Bett und Galgen“ von Henry Fielding den Oscar erhalten, und sollte uns später noch die Titelmusik der langlebigen Krimiserie „Mord ist ihr Hobby“ mit Angela Lansbury bescheren.
Für die Kameraarbeit gewann man Oswald Morris, der im Jahr zuvor für Norman Jewisons Verfilmung des Musicalhits „Anatevka“ (Fiddler on The Roof) den Oscar gewonnen hatte. Morris, der bereits bei „Der Entertainer“ sowohl mit Laurence Olivier als auch mit John Addison zusammengearbeitet hatte, galt als einer der besten Kameramänner der Zeit; er hatte unter anderem 1956 für John Hustons Meisterwerk „Moby Dick“ ein völlig neuartiges Farbfiltersystem entwickelt und eingesetzt, wodurch das Filmbild ästhetisch den Walfang-Gemälden aus der Zeit Herman Melvilles entsprach. 1952 hatte er für Hustons „Moulin Rouge“ bereits dasselbe getan, wodurch diese beeindruckende Biografie von Henri Toulouse-Lautrec (brillant gespielt von José Ferrer) so aussah, als sei sie von ihm selbst gezeichnet und gemalt worden. Er fotografierte auch Stanley Kubricks „Lolita“ (1960) und die brillante John Le Carré Verfilmung „Der Spion der aus der Kälte kam“ mit Richard Burton. Nicht zuletzt war er auch verantwortlich für die Kamera bei der auf diesem Blog besprochenen Romanverfilmung „Kampf in der Villa Fiorita“.
Ken Adams Originaldesign für die große Halle |
Als die Dreharbeiten zu „Sleuth“ Anfang Mai 1972 in den Pinewood-Studios (Innenaufnahmen) und dem realen Landhaus Athelhampton House, Dorset (Außenaufnahmen) begannen, fremdelten Olivier und Caine noch ein wenig miteinander. In seiner Autobiographie THE ELEPHANT TO HOLLYWOOD beschreibt Michael Caine die erste Begegnung:
“Präzise um zehn Uhr erschien der große Mime. Er war kleiner – ja, wirklich, das sind sie fast immer – als ich erwartet hatte, kam direkt auf mich zu, die Hand ausgestreckt. `Michael´ sagte er `endlich treffen wir uns´. Er hätte nicht freundlicher sein können, aber ich fühlte mich weit entfernt davon, locker zu sein. Schließlich war mein Co-Star nicht nur ein großer Theaterschauspieler: Er war auch ein großer Filmschauspieler und war ein Leinwandidol der 30iger und 40iger Jahre gewesen. Ich sah hinüber zu Joe Mankiewicz und fragte mich, wie er sich fühlen mochte. Larry war nicht nur ein großer Bühnenregisseur, sondern auch ein großer Filmregisseur….Ich war nicht der Einzige der für die nächsten Wochen Nerven aus Stahl brauchen würde.“
Olivier, Caine Maniewicz |
Oliviers Antwort lautete: „Nun, laut Protokoll werde ich angeredet als Lord Olivier und sie sind für mich Mr. Michael Caine. Natürlich nur für dieses erste Mal. Ab jetzt bin ich Larry und sie sind Mike. Und so wird es hoffentlich für immer sein.“
Das klingt doch viel entspannter als bei Ben Kingsley, den jeder am Set immer mit „Sir Ben“ anreden muss. Da merkt man, wenn einer Komplexe hat.
Dennoch wäre es wohl beinahe einmal zu einer Auseinandersetzung gekommen, als Caine in einer Drehpause ein etwas unbedachtes Bonmot zum Besten gab. Irgendwie war die Rede auf den englischen Schauspieler Leslie Howard gekommen, und Caine witzelte „Na, der hat ja auch alle seine Hauptdarstellerinnen ins Bett gekriegt“. Plötzlich verdunkelte sich Oliviers Stirn, eine Zornesfalte bildete sich, er warf einen tödlichen Blick auf den Kollegen, richtete sich zu voller Größe auf und donnerte mit schneidendem Bühnenbariton „Nicht so, mein lieber Junger in `Vom Winde verweht´“
In „Vom Winde verweht“ hatte Leslie Howard die Rolle des Ashley Wilkes gespielt, und die Hauptdarstellerin war, in der Rolle der Scarlett O'Hara, niemand anderes als Vivien Leigh - von 1940 bis 1961 die erste Ehefrau von Laurence Olivier!
Es kann sich dabei aber lediglich um eine kurzzeitige Verstimmung gehandelt haben, denn ansonsten kamen Olivier und Caine am Set blendend zurecht. Es wird sogar berichtet, dass Olivier in den langen Drehpausen regelmäßig in Caines Wohnwagen saß. Der Grund: Dort gab es einen Farbfernseher, so dass Caine und Olivier, beide leidenschaftliche Tennisfans (ironisch, wenn man den ursprünglich vorgesehenen Titel von „Sleuth“ bedenkt) dort das Turnier von Wimbledon live verfolgen konnten, das genau während der Dreharbeiten stattfand.
Das Set selbst wurde übrigens, damals völlig entgegen allen sonstigen Gepflogenheiten bei Filmdrehs, hermetisch von der Außenwelt abgeschirmt, und zwar, angeblich um die Gastaufritte vieler berühmter Darsteller im Film nicht vorab an die Öffentlichkeit zu verraten. Der wahre Grund lag aber darin, dass man die Plot-Twists und Turns, insbesondere den Haupt-Gimmick um jeden Preis schützen wollte. Filmkritiker Rex Reed war der einzige Journalist der das Set je besuchen durfte, und er musste dafür extra eine Verschwiegenheitsklausel unterzeichnen.
Dieser, daher ungeheuer seltene, Drehbericht hinter den Kulissen von 1972 zeigt eine gelöste aber auch hochprofessionelle Stimmung am Set:
Tatsächlich schwindelt Laurence Olivier hier ein wenig. Er hatte bei den Dreharbeiten wirklich sehr große Schwierigkeiten mit dem Text, aber nicht weil er keine Zeit hatte ihn zu lernen, sondern wegen seiner Medikamentenabhängigkeit von Schmerzmitteln, die ihn extrem vergesslich machte. Bei „Der Marathon Man“ mit Dustin Hoffman, sollte diese Problematik 1976 ihren absoluten Höhepunkt erreichen. Doch auch bei „Sleuth“ wurden die Erinnerungslücken zum Problem: Bei manchen Szenen musste Michael Caine 20 bis 30 Wiederholungen über sich ergehen lassen, bis Olivier endlich den Text fehlerfrei hinbekam. Caine sah es als „reinen Schauspielkurs“ und sog alles auf wie ein Schwamm.
Olivier war, was dem fertigen Film unmöglich anzumerken ist, keineswegs im Vollbesitz seiner Kräfte. Bei der ersten Lesung des Skripts war er so schlecht, dass er sich demütig bei allen Anwesenden entschuldigte. Am Tag darauf erschien er plötzlich mit demselben künstlichen Schnurrbart, den er auch im Film trägt -und war auf einmal sensationell. „Wie ich immer sage: Ich kann mit meinem eigenen Gesicht einfach nicht spielen“.
Olivier war nach eigenem Bekenntnis eher der Schauspieler der von außen nach innen arbeitet, denn umgekehrt. Doch wen schert es, bei der Qualität der von ihm gelieferten Darstellungen?
Wenn die Kamera aber lief und er in Fahrt war, dann war Olivier absolut unübertrefflich. In einer Szene des ersten Akts ist – wenn man es weiß und darauf achtet - zu sehen, dass der große Mime sich, als er einen Tisch leerfegt, irgendwie an der Hand verletzt; tatsächlich hatte er sich die Handinnenfläche aufschlitzt, der Vollprofi Olivier aber drückt vor laufender Kamera völlig unbeeindruckt ein Taschentuch auf die Hand, während er weiterspielt, seine Position wechselt, und schließlich die Hand sehr elegant in die Jackettasche gleiten lässt. Was für ein grandioses Detail diese Bewegung doch ist, dachte ich immer, fast als hätte er sich wehgetan – toll! Bis ich die realen Hintergründe herausfand. Autsch!
Michael Caine beschreibt die Zusammenarbeit so:
„Wenn Larry nicht auf Tranquilizern war, war er wieder ganz sein altes Selbst – und es war ein formidables Selbst, eine wahre Urgewalt mit der man umgehen musste. Er war daran gewöhnt der Star jeder Aufführung zu sein, in der er mitwirkte, und zögerte nicht sich in jeder Szene ins Zentrum zu spielen, was bedeutete dass ich einen Weg finden musste um ihn herum zu spielen. Und wann immer ich einen Einsatz hatte, der die Bewegung unterbrach die er machen wollte, wies er Joe ziemlich großspurig an, ihn zu streichen.“
Man darf nicht vergessen dass Olivier eine keineswegs unproblematische Persönlichkeit mit narzisstischen Zügen hatte. Er war nämlich nicht nur eine begnadete Begabung, er war auch ein ultraempfindlicher Neurotiker mit Minderwertigkeitskomplexen. Ein Neurotiker mit nahezu absoluter Macht über das englische Theater. Eine tödliche Kombination.
Es ist zwar wahr, dass der hochsensible Olivier bei der „Othello“ Produktion des National Theatre in der er die Titelrolle gespielt hatte, nach einer umwerfenden Darbietung und zwanzigminütigen Standing Ovations plötzlich verschwand, bis er schließlich, weinend und in der Garderobe kauernd von einem Ensemblemitglied gefunden wurde. „Warum weinen sie, das….das war absolut umwerfend!!“
Er blickte auf, Tränen liefen seine Wangen hinab „Ja, aber….Ich weine, weil ich nicht weiß wie ich es gemacht habe.“
Genauso wahr ist aber auch, dass Olivier, der ja zugleich Intendant war, in derselben Produktion den Vertrag seiner Desdemona, einer blutjungen Maggie „Prof. McGonagall“ Smith, nicht verlängerte als sie in den Kritiken mehr Aufmerksamkeit bekam als er.
Umso bemerkenswerter, dass die Arbeit mit Michael Caine und Cawthorne in „Sleuth“ so freundschaftlich und manipulationsfrei verlief. Alec Cawthorne berichtet, dass Olivier ihn häufig mit Vorschlägen und Ideen in seinem Trailer aufsuchte. Nach dem Motto „Wenn wir das so machen, dann könnten wir doch…. Und was hältst du denn von….?“
Michael Caine hingegen rechnete Olivier am Höchsten an, dass dieser niemals in herablassender Freundlichkeit Rücksicht auf ihn nahm, sondern ihn stets auf Augenhöhe behandelte, wie einen Gleichgestellten, einen Kollegen.
In diesem Interview, warf Autor Anthony Shaffer höchstpersönlich einen Blick zurück auf Film und Stück:
Caine der für seine Mitwirkung eine Gage von 250 000 Pfund erhielt, war in den 14 Drehwochen einer immer gleichen Routine unterworfen: Jeden Tag um 4:45 Uhr aufstehen, um 5:30 abholfertig sein, dann zwanzig Minuten Fahrt zum Drehort, ab 6 Uhr dann zwei Stunden in der Maske sitzen. Die Dreharbeiten zogen sich in der Regel bis in den Abend.
Außer am 22. Mai 1972, denn an diesem Tag wurde Laurence Oliviers 65. Geburtstag am Set mit einer prächtigen Party gefeiert.
Ach Ja, und eine Bombendrohung gab es auch einmal. Joseph Mankiewicz meinte im einzigen Interview scherzhaft, dass sei wohl Keith Baxter gewesen, der den Film sabotieren wolle. In der Tat war Baxter tief verletzt, dass man ihn für die Rolle des Milo Tindle nicht einmal in Erwägung gezogen hatte.
Nur allzu verständlich: Es wäre seine einzige große Chance beim Film gewesen – aber in den unteren Rängen ist das Business leider manchmal brutal.
Und Caine war eine perfekte Wahl (das reimt sich, und was sich reimt…)
Im Laufe der Zeit hatte sich auch Michael Caine den Respekt des Altmeisters erspielt. Dieser machte ihm, nach einer ganz bestimmten, sehr aufwühlenden Sequenz, das größte Kompliment seines Lebens. Aber, das lasse ich Sir Micklewhite lieber selbst erzählen (Interviewausschnitt aus den 80iger Jahren):
Im Juli 1972, nach über 3 Monaten harter aber fruchtbarer Arbeit waren die Dreharbeiten abgeschlossen.
Trotzdem das Filmjahr 1972 ein außerordentlich Starkes war, mit „Der Pate“ von Coppola, Bob Fosses „Cabaret“, Jan Troells „Emigranten“ und John Boormans „Beim Sterben ist jeder der Erste“, schlug „Sleuth“ an den Kinokassen voll ein und erregte erhebliches Aufsehen. Welch ein Kabinettstück. Die Kritiken überschlugen sich, sprachen von „superlativen Schauspielerleistungen“. Und wahrten dennoch das Geheimnis des Plots. „Ein anspruchsvoller, akrobatisch schlauer und mitreißend gut gespielter Thriller“ schrieb Jay Cocks (verfasste mit Martin Scorsese das Drehbuch zu „Silence“ 2017, siehe Kritik auf diesem Blog) im TIME MAGAZINE.
Olivier war, was dem fertigen Film unmöglich anzumerken ist, keineswegs im Vollbesitz seiner Kräfte. Bei der ersten Lesung des Skripts war er so schlecht, dass er sich demütig bei allen Anwesenden entschuldigte. Am Tag darauf erschien er plötzlich mit demselben künstlichen Schnurrbart, den er auch im Film trägt -und war auf einmal sensationell. „Wie ich immer sage: Ich kann mit meinem eigenen Gesicht einfach nicht spielen“.
Olivier war nach eigenem Bekenntnis eher der Schauspieler der von außen nach innen arbeitet, denn umgekehrt. Doch wen schert es, bei der Qualität der von ihm gelieferten Darstellungen?
Wenn die Kamera aber lief und er in Fahrt war, dann war Olivier absolut unübertrefflich. In einer Szene des ersten Akts ist – wenn man es weiß und darauf achtet - zu sehen, dass der große Mime sich, als er einen Tisch leerfegt, irgendwie an der Hand verletzt; tatsächlich hatte er sich die Handinnenfläche aufschlitzt, der Vollprofi Olivier aber drückt vor laufender Kamera völlig unbeeindruckt ein Taschentuch auf die Hand, während er weiterspielt, seine Position wechselt, und schließlich die Hand sehr elegant in die Jackettasche gleiten lässt. Was für ein grandioses Detail diese Bewegung doch ist, dachte ich immer, fast als hätte er sich wehgetan – toll! Bis ich die realen Hintergründe herausfand. Autsch!
Michael Caine beschreibt die Zusammenarbeit so:
„Wenn Larry nicht auf Tranquilizern war, war er wieder ganz sein altes Selbst – und es war ein formidables Selbst, eine wahre Urgewalt mit der man umgehen musste. Er war daran gewöhnt der Star jeder Aufführung zu sein, in der er mitwirkte, und zögerte nicht sich in jeder Szene ins Zentrum zu spielen, was bedeutete dass ich einen Weg finden musste um ihn herum zu spielen. Und wann immer ich einen Einsatz hatte, der die Bewegung unterbrach die er machen wollte, wies er Joe ziemlich großspurig an, ihn zu streichen.“
Man darf nicht vergessen dass Olivier eine keineswegs unproblematische Persönlichkeit mit narzisstischen Zügen hatte. Er war nämlich nicht nur eine begnadete Begabung, er war auch ein ultraempfindlicher Neurotiker mit Minderwertigkeitskomplexen. Ein Neurotiker mit nahezu absoluter Macht über das englische Theater. Eine tödliche Kombination.
Es ist zwar wahr, dass der hochsensible Olivier bei der „Othello“ Produktion des National Theatre in der er die Titelrolle gespielt hatte, nach einer umwerfenden Darbietung und zwanzigminütigen Standing Ovations plötzlich verschwand, bis er schließlich, weinend und in der Garderobe kauernd von einem Ensemblemitglied gefunden wurde. „Warum weinen sie, das….das war absolut umwerfend!!“
Er blickte auf, Tränen liefen seine Wangen hinab „Ja, aber….Ich weine, weil ich nicht weiß wie ich es gemacht habe.“
Genauso wahr ist aber auch, dass Olivier, der ja zugleich Intendant war, in derselben Produktion den Vertrag seiner Desdemona, einer blutjungen Maggie „Prof. McGonagall“ Smith, nicht verlängerte als sie in den Kritiken mehr Aufmerksamkeit bekam als er.
Umso bemerkenswerter, dass die Arbeit mit Michael Caine und Cawthorne in „Sleuth“ so freundschaftlich und manipulationsfrei verlief. Alec Cawthorne berichtet, dass Olivier ihn häufig mit Vorschlägen und Ideen in seinem Trailer aufsuchte. Nach dem Motto „Wenn wir das so machen, dann könnten wir doch…. Und was hältst du denn von….?“
Michael Caine hingegen rechnete Olivier am Höchsten an, dass dieser niemals in herablassender Freundlichkeit Rücksicht auf ihn nahm, sondern ihn stets auf Augenhöhe behandelte, wie einen Gleichgestellten, einen Kollegen.
In diesem Interview, warf Autor Anthony Shaffer höchstpersönlich einen Blick zurück auf Film und Stück:
Caine der für seine Mitwirkung eine Gage von 250 000 Pfund erhielt, war in den 14 Drehwochen einer immer gleichen Routine unterworfen: Jeden Tag um 4:45 Uhr aufstehen, um 5:30 abholfertig sein, dann zwanzig Minuten Fahrt zum Drehort, ab 6 Uhr dann zwei Stunden in der Maske sitzen. Die Dreharbeiten zogen sich in der Regel bis in den Abend.
Außer am 22. Mai 1972, denn an diesem Tag wurde Laurence Oliviers 65. Geburtstag am Set mit einer prächtigen Party gefeiert.
Übergangen: Original - Milo Keith Baxter |
Ach Ja, und eine Bombendrohung gab es auch einmal. Joseph Mankiewicz meinte im einzigen Interview scherzhaft, dass sei wohl Keith Baxter gewesen, der den Film sabotieren wolle. In der Tat war Baxter tief verletzt, dass man ihn für die Rolle des Milo Tindle nicht einmal in Erwägung gezogen hatte.
Nur allzu verständlich: Es wäre seine einzige große Chance beim Film gewesen – aber in den unteren Rängen ist das Business leider manchmal brutal.
Und Caine war eine perfekte Wahl (das reimt sich, und was sich reimt…)
Im Laufe der Zeit hatte sich auch Michael Caine den Respekt des Altmeisters erspielt. Dieser machte ihm, nach einer ganz bestimmten, sehr aufwühlenden Sequenz, das größte Kompliment seines Lebens. Aber, das lasse ich Sir Micklewhite lieber selbst erzählen (Interviewausschnitt aus den 80iger Jahren):
Im Juli 1972, nach über 3 Monaten harter aber fruchtbarer Arbeit waren die Dreharbeiten abgeschlossen.
Trotzdem das Filmjahr 1972 ein außerordentlich Starkes war, mit „Der Pate“ von Coppola, Bob Fosses „Cabaret“, Jan Troells „Emigranten“ und John Boormans „Beim Sterben ist jeder der Erste“, schlug „Sleuth“ an den Kinokassen voll ein und erregte erhebliches Aufsehen. Welch ein Kabinettstück. Die Kritiken überschlugen sich, sprachen von „superlativen Schauspielerleistungen“. Und wahrten dennoch das Geheimnis des Plots. „Ein anspruchsvoller, akrobatisch schlauer und mitreißend gut gespielter Thriller“ schrieb Jay Cocks (verfasste mit Martin Scorsese das Drehbuch zu „Silence“ 2017, siehe Kritik auf diesem Blog) im TIME MAGAZINE.
Andere schlossen sich an:
„Bietet Laurence Olivier und speziell Michael Caine zwei ihrer besten Rollen“ VARIETY
„Was den Film wirklich lebendig macht, ihn sogar besser funktionieren last als das Bühnenstück, ist die Leistung der Hauptdarsteller Lord Laurence Olivier, Michael Caine und Alec Cawthorne“ ROGER EBERT
„Deliziöses Katz-und-Maus Spiel voll bösem Humor“ CAPITAL TIMES
„ Dieser stilvolle, intelligente Thriller ist voller herrlich unerwarteter Twists und glänzt mit außerordentlichen schauspielerischen Leistungen von Michael Caine und Laurence Olivier“ TV GUIDE
„Mit Ausnahme eines kürzeren Auftritts des britischen Bühnendarstellers Alec Cawthorne, sind die einzigen Hauptdarsteller auf der Leinwand Olivier und Caine, aber sie sind so gut, dass man sich zu keiner Zeit wünscht jemand Anderes möge ihr Duell unterbrechen“ JAMES BARDINELLI
„Verfilmung eines Drei-Personen-Stücks, die mit intelligenten Dialogen, elegant-pointierter Darstellung und einer ungemein souveränen Regie brilliert; zugleich eine Parodie auf den englischen Kriminalroman und eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit dem Grenzbereich zwischen intellektuellem Spiel und mörderischem Ernst.“ LEXIKON DES INTERNATIONALEN FILMS
„Leichtfüßige Thriller-Tour-de-Force. Köstlich von Anfang bis Ende“ LEONARD MALTIN
Anthony Shaffer wurde für sein Drehbuch erneut mit dem Edgar Allan Poe Award ausgezeichnet. Bei der Oscarverleihung 1973 war „Sleuth“ viermal für den Preis nominiert:
Beste Regie – Joseph L. Mankiewicz
Bester Hauptdarsteller: Laurence Olivier
Bester Hauptdarsteller: Michael Caine
Beste Filmmusik: John Addison
Anzumerken ist, dass Alec Cawthorne, der meines Erachtens zwingend als Bester Nebendarsteller hätte nominiert werden müssen, völlig übergangen wurde. Ferner, dass John Addison nicht ursprünglich nominiert war, sondern nachrückte, als Nino Rotas Score für „Der Pate“ disqualifiziert wurde – weil er eine seiner frühere Kompositionen zum Teil wiederverwendet hatte.
Ein Oscar wird abgelehnt? Durch eine Stellvertreterin?
Als politischer Protest?
Das hatte es noch nie gegeben.
Michael Caine war außer sich. Er kritisierte weniger Brandos Motive als dessen Art der Ablehnung – nicht selbst zu erscheinen und die Verantwortung zu übernehmen sondern „diese arme junge Indianerin zum Ausbuhen vorzuschicken!“
Da sprach vermutlich auch der Beschützerinstinkt des damals frischgebackenen Papas Caine, der übrigens, zur Geburt seiner Tochter einen wunderbaren Blumenstrauß von „Larry“ Olivier geschickt bekam.
Kult noch im Tode: Anthony Shaffer. |
Ein Satz der Andrew-Wyke- Figur wurde sogar in einem Song verewigt. Wyke beschimpft Tindle in Film und Stück an einer Stelle als „a jumped-up pantry boy who doesn’t know his place“ (Ein emporgekommener Küchenjunge der nicht weiß, wo sein Platz ist). In „This Charming Man“ der britischen Band „The Smiths“, kommt diese Zeile mehrfach vor, weil Songtexter Steven Morrissey ein Verehrer des Films ist.
Mitte der 2000er Jahre tauchte dann, endlich, eine Kauf-VHS aus England auf, die aber in viel zu kleiner Auflage hergestellt und darob bald vergriffen war. Die VHS bewies aber immerhin einigen wenigen Eingeweihten, dass der Mythos um diesen Film sehr wohl eine Berechtigung hatte und „Sleuth“ seinem Ruf voll gerecht wurde.
Die wenigen noch im Umlauf befindlichen Exemplare wurden auf amazon gebraucht für bis zu 150 Euro verkauft. Es spricht für die Qualität und den Status des Films, dass solche Preise auch wahrhaftig bezahlt wurden.
Dann tauchten die ersten englischen Fassungen im Netz auf, ab etwa 2009.
Seit 2015 können wir nun dem grandiosen Label PIDAX das sich auf ultraseltene Film-, Fernseh-, Theater- und Hörspieljuwelen spezialisiert hat, für die erste DVD auf deutschem Boden danken, durch die wir auch wieder in den Genuss der exzellenten deutsche Synchronisation kommen in der Laurence Olivier von seinem Stammsprecher Siegmar Schneider, Michael Caine von Hansjörg Felmy und Inspektor Doppler von Fitz Welmeyer gesprochen wird.
Siehe hier:
http://www.pidax-film.de/Film-Klassiker/Mord-mit-kleinen-Fehlern-Sleuth::814.html?XTCsid=4ono36817cd01rlcld6td73to3
Was entstand da nun für ein Film?
Ein spannendes, wendungsreiches, raffiniertes Vergnügen voller Nervenkitzel und knochentrockenem britischen Humor, das einen wahrlich prachtvollen postmodernen Schabernack mit dem Publikum treibt. Wenn ich sage „Sleuth“ sei ein Thriller, so sollte der Zuschauer nicht das erwarten, was wir in der oberflächlichsten Deutung womöglich heute darunter verstehen. „Sleuth“ gehört seiner Atmosphäre nach deutlich ins Reich der Agatha Christie, des Arthur Conan Doyle – auch wenn die Spannung hoch ist, und mit zunehmender Laufzeit die Handlung immer abgründiger und heftiger wird, und einem das Lachen irgendwann im Halse stecken bleibt. Der Film ist weder so düster wie „Sieben“, noch so brutal wie „Identity“ noch eröffnet er uns so pervertierte Welten wie Jonathan Demme’s (R.I.P) „Schweigen der Lämmer“. Es ist nicht diese ART von Thrill, es ist ein Nervenkitzel der sich aus der Raffinesse, dem genialen Wendungsreichtum und der Tiefgründigkeit dieses mit mörderischem Ernst gelieferten Gentleman-Duells speist.
Mystery Thriller nennen die Briten sowas.
Dass das so vortrefflich funktioniert, hat eine Reihe von Gründen. Zuerst einmal basiert der Film auf einem verdammt guten Stück. Zweitens widersteht Drehbuchautor Shaffer der Wiedersuchung und üblicher Gepflogenheit, das Stück für die filmische Bearbeitung zu weit zu öffnen. Häufig versuchen Drehbuchautoren wenn sie ein Stück adaptieren, so viele Außenschauplätze wie nur möglich einzubauen, das Geschehen so oft wie möglich aus den aristotelischen vier Wänden zu holen. Während dieses Vorgehen bei Komödienstoffen oder auch bei Shakespeare – Stücken kein Problem darstellt, ist es das beim Bühnenthriller der die Spannung auch über den Raum verdichtet sehr wohl. Alfred Hitchcock verfilmte zwei Bühnenthriller für das Kino, „Cocktail für eine Leiche (1948) und „Bei Anruf Mord“ (1954) – in beiden Fällen löste er die Handlung nur minimalst auf andere Schauplätze auf, um die Spannung nicht zu brechen.
Shaffer machte dasselbe bei „Sleuth“, die Außenaufnahmen beschränken sich auf das genial eingesetzte, von Ken Adam entworfene Gartenlabyrinth und die Einbruchssequenz. Der Rest des Films spielt im Inneren des Hauses, dafür in fast allen von Adam luxuriös und mit ungeheurem Stilempfinden designten Räumen. Die Dialoge sind gegenüber der Bühnenfassung ebenfalls nur minimal verändert, so wurde Milo Tindles Hintergrundgeschichte anspielungsreich an das Leben Michael Caines angenähert, während wiederum für Olivier Shakespeare-Anspielungen, sowie sogar eine liebevolle Reminiszenz an „Rebecca“ eingebaut wurden. Der Witz wurde in der Filmfassung noch böser ausgeschärft.
Wichtig ist hierbei, dass Shaffer einer weiteren Versuchung widersteht, und die Dialoge nicht ent-literarisiert. Der Film wäre dann zwar etwas kürzer, aber unzweifelhaft auch sehr viel ärmer geworden. Abgesehen davon sind die Repliken so schwungvoll und vielschichtig, dass man hier nicht von einem dialoglastigen, sehr wohl aber von einem dialogstarken Film sprechen muss.
Eine großartige Idee war ferner den Musikgeschmack Wykes zu verändern. Im Film ist er leidenschaftlicher Cole Porter-Fan (Drei Porter Songs sind eingebaut „You Do Something To Me“, „Just One Of Those Things“ und „Anything Goes“). Das macht doppelt Sinn: Es zeigt, weil altmodisch, das Wyke auch musikalisch in einer anderen, vergangenen Zeit lebt – heute würde man vermutlich sagen: In einer Blase. Nichts gegen Cole Porter, den ich verehre. Seine musikalisch brillanten Swing-Nummern mit ihren grandios-wortspielerischen Songtexten waren in den 30iger und 40iger Jahren großartig und sind es noch heute, wie ja auch der anhaltende Erfolg von Porters Musical-Hit „Kiss Me Kate“ zeigt. Wykes Musikgeschmack ist also durchaus ein Erlesener, aber entspricht eben nicht annähernd den aktuellen Charts von 1973, und das erzählt etwas über ihn. Zweitens nutzte Shaffer die Lyrics von „Anything Goes“ auf geschickteste Weise für ein Rätsel innerhalb der Handlung.
„Sleuth“ ist etwas über 2 Stunden lang, hat aber nur drei Hauptprotagonisten, spielt dabei auch noch überwiegend an nur einem Hauptschauplatz.
So etwas kann schnell Längen entwickeln, redundant oder uninteressant werden und den Zuschauer nerven.
Nicht so in diesem speziellen Fall.
Einerseits aufgrund der herausragenden Darstellerleistungen. Wie Olivier, Caine und Cawthorne sich hier die Bälle zuspielen, interagieren, reagieren, den Rhythmus des jeweils Anderen aufnehmen, sich regelrecht hochschaukeln, ist Schauspielkunst in Vollendung. Sogar die non-verbalen reaction shots sind herausragend. Man könnte den Protagonisten, zumal bei einer so hochspannenden Handlung, schier unbegrenzt bei ihrem Fechten mit verbaler und manchmal auch blutiger Klinge zusehen.
Regie und Kamera tun ein Übriges: Nicht nur treibt Joseph L. Mankiewicz seine Darsteller zu wahrer Hochform, und tief ins Innenleben ihrer Charaktere, so dass sich die Figuren auch seelisch total entblößen. Hans Christoph Blumenberg schrieb treffend über Mankiewiz‘ superbe Schauspielerführung: „Er lässt Olivier und Caine das Ritual der exzessiven gegenseitigen Demütigungen so erschöpfend auskosten, dass sich ein Gefühl der Betroffenheit einstellt, wo ein schlechterer Regisseur nur schadenfrohes Gelächter erzeugt hätte“
Nein, mehr noch: Mankiewicz und Morris wissen sehr genau wann es wie viel Bewegung braucht, wann man einen Schnitt setzen, wann ein Insert einfügen muss um das Auge des Zuschauers zu entlasten, und an den richtigen Momenten Abwechslung zu bieten. Zudem löst Morris das komplette Geschehen aufs Höchste cinematisch auf, jede Einstellung erzählt etwas über die Figuren, deutet manchmal sogar ein Geheimnis an. Die Bilder erzählen den Film weitaus mehr als der Text. Es handelt sich also hier mitnichten um abgefilmtes Theater, sondern um etwas viel Selteneres, das exakte Gegenteil: Um absolut kinogerechtes Theater. „Sleuth“ profitiert von exakt demselben handwerklichen Know How und genau denselben Tugenden, die schon „Die 12 Geschworenen“ 1956 ausgezeichnet hatten.
Wie perfekt sich Schauspiel, Inszenierung, Schnitt und Kamera in diesem Film ergänzen, mag dieser kurze Ausschnitt zeigen, in dem es um die Entdeckung des Safes geht:
Man möge mich zum Abschluss noch auf ein paar wunderbare kleine Details verweisen lassen, die Anthony Shaffer und Joe Mankiewicz in den Film eingebaut haben – für Genießer mit Hintergrundwissen sozusagen.
Los geht’s: In Andrew Wykes Büro sieht man auf einem Regal eine Büste stehen, bei der es sich um den Edgar Allan Poe Award handelt, den Wyke für einen Roman gewonnen hat. In Wirklichkeit ist dies kein Requisit sondern die reale Auszeichnung die Shaffer für die Bühnenfassung von „Sleuth“ erhalten hat. An der Wand des Büros sind verschiedene Fotos von Wyke mit verschiedenen angeblich prominenten Personen zu sehen – dabei handelt es sich ausnahmslos um echte Promis jener Zeit die sich extra mit Olivier ablichten ließen. Ein Foto von der großen Agatha Christie spielt dabei, wie soll ich sagen, eine ganz besondere Rolle. In Wykes Hobbykeller sind unter Anderem zwei Straßenschilder zu sehen „Berner Street“ und „Baker Street“ – beides sind Anspielungen auf reale Adressen die mit dem Verbrechen in Zusammenhang stehen: In Berner Street, Whitechapel wurde Elizabeth Stride, Jack The Rippers drittes Opfer, ermordet, und in der Baker Street 221b logiert natürlich niemand Anderes als Sherlock Holmes.
Das sind natürlich bei weitem nicht die einzigen „Easter Eggs“ im Film, aber ein bisschen Geheimnis muss ich mir ja schließlich noch aufsparen.
FAZIT: Grandios wendungsreicher, intellektueller Old-School-Thriller der Meistersklasse, hinreißend verspielt und herausragend gespielt. Eine Delikatesse!
P:S: Wenn Sie, lieber Leser, an dieser Stelle etwa denken, kein Dramatiker, Drehbuchautor oder – Gott behüte - Blogger könnte sie je manipulieren, muss ich sie schwer enttäuschen. Ich habe es gerade getan. Mehrmals. Zwinker.
Einerseits aufgrund der herausragenden Darstellerleistungen. Wie Olivier, Caine und Cawthorne sich hier die Bälle zuspielen, interagieren, reagieren, den Rhythmus des jeweils Anderen aufnehmen, sich regelrecht hochschaukeln, ist Schauspielkunst in Vollendung. Sogar die non-verbalen reaction shots sind herausragend. Man könnte den Protagonisten, zumal bei einer so hochspannenden Handlung, schier unbegrenzt bei ihrem Fechten mit verbaler und manchmal auch blutiger Klinge zusehen.
Regie und Kamera tun ein Übriges: Nicht nur treibt Joseph L. Mankiewicz seine Darsteller zu wahrer Hochform, und tief ins Innenleben ihrer Charaktere, so dass sich die Figuren auch seelisch total entblößen. Hans Christoph Blumenberg schrieb treffend über Mankiewiz‘ superbe Schauspielerführung: „Er lässt Olivier und Caine das Ritual der exzessiven gegenseitigen Demütigungen so erschöpfend auskosten, dass sich ein Gefühl der Betroffenheit einstellt, wo ein schlechterer Regisseur nur schadenfrohes Gelächter erzeugt hätte“
Nein, mehr noch: Mankiewicz und Morris wissen sehr genau wann es wie viel Bewegung braucht, wann man einen Schnitt setzen, wann ein Insert einfügen muss um das Auge des Zuschauers zu entlasten, und an den richtigen Momenten Abwechslung zu bieten. Zudem löst Morris das komplette Geschehen aufs Höchste cinematisch auf, jede Einstellung erzählt etwas über die Figuren, deutet manchmal sogar ein Geheimnis an. Die Bilder erzählen den Film weitaus mehr als der Text. Es handelt sich also hier mitnichten um abgefilmtes Theater, sondern um etwas viel Selteneres, das exakte Gegenteil: Um absolut kinogerechtes Theater. „Sleuth“ profitiert von exakt demselben handwerklichen Know How und genau denselben Tugenden, die schon „Die 12 Geschworenen“ 1956 ausgezeichnet hatten.
Wie perfekt sich Schauspiel, Inszenierung, Schnitt und Kamera in diesem Film ergänzen, mag dieser kurze Ausschnitt zeigen, in dem es um die Entdeckung des Safes geht:
Man möge mich zum Abschluss noch auf ein paar wunderbare kleine Details verweisen lassen, die Anthony Shaffer und Joe Mankiewicz in den Film eingebaut haben – für Genießer mit Hintergrundwissen sozusagen.
Los geht’s: In Andrew Wykes Büro sieht man auf einem Regal eine Büste stehen, bei der es sich um den Edgar Allan Poe Award handelt, den Wyke für einen Roman gewonnen hat. In Wirklichkeit ist dies kein Requisit sondern die reale Auszeichnung die Shaffer für die Bühnenfassung von „Sleuth“ erhalten hat. An der Wand des Büros sind verschiedene Fotos von Wyke mit verschiedenen angeblich prominenten Personen zu sehen – dabei handelt es sich ausnahmslos um echte Promis jener Zeit die sich extra mit Olivier ablichten ließen. Ein Foto von der großen Agatha Christie spielt dabei, wie soll ich sagen, eine ganz besondere Rolle. In Wykes Hobbykeller sind unter Anderem zwei Straßenschilder zu sehen „Berner Street“ und „Baker Street“ – beides sind Anspielungen auf reale Adressen die mit dem Verbrechen in Zusammenhang stehen: In Berner Street, Whitechapel wurde Elizabeth Stride, Jack The Rippers drittes Opfer, ermordet, und in der Baker Street 221b logiert natürlich niemand Anderes als Sherlock Holmes.
Das sind natürlich bei weitem nicht die einzigen „Easter Eggs“ im Film, aber ein bisschen Geheimnis muss ich mir ja schließlich noch aufsparen.
FAZIT: Grandios wendungsreicher, intellektueller Old-School-Thriller der Meistersklasse, hinreißend verspielt und herausragend gespielt. Eine Delikatesse!
P:S: Wenn Sie, lieber Leser, an dieser Stelle etwa denken, kein Dramatiker, Drehbuchautor oder – Gott behüte - Blogger könnte sie je manipulieren, muss ich sie schwer enttäuschen. Ich habe es gerade getan. Mehrmals. Zwinker.
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