Der Titel dieses Blogs spielt natürlich auf das berühmte Magazin "Cahiers Du Cinema" (Notizen zum Kino) an, dessen Filmkritiker Francois Truffaut und Claude Chabrol später Regisseure und Wegbereiter eines neuen französischen Kinos wurden.
Dennoch ist dies kein arthouse Blog. Es ist ein Blog über die Liebe zum Film. Gute Filme. Und sehr schlechte. Egal woher sie stammen. Egal wie sie zu klassifizieren sind.

Sonntag, 19. November 2023

DIE ZEHN GEBOTE (1956)“: DIE GRÖßTE SCHAU DER WELT.

„DIE ZEHN GEBOTE (1956)“: DIE GRÖßTE SCHAU DER WELT.


 





Aufnahmen von der Premiere: 



Der Erfinder des amerikanischen biblischen Monumentalfilms Cecil Blount DeMille hatte die Story schon einmal als Stummfilm 1923 verfilmt. Seine eigene Neuverfilmung von 1956 mit Charlton Heston als Moses, die auch sein letzter Film war, ist ein in vielfacher Hinsicht bemerkenswertes Spektakel.


1923 verfilmte DeMille den Moses-Stoff zum ersten Mal, als Stummfilm.



DeMille erlitt während der aufreibenden Dreharbeiten einen Herzinfarkt, meldete sich aber, entgegen dem Rat der Ärzte, schon eine Woche später wieder zur Arbeit und beendete das Epos. Sein ungewöhnlich hohes Engagement merkte man auch in diesem SEHR ungewöhnlichen Originaltrailer von 1956 in dem kein Geringerer als Cecil DeMille höchstpersönlich das kommende Spektakel ankündigt:



Das umfangreiche Drehbuch (Es kann hier komplett nachgelesen werden: https://cupdf.com/document/the-ten-commandments-1956-final-shooting-scriptpdf.html?fbclid=IwAR0MBfSWdp-xe3xSnReVbEnCvvbLHYgZonZuZ2h3wGqFhOG0tG2kAoBtuX8&page=1) des 229 Minuten langen Films basierte dabei nicht nur auf dem Buche Exodus der Bibel, sondern auch auf den Schriften des antiken christlichen Historikers Flavius Josephus , des antiken Historikers Philo und gleich drei verschiedenen Romanen über Moses, nämlich "Der Prinz von Ägypten" von Dorothy C. Wilson, "Die Feuersäule" von J.H. Ingraham und "Auf den Schwingen des Adlers" von A.E. Southon.


Originaldrehbuchseite mit angegebenen Bibelstellen









Der Aufwand war enorm: Mindestens 14 000 Statisten, über 15 000 Tiere, mehr als 300 000 Liter Wasser für die Teilung des roten Meeres kamen zum Einsatz. Die Dreharbeiten, teils an Originalschauplätzen in Ägypten und Sinai, nahmen über 2 Jahre in Anspruch und verschlangen die seinerzeit unvorstellbare Summe von über 13 Millionen Dollar. Die Außensets gehören zu den größten die je gebaut wurden. Der wuchtige Score von Elmer Bernstein ist alleine schon zweieinhalb Stunden lang. Vier Drehbuchautoren, drei Produktionsdesigner und fünf Kostümdesigner:innen arbeiteten an DeMilles Opus Magnum.





DeMille versammelte einen All - Star - Cast (teils in winzigsten Rollen), dazu gehörten Charlton Heston, Yul Brynner, Edward G. Robinson, Anne Baxter, Debra Paget, Yvonne De Carlo, Sir Cedric Hardwick, John Carradine, Vincent Price, Dame Judith Anderson und Baby Fraser Heston als der neugeborene Moses. Richard Farnsworth, Patricia Hitchcock, der noch unbekannte Robert Vaughn und sogar Carl "Alfalfa" Switzer von den kleinen Strolchen hatten kurze Cameo Auftritte als hebräische Sklaven oder böse Ägypter.

DeMille selbst gab die Erzählerstimme. Die Spezialeffekte des Films (Höhepunkte: der brennende Dornbusch, Die sieben Plagen, die Feuersäule, Teilung des roten Meeres, und die zehn Gebote selbst die via göttlichem Laserstrahl aus dem Fels gesprengt werden) übertrafen alles bis dahin dagewesene, die technischen Grundlagen dafür mussten erst, speziell für diesen Film, erfunden werden.





Die Teilung des Roten Meeres, beispielsweise, galt als der schwierigste Spezialeffekt, der bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführt wurde.

Die Dreharbeiten für diesen Effekt dauerten etwa sechs Monate und kombinierten Szenen, die am Ufer des Roten Meeres in Ägypten gedreht wurden, mit Szenen, die in den Paramount Studios in Hollywood in einem riesigen Wassertank gefilmt wurden, der durch einen U-förmigen Trog geteilt wurde, in den etwa 360.000 Gallonen Wasser von den Seiten her eingeleitet wurden, sowie mit den Dreharbeiten für einen riesigen Wasserfall, der ebenfalls auf dem Paramount-Gelände gebaut wurde, um den Effekt der Wände des geteilten Meeres aus dem turbulenten Rückstau zu erzeugen. 





Alle verschiedenen Elemente der Aufnahme wurden dann im optischen Drucker von Paul Lerpae kombiniert, und Matte Paintings von Jan Domela verdeckten die Matte-Linien zwischen den realen Elementen und den Spezialeffekten- Die Sequenz der Teilung des Roten Meeres wird von vielen bis heute als einer der größten Spezialeffekte aller Zeiten angesehen

"Die zehn Gebote" ist nicht Filmkunst, und Cecil B. DeMille war unter keinen Gesichtspunkten ein Künstler - er war aber ein glänzender Handwerker und brillanter Showmensch, ein cineastischer Schausteller, der in der Lage war ein großartiges Spektakel zu kreieren, wie es früher nur im Zirkus zu sehen war. Er konnte sein Publikum verzaubern, bannen und überwältigen.

Wie das genau gemacht wurde, kann man hier im Making-Of sehen: 






Auch "Die zehn Gebote" ist kein tiefgründiges Religionsdrama sondern ein - total altmodisches - bombastisches, prunkvolles Historienepos mit moralisch verbrämtem Fantasyeinschlag.

Aber daran wie DeMille den Zuschauer mit allen dramaturgischen und technischen Mitteln in blendender Farbenpracht zum Staunen bringt, wie ein Kind auf dem Jahrmarkt, wie er einen - trotz aus heutiger Sicht gelegentlicher unfreiwilliger Komik – ,dank unglaublich effektvoller Inszenierung, nebst umwerfenden Massenszenen, fast vier Stunden lang völlig mühelos unterhält, daran kann man seine (naive) Freude haben und das kann man respektieren.








Man beachte wie respektvoll Meisterregisseur Martin Scorsese, als er den Cecil B. DeMille Award Golden Globe für das Lebenswerk) erhält:




DeMilles Film "Die zehn Gebote" spielte - inflationsbereinigt - über 440 Millionen Dollar ein, und ist damit der siebterfolgreichste Film aller Zeiten, nach Vom Winde verweht (1939), Avatar - Aufbruch nach Pandora (2009), Krieg der Sterne (1977), Titanic (1997), The Sound Of Music (1965) und E.T. - Der Außerirdische (1982).

„Die Zehn Gebote“ war 1957 für 7 Oscars nominiert, und gewann für die Besten Spezialeffekte:

  • Oscar in der Kategorie Beste Spezialeffekte für John P. Fulton
  • Nominierung in der Kategorie Bester Film für Cecil B. DeMille
  • Nominierung in der Kategorie Beste Kamera für Loyal Griggs
  • Nominierung in der Kategorie Bester Schnitt für Anne Bauchens
  • Nominierung in der Kategorie Bester Ton für Loren L. Ryder (Paramount SSD)
  • Nominierung in der Kategorie Beste Ausstattung für Hal Pereira, Walter H. Tyler, Albert Nozaki, Sam Comer, Ray Moyer
  • Nominierung in der Kategorie Bestes Kostümdesign für Edith Head, Ralph Jester, John Jensen, Dorothy Jeakins, Arnold Friberg

Alle späteren Verfilmungen des Stoffes bisher fielen - trotz überlegener Tricktechnik - gegen das Original von 1956 steil ab.