Der Titel dieses Blogs spielt natürlich auf das berühmte Magazin "Cahiers Du Cinema" (Notizen zum Kino) an, dessen Filmkritiker Francois Truffaut und Claude Chabrol später Regisseure und Wegbereiter eines neuen französischen Kinos wurden.
Dennoch ist dies kein arthouse Blog. Es ist ein Blog über die Liebe zum Film. Gute Filme. Und sehr schlechte. Egal woher sie stammen. Egal wie sie zu klassifizieren sind.

Donnerstag, 8. November 2018

DER SCHATTEN EINES ZWEIFELS: „DIE ZWÖLF GESCHWORENEN (1957)“



“In den 60 Jahren seit seiner Uraufführung, hat Sidney Lumets Meisterwerk nichts von seiner Wucht verloren. In diesem Zeitalter der Unvernunft bleibt `Die 12 Geschworenen´ schmerzhaft und drängend zeitgemäß. Das ursprünglich als TV-Drama verfasste Drehbuch von Reginald Rose ist eines der besten die jemals verfilmt wurden“


CHRISTOPHER MACHELL, CRITERION REVIEWS





Es muss um 1972 gewesen sein, als eine junge Puerto-Ricanerin namens Sonia M. Sotomayor, damals achtzehn Jahre alt, mit dem Mann den sie einmal heiraten würde, Kevin Edward Noonan, auf einem kleinen Festival eine Filmvorführung besuchte. Sie war jung, das Gesicht umrahmt von langem schwarzem Haar dessen wilde Locken längst durch Glättung gezähmt waren, ihre Haut von jenem Bronzeteint der auf hispanische Wurzeln verwies; sie ähnelte einer Mischung aus der jungen Joan Baez und der jungen Rita Moreno.
Der junge Mann, der sie eingeladen hatte, war ein Date aus High School Tagen. Er hatte sie mühselig überreden müssen, für einen uralten schwarzweiß- Klassiker ins Kino zu gehen.
Die aufgeweckte 18 jährige, die erst mit neun Jahren Englisch gelernt hatte, hatte soeben den Zulassungstest für die Princeton University bestanden und würde bald am College studieren.
Sie war ein bekennender „Perry Mason“ Fan.

Das Licht im kleinen Kino verlosch, das alte Logo von United Artist erschien aus der Finsternis, das berühmte von Boris Kaufmann gestaltete Intro in großartigen, grobkörnigen Schwarzweißbildern begann, floss über in die unvergessliche Titelmusik von Kenyon Hopkins, dann erschienen die Credits: “12 Angry Men…..directed by Sidney Lumet“….





38 Jahre später, würde sie erklären, dieser Film habe sie mehr beeinflusst als jeder andere, den sie je gesehen habe. Es sei der Film gewesen der ihre Karriere ausgelöst habe. Sie erinnerte sich an den konkreten Schlüsselmoment für ihr Leben, wie sie sich im Kinosessel aufrichtete, als George Voskovec in der Rolle des Geschworenen Nummer 11, in der englischen Fassung ein Migrant aus Osteuropa, die Worte sprach: 


NUMMER 11: Verzeihung, bitte….
NUMMER 10: “Verzeihung bitte.” Warum sind sie immer so verflucht höflich?
NUMMER 11: Aus dem gleichen Grund, aus dem sie es nicht sind. Ich bin so erzogen worden. Diese Streiterei…. Das ist nicht warum wir hier sind, um zu streiten. Ich dachte immer, das sei das Bemerkenswerte an der Demokratie. Dass man uns….wie sagt man? Benachrichtigt. Dass man uns per Post benachrichtigt, hierher zu kommen und über Schuld und Unschuld eines Menschen zu befinden, den wir….den wir überhaupt nicht kennen. Ein Urteil durch das wir nichts zu gewinnen und nichts zu verlieren haben. Das ist einer der Gründe weshalb wir stark sind. Wir sollten daraus keine persönliche Sache machen. Ich danke Ihnen.


Das war der Augenblick, the very moment, in dem es bei der hochbegabten Achtzehnjährigen „Klick“ machte.
Es war der Moment in dem sie sich entschied Jura zu studieren.
38 Jahre später war dieses „Klick“ nur noch ein fernes Echo.
Und Sonia M. Sotomayor war, nach einem langen, fast unmöglichen, Weg, einem Weg ausgelöst durch eine Replik aus einem 15 Jahre alten, meisterhaften Film in einem dunklen Kino in New York, als erste Latina und als erste Puerto-Ricanerin Richterin am Supreme Court der Vereinigten Staaten von Amerika geworden.
Eingesetzt durch Barack Hussein Obama.




„Die 12 Geschworenen“ 1956 inszeniert von Sidney Lumet, handelt von einer aufwühlenden Geschworenenberatung in einem geschlossenen Raum. Die Geschichte setzt also genau dort ein, wo andere Gerichtsstoffe normalerweise enden – Nach dem Abschluss des Prozesses. Genauer : Dem Abschluss eines Mordprozesses gegen einen 17 – jährigen Jungen aus der Bronx, der seinen Vater bestialisch erstochen haben soll.

Ihm droht die Todesstrafe. Es gibt Beweisstücke.
Es gibt Augenzeugen.
Es gibt wasserdichte Indizien.

Aller Wahrscheinlichkeit nach, ist der Junge schuldig, aber eben nur aller Wahrscheinlichkeit nach. Was aber, wenn er unschuldig ist? Oder – für den „begründeten Zweifel“ bei dem die Geschworenen „in dubio pro reo“ urteilen müssten wäre das ausreichend – wenn er unschuldig sein könnte?


Die 12 Geschworenen (Sie tragen im Film nach klassischer Geschworenengepflogenheit keine Namen nur Nummern) werden in das Beratungszimmer eingeschlossen, müssen beraten, in Klausur gehen, urteilen. Es sind 12 völlig unterschiedliche Charaktere die in dem engen Raum an einem schwülheißen Sommertag eingeschlossen sind, und über Leben und Tod eines Menschen zu befinden haben: Ein engagierter College Coach (Martin Balsam) , Ein schüchterner Bankangestellter (John Fiedler) , der jähzornige Besitzer eines Botenservices (Lee J. Cobb), ein arroganter Börsenbroker (E.G. Marshall), ein arbeitsloser junger Mann (Jack Klugman), ein einfacher Anstreicher (Edward Binns) , ein flapsiger Baseball – Fan (Jack Warden), ein akribischer Architekt (Henry Fonda), ein alter Rentner (Joseph Sweeney), ein rassistischer Tankstellenbesitzer (Ed Begley sr.), ein Emigrant aus Osteuropa (George Voskovec) und ein oberflächlicher Werbefachmann (Robert Webber). In einer ersten hastigen Abstimmung stimmen 11 der Geschworenen für schuldig, nur einer, der Geschworene Nr.8 (Fonda), stimmt für „nicht schuldig“.

Nicht etwa weil er den Jungen tatsächlich für unschuldig hält – er ist sich nur nicht sicher, glaubt, die „zwölf wütenden Männer“ schuldeten dem Angeklagten wenigstens eine Diskussion, bevor sie sein Leben beenden. Schließlich brechen die Konflikte, Aggressionen und aufgestaute Wut zwischen den 12 Geschworenen offen aus, ungefiltert prallen die Temperamente aufeinander. In leidenschaftlichen Diskussionen, scharfen Rededuellen ringen die gefangenen Männer verzweifelt um die Wahrheit. Immer größere Zweifel an der Version der Staatsanwaltschaft tauchen auf. Aussagen werden überprüft, Lücken entdeckt, Augenzeugen hinterfragt, Tatabläufe nachgestellt – die Phalanx der Befürworter eines Schuldspruchs bröckelt ….



Reginald Rose, 1954
Die Ur-Idee zu „Die 12 Geschworenen“ kam Autor Reginald Rose bereits in den frühen 50iger Jahren nachdem er selbst in einem Strafprozess zum Geschworenen berufen worden war. Rose beschrieb die Geburt der Idee mit diesen Worten:

“Es war so ein beeindruckendes, feierliches Setting in diesem großen holzgetäfelten Gerichtssaal, nebst grauhaarigem Richter. Das hat mich umgehauen. Ich war überwältigt. Ich war Geschworener in einem Totschlags-Prozess, und wir gerieten in diesen großartigen, entfesselten acht-Stunden-Streit im Geschworenenzimmer. Ich schrieb damals einstündige Fernsehspiele für Studio One und dachte: `Wow, was für ein Setting für ein Drama!´“

Er arbeitete zunächst ein rund 60 minütiges Live - Fernsehspiel für die populäre Reihe „Studio One“ aus. Die Ausstrahlung der Live Aufführung in den Chelsea Studios in New York City fand am 20. September 1954 auf dem Sender CBS statt. Regie führte Franklin J. Shaffner („Planet der Affen“ 1968, „Patton“ 1970).
Dieses Live-Fernsehspiel ist bis heute erhalten und kann hier in voller Länge betrachtet werden:





Standfoto von der Aufzeichnung des Fernsehspiels, 1954
Der Erfolg des Fernsehspiels und die guten Kritiken weckten Interesse beim Filmstudio United Artists. Dazu ist zu wissen, dass es im amerikanischen Kino der 50iger Jahre zwei große Tendenzen gab um der Konkurrenz des zum Massenmedium gewordenen Fernsehens zu trotzen. Einerseits setzte man auf das, was eben das Fernsehen nicht leisten konnte, farbenprächtige Monumentalfilme in Cinemascope die mit ihren Schauwerten punkteten, andererseits übernahm man die besten Ideen des damals experimentierfreudigen jungen Mediums Fernsehen und arbeitete sie qualitativ hochwertig aus. So fanden neben „Die 12 Geschworenen“ die Fernsehspiele „Urteil von Nürnberg“ (1959), „Licht im Dunkel“ (1959), „Die Tage des Weines und der Rosen“ (1958) und „Marty (1954)“ auf die große Leinwand. Die Kinofassung von „Marty“ hatte 1955 gar 4 Oscars gewonnen, darunter für den besten Film des Jahres.

Aufnahmen zum Fernsehspiel von 1954. Hintere Reihe, dritter von Links ,
Joseph Sweeney, zweiter von rechts George Voskovec (hier noch ohne Schnauz)


Kein Wunder daher, dass im selben Jahr Interesse an dem originellen TV – Stoff von Reginald Rose aufkam. Andererseits war der Stoff, der ja weitgehend nur in einem einzigem Raum spielte und nicht einmal Namen für die Charaktere vorsah, so ungewöhnlich und gewagt, dass das Studio – so steht zu vermuten – nicht das volle Risiko tragen wollte.


Henry Fonda, 1956 bei den Dreharbeiten.
So lässt sich erklären warum man an Hollywoodstar Henry Fonda nicht nur im Hinblick auf die Hauptrolle, Nr.8, herantrat, sondern auch mit der Frage ob er gewillt sei den Stoff zu produzieren. Er war gewillt, und so produzierte er den Film schließlich zusammen mit einem Co – Produzenten – Autor Reginald Rose – für United Artists. Fonda musste sogar eine Hypothek auf sein Haus aufnehmen um an das Geld für das ambitionierte Projekt zu gelangen. Insgesamt stand letztlich ein Budget von 350 000 Dollar zur Verfügung.

Für die Regie wählte er den erst 31 Jahre alten Fernseh- und Theaterregisseur Sidney Lumet der noch nie zuvor einen Kinofilm inszeniert, aber mit seinen Fernseharbeiten Fondas Aufmerksamkeit erzielt hatte. Lumet spricht hier , entwaffnend ehrlich, über seine Motivation den Film zu machen:





Besetzt wurde die Kinofassung mit hochklassigen Film-, Fernseh- und Theaterschauspielern, nur George Voskovec ( der tatsächlich aus der Tschechoslowakei stammte; bekannt auch als Hellseher Peter Hurkos in „Der Frauenmörder von Boston“ 1968) und Joseph Sweeney entstammten dabei der ursprünglichen Besetzung des TV – Spiels. Überhaupt versammelte man, wie im Rückblick zu sagen ist, eine der hochkarätigsten Besetzungen der Kinogeschichte. Neben den Film- und Theatertitanen Henry Fonda (zweifacher Oscarpreisträger, „Früchte des Zorns“ 1940) und Lee J. Cobb („Die Faust im Nacken“ 1954, „Exodus“ 1960), den Veteranen Ed Begley sr. (Oscar als Bester Nebendarsteller für „Süßer Vogel Jugend“ 1962) und E.G. Marshall (2-facher Emmy Preisträger, „Die Caine war ihr Schicksal“ 1954), spielte die erste Riege junger Charakterdarsteller aus der Schmiede des Actor’s Studio: Jack Warden („Verdammt in alle Ewigkeit“ 1953), Martin Balsam (Detective Arbogast in „Psycho“, Oscar als Bester Nebendarsteller für „Tausend Clowns“ 1965), Newcomer Jack Klugman (der in den 70igern im TV als Oscar Madison in „Männerwirtschaft“ und als titelgebender Gerichtsmediziner in „Quincy“ berühmt wurde) und John Fiedler („Ein Fleck in der Sonne“ 1962, „Ein seltsames Paar“ 1968), sowie einige der gefragtesten ewigen Nebendarsteller wie Edward Binns („Urteil von Nürnberg“ 1961, „Der unsichtbare Dritte“ 1959) und Robert Webber (ein ungewöhnlich vielbeschäftigter TV-Darsteller, der später in der Serie „The Defenders“ wieder mit E.G. Marshall und mehrfach in „Quincy“ mit Jack Klugman zusammentreffen sollte). Es war eine Besetzung aus der jeder einzelne Darsteller herausragte.

Zwei Wochen lang probte Lumet mit den Schauspielern (wobei er darauf bestand dass die Schauspieler sich möglichst lange in den Studiokulissen aufhielten, um den klaustrophobischen Zustand des Eingeschlossenseins überzeugender spielen zu können).


Jüngster am Set: Sidney Lumet (Mitte). Links vorne E.G. Marshall, rechts von Lumet Jack Warden und Edward Binns (abgeschnitten)


Gespräch mit der Crew, (von links): Henry Fonda, Sidney Lumet und Lee J. Cobb
Der komplette Film wurde im Anschluss innerhalb von nur 21 Tagen abgedreht, was vermutlich neben dem Budget den enormen Terminschwierigkeiten geschuldet war, 12 vielbeschäftigte Schauspieler, die alle in jeder Szene zu sehen sind, im Block zu buchen. Die Einsparungen stellten das Team dabei vor verschiedene Herausforderungen:

So soll sich Fonda bei Regisseur Lumet zu Drehbeginn über die billigen Außenkulissen hintern den Fenstern des Jury Rooms beklagt haben. "They look like shit. Hitch had great backdrops, you could walk right in them” erklärte er in Bezug auf den Film “Der falsche Mann” (1954) den er unmittelbar zuvor unter Hitchcock gedreht hatte.

Lumet gelang es, Fonda zu überzeugen, dass Kamermann Boris Kaufmann eine Lösung dafür habe, die Kulissen besser wirken zu lassen. Dem Budget war es auch geschuldet, dass das Kammerspiel, was im fertigen Film nicht mehr wahrgenommen werden kann, achronologisch gedreht werden musste. War eine Aufnahme aus einem bestimmten Winkel eingerichtet und ausgeleuchtet, mussten danach auch alle anderen Takes ,die aus diesem Winkel gedreht werden sollten, gefilmt werden. Das bedeutete, dass der Gegenschuss zum Teil erst bis zu zwei Wochen später gedreht werden konnte. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit den kompletten Film vorab wie ein Bühnenstück einzuproben. Nur so konnte diese Logistik ohne Qualitätsverlust durchgehalten werden.


Ein Regisseur wie ein Cowboy: Sidney Lumet.
Um eine klaustrophobische Stimmung zu erzeugen, verwendete Regisseur Sidney Lumet für die Filmkameras Linsen mit einer längeren Brennweite, so dass aus der Sicht des Zuschauers die Darsteller mit dem Bildhintergrund verschmelzen. Durch den Einsatz dieser verschiedenen Linsen erreichten Lumet und Kaufmann, auch dass das Zimmer anfangs groß, im weiteren Verlauf der Handlung aber immer enger wirkt. Dies, so Ulrich Behrens, unterstrich „die sich zuspitzende Auseinandersetzung der Männer, aber auch, dass durch die Argumentation von No. 8 auch immer mehr andere Geschworene den Sinn ihres Tuns erst richtig begreifen, ihre Verantwortung erkennen und sich selbst und den anderen Fragen stellen, auf die sie zuvor nie gekommen wären - also die wachsende Dichte der Handlung“


Grandiose bildgestaltung: Boris Kaufmann


Director of Photography Boris Kaufmann (links) bei der Arbeit, in der Mitte
Sidney Lumet, rechts sitzend: John Fiedler.
Tatsächlich ist Boris Kaufmanns Kameraführung ganz besonders herauszuheben, weil ihre hohe Qualität und Originalität speziell von jüngeren Betrachtern gern nicht erkannt oder zu Unrecht sträflich unterschätzt wird. Wie Kaufmann in den sehr beengten räumlichen Verhältnissen, die zu fast unmöglichen Winkeln und extrem komplexen Drehabläufen führen, das Geschehen filmt, die Personen gruppiert, die Einstellungen kunstvoll stets so wählt, dass sie visuell die Handlung erzählen, ja mitgestalten, visuell extrem ungewöhnliche, alles andere als zeitspezifische, Auflösungen sucht und findet, inklusive einiger langer, herausragend schwierigen Plansequenzen, den Platzmangel radikal zur optischen Stärke des Films wendet – das alles ist absolut brillant und erhebt den Stoff meilenweit über ein bloß abgefilmtes Bühnenstück (wie bei der deutschen Fernsehneuverfilmung der 60iger) zu einer ganz und gar filmischen, kinogerechten Erfahrung, einem wahren photographischen Leckerbissen.


Wie Kritiker-Legende Roger Ebert treffend zusammengefasst hat:

“Die ist ein Film, in dem die Spannung sich aus persönlichen Konflikten, Dialogen und Körpersprache ableitet, nicht von Action; in dem der Angeklagte nur in einer einzelnen kurzen Einstellung zu sehen ist; in dem Logik, Emotion und Vorurteil um die Vorherrschaft auf dem Feld ringen. Er ist ein Meisterwerk des stilisierten Realismus‘ – der Stil entsteht in der Art und Weise in der Photographie und Schnitt die blanke Essenz des Inhalts kommentieren.“


Heroisch, selbst  in der Drehpause: Henry Fonda (Mitte)

Ideal in die Hände spielte Kaufmann dabei Sidney Lumets außerordentliche Inszenierung mit ihrem perfekten Gespür für Raum und Tempo, für Dichte und Spannung. Gerade wenn sich die Handlung in so extremer räumlicher Enge abspielt, muss eine Inszenierung die den Zuschauer mitreißen soll, von ungeheurer Originalität sein, den Zuschauer stets kreativ überraschen, ihn bei jedem Bewegungsablauf mitdenken um seine Aufmerksamkeit niemals zu verlieren. Schließlich gibt es keine Schauwerte mit denen man ihn betören oder blenden könnte. Die enorme Stilsicherheit mit der Lumet das in seinem Kinodebüt bereits gelingt ist absolut verblüffend – er hat das Publikum von der ersten Minute an völlig in der Hand und lässt es, bis zur letzten, nicht mehr los. Mehrere Filmhochschulen haben die räumliche Inszenierung, das „Blocking“ von „Die zwölf Geschworenen“ ausführlich analysiert – es ist ein perfektes Lehrbeispiel (Achtung leichte Spoiler) :





Ein Mann und sein Skript - alleine gegen das  Unrecht....
Henry Fonda, war, auch aufgrund des ursprünglichen finanziellen Misserfolgs der der Produktion beschieden sein sollte, mit seiner Rolle als Produzent offenbar so unglücklich, dass er später nie wieder in diese Funktion schlüpfte. Bei der ersten Testvorführung des fertigen Films im Schneideraum, verließ Fonda, der sich selbst nicht gerne auf der Leinwand sah, dann zwar vorzeitig den Raum, jedoch nicht ohne dem jungen Regisseur zuzuflüstern

„Sidney, it’s magnificent“.

Originalplakat von 1957
Fragt man nach den künstlerischen Intentionen des Films „Die 12 Geschworenen“ so wird man vor allen Dingen drei Hauptabsichten der Macher feststellen können: Einerseits stellt der Film eine mustergültige Lösung für eine alte filmische Forderung dar, nämlich die Erzeugung größtmöglicher Spannung auf geringstem Raum. Hitchcock selbst hatte diese Herausforderung schon 1948 mit der Verfilmung des Bühnenthrillers „Cocktail für eine Leiche“ ("Rope") angenommen, den er noch dazu fast ohne Schnitte gedreht hatte.
Dass sich auch Rose und Lumet dieser Aufgabenstellung stellen wollten wird schon daran deutlich dass der Drehbuchautor sich auch im Spielfilmdrehbuch auf nur 2 Räume (Geschworenenzimmer und angeschlossener Waschraum) beschränkt, obschon er hier, im Gegensatz zum Live- Fernsehspiel ganz andere Möglichkeiten und eine um 30 Minuten längere Laufzeit zur Verfügung gehabt hätte.


Auch die bereits erwähnte Nutzung der Linsen (zu Beginn Weitwinkelaufnahmen über Augenhöhe um eine größere Tiefenwirkung zu erreichen, bis zur verstärkten Nutzung von aus niedrigem Aufnahmewinkel mit Teleobjektiv gedrehten Close Ups im letzten Filmdrittel) also einer bewussten linearen Steigerung von Dichte und Intensität, bei gleichzeitiger bewusster Entscheidung auf räumliche Einschränkung, belegt diese Absicht deutlich.

Die zweite klare Aussageabsicht ergibt sich daraus:
Da die physische Handlung durch räumliche Einschränkung zurücktritt, treten Dialoge in den Vordergrund und damit die Diskussion, die zu einer Entscheidung über Leben und Tod führen soll. Hierbei wird, quasi in einem Musterbeispiel eristischer Dialektik, die Frage nach der Wahrheit zum Hauptthema des Films, scheinbar sichere Annahmen, fixe Wahrheiten werden erschüttert und ad absurdum geführt, so dass dem Zuschauer seine eigenen Vorurteile, seine eigene Voreingenommenheit sichtbar gemacht wird, aber nicht indem sie von oben herab doziert wird, sondern indem der Betrachter den packenden Prozess der Wahrheitsfindung selbst miterlebt, ja, da er selbst in der Lage ist mitzudenken, sogar durchlebt. So wird letztlich eine scharfe Aussage über vorschnelles Urteilen getroffen, ohne jemals direkt formuliert zu werden. Ein filmischer Gewissenstest. 

Gänsehaut - Moment.  11 der Geschworenen drehen dem Rassismus von Nummer 10 (Im Vordergrund sitzend: Ed Begley sr.)  buchstäblich den Rücken zu.

Oder wie Kritiker Hans Weigel es formuliert „Hier diskutiert am simplen Fall die Demokratie sich selbst, geht bei sich selbst in die Lehre, gewinnt fundamentale Einblicke in ihr Wesen, ihre Größe und ihre Gefährdung – und dies alles ganz und gar ohne lehrhafte Gemeinplätze, nur an Hand eines spannenden Kriminalfalls[…] Die zwölf Männer in ihrer Klausur werden zu Aposteln einer großen Botschaft, zum klassischen Modellfall“

Eine dritte Intention der Filmemacher kann man im juristischen Bereich mutmaßen. Der Geschworene Nummer 8 sagt im Film:


“Es ist immer schwierig persönliche Vorurteile aus seiner Sache wie dieser herauszuhalten. Und wo immer man sie antrifft, verdunkeln Vorurteile stets die Wahrheit. Ich weiss nicht was die Wahrheit ist. Ich nehme an, das wird niemand je wirklich wissen. Einige von uns haben das Gefühl, dass der Angeklagte unschuldig ist, aber wir setzen nur auf Wahrscheinlichkeiten. Wir können falsch liegen. Wir lassen vielleicht einen schuldigen Mann frei ausgehen, Ich weiss es nicht. Niemand kann es wissen. Aber wir haben einen begründeten Zweifel, und das etwas sehr Wertvolles in unserem Rechtssystem. Wir dürfen zweifeln. Kein Geschworener darf einen Menschen schuldig sprechen, wenn er nicht sicher ist.“

Bedenkt man aber, dass zu Beginn der Handlung die Abstimmung 11 zu 1 für schuldig steht, und der Urteilsspruch somit fundamental davon abhängt, dass es, durch den Zufall der Auswahl, einen Geschworenen Nummer 8 gibt, der auf seinem Recht beharrt zu zweifeln, und diese Zweifel damit letztlich auf die Gruppe überträgt, wird durchaus eine gewisse subtile, absolut berechtigte Kritik am US Geschworenensystem selbst, wie es bei Kapitalverbrechen (und damit auch bei Fällen drohender Todesstrafe) zur Anwendung kommt, sichtbar.

Was wenn es keinen Geschworenen Nummer 8 gegeben hätte? Darf ein Urteil abhängen von einem Zufall? Sollte davon das Leben eines Menschen abhängen dürfen – von zwölf wütenden Männern?

Die Beschreibung der 12 Geschworenen aus Reginald Roses Drehbuch.


So lässt sich zusammenfassend festhalten, dass „die 12 Geschworenen“ sich ganz bewusst gegen den in den kommenden Jahren stärker werdenden Trend, den Großfilm, positioniert, und stattdessen ein technisch schnörkelloses, schlichtes Charakterdrama bieten will, in dem es um Figuren und deren Entwicklung, ihr Verhalten untereinander geht, ein Schauspielerfilm also, der sich mit komplexen übergeordneten Ideen und Fragen am konkreten Beispiel beschäftigt.

Genau diese Weichenstellung, besonders das Fehlen von Farbe, Breitwandformat und Schauwerten bei Besetzung nur eines zugkräftigen Stars (Fonda) war allerdings auch der Grund weshalb der Film an den Kinokassen kein kommerzieller Erfolg war, hier konnte auch ein extrem reißerischer Trailer nicht mehr helfen. Tatsächlich wurde der heute legendäre Klassiker ein Minusgeschäft, das schon nach nur einer Woche Laufzeit wieder aus den Kinos verschwand.


Späte Ehre:  Fan-Art.
Dennoch brachte seine Qualität „Die 12 Geschworenen“ bei der Verleihung von 1957 drei Oscarnominierungen ein: Bester Film des Jahres, Beste Regie und bestes adaptiertes Drehbuch. In keiner der Kategorien gab es einen Sieg, zu stark war die Konkurrenz durch David Leans Kriegsdrama „Die Brücke am Kwai“, das zwar gleichermaßen exzellent, aber eben zusätzlich in Farbe und Cinemascope war, und obendrein beträchtliche Schauwerte bot. Die Meinung der Kritiker jedoch war damals einhellig positiv. A.H. Weiler schrieb in der New York Times:

„For Reginald Rose's excellent film elaboration of his fine television play of 1954, which arrived at the Capitol Saturday, is a penetrating, sensitive and sometimes shocking dissection of the hearts and minds of men who obviously are something less than gods. It makes for taut, absorbing and compelling drama that reaches far beyond the close confines of its jury room setting.”

Und setzte in Bezug auf die Leistung des jungen Regisseurs hinzu: "Sidney Lumet […] made expert use of a superb cast, which is ingeniously photographed in what normally would have been static situations.”

Die Fachzeitschrift Variety zeigte sich differenzierter, doch gleichfalls beeindruckt. Dort hieß es:

„Most of the action takes place in the one room on a hot summer day. The effect, rather than being confining, serves to heighten the drama. It's not static, however, for Sidney Lumet, making his bow as a film director, has cleverly maneuvered his players in the small area. Perhaps the motivations of each juror are introduced too quickly and are repeated too often before each changes his vote. However, the film leaves a tremendous impact.”


Die im amerikanischen Inland verweigerte Anerkennung, was Auszeichnungen betraf, holte sich der Film dann bezeichnenderweise im Ausland. „Die 12 Geschworenen“ erhielt ,neben dem Preis als bester Auslandsdarsteller der British Academy Of Film & Television Arts und der finnischen Jussi Awards für Henry Fonda, 1957 den Goldenen Bären für den besten Film und den Preis der ökumenischen Filmkritik auf den Filmfestspielen von Berlin, den dänischen Bodil, den Preis der italienischen Filmkritiker, den Cesar in Frankreich , das blaue Band sowie den Kinema Junpo Preis (beide Japan) für den besten Auslandsfilm; das Drehbuch von Reginald Rose wurde mit dem Preis des amerikanischen Schriftstellerverbands und dem Edgar Allan Poe Award ausgezeichnet. Auf dem Filmfestival von Locarno erhielt der Film eine lobende Erwähnung.


Auszug aus der deutschen Theaterfassung, erschienen bei Reclam.



In Locarno war es auch, wo die Idee ihren Anfang nahm „die 12 Geschworenen“ für die Bühne zu adaptieren, es entstand eine bis heute viel gespielte US amerikanische Bühnenfassung unter dem Titel „Twelve Angry Men“ (bzw. „Twelve Angry Women“ im Fall einer weiblichen und „Twelve Angry Jurors“ im Fall einer gemischten Besetzung) adaptiert von Sherman L. Sergel, inszeniert unter anderem 1996 von Harold Pinter in London, und eine leider bearbeitete und verschlimmbesserte deutsche Fassung von Horst Budjuhn, die, nach langer Durststrecke mittlerweile wieder mehr gespielt wird; bemerkenswert bleibt allein die Uraufführung 1958 an den Münchner Kammerspielen unter Hans Schweikart – hauptsächlich wegen der riesigen Hürden die der Snobismus der deutschen Theaterlandschaft der 50iger für die Produktion aufstellte. Schweikart hatte große Schwierigkeiten das Stück adequat zu besetzen, da fast alle renommierten Schauspieler die er anfragte es ablehnten Rollen zu spielen die zwar Nummern, aber keine Namen haben.


Vor Schweikart war der Stoff dem legendären Berliner Theatermacher Boleslaw Barlog angeboten worden der das Stück, ebenfalls aus purem Snobismus, zurückwies. Der SPIEGEL berichtete seinerzeit, nicht ohne eigene Herablassung:

„Der Berliner Intendant Boleslaw Barlog allerdings, dem die Uraufführung zuerst angeboten worden war, versagte sich und seinen Bühnen (Schiller- und Schloßpark -Theater) die Annahme des neuen Stücks mit dem keineswegs unbekannten Titel. Er dürfe es sich dem Publikum gegenüber nicht erlauben, erklärte er, `einen erfolgreichen Film in einer noch so brillanten Bühnenfassung nachzuspielen´.“

Im englischsprachigen Raum war es absolut nicht ungewöhnlich das reizvolle Filmstoffe ihren Weg auch auf die Bühne fanden, in Deutschland war es ein unvorstellbarer Tabubruch. Auch Schweikarts Inszenierung wurde von der WELT ("knapp, simpel, spannend, allgemeinverständlich, vordergründig, geschickt und kunstlos") und MERKUR ("Reißer mit Moral") letztlich verrissen, wenngleich garniert mit vergiftetem Lob.
Die Theaterfassung überlebte all das.


"Die zwölf Vergilbten": Brillante Parodie bei den "Simpsons"
Die filmischen Querverbindungen von „die 12 Geschworenen“ indes sind, aufgrund des Einflusses, so zahlreich, dass ihre vollständige Darstellung den Umfang dieses Textes bei weitem sprengen würde. Man kann ohne Übertreibung behaupten dass jeder angloamerikanische Film und jede Fernsehepisode (Bis hin zu den „Simpsons“) nach 1956 der/die von Geschworenen handelt direkt von diesem Werk beeinflusst wurde.




Zwölf Geschworene in Quahog: "Family Guy"




Oscar Madison (Jack Klugman, stehend) verzweifelt am Geschworenen
Nummer 8 , Felix Ungar (Tony Randall, links vorne)
Hervorzuheben wäre vielleicht eine Folge der Sitcom „Männerwirtschaft“ aus den 70iger Jahren, einer Serie entwickelt aus der Boulevardkomödie „Ein seltsames Paar“ von Neil Simon. In der fraglichen Folge "The Jury Story“ wird eine alternative Variante erzählt, wie der penetrante Ordnungsfanatiker Felix Ungar (Tony Randall) und der schlampige Sportreporter Oscar Madison sich kennenlernen. Als Geschworene in einem Mordprozess. Nur ist es diesmal der putzsüchtige Felix der die elf anderen Männer wütend macht und schier in den Irrsinn treibt. Eine herrliche ironische Anspielung, zumal in der Serie die Hauptrolle des Oscar Madison von Jack Klugman gespielt wird, der im Original den Geschworenen Nummer 5 dargestellt hatte, und der in dieser Persiflage seine eigene Darstellung auf die Schippe nehmen darf.


In dubio pro Law and Order: Reverend Camden (Stephen Collins)
Auch zu Pervertierungen kam es durchaus. So gibt es in der christlich-konservativen, evangelikal angehauchten Serie „Eine himmlische Familie“ (7th Heaven), rund um die Familie des Pastors Eric Camden (Stephen Collins, der mittlerweile wegen der Nötigung Minderjähriger nicht mehr besetzt wird), eine Folge mit dem Titel „12 Angry People“ – allerdings, der reaktionären Haltung der Serie entsprechend, mit umgekehrten Vorzeichen. So versucht Reverend Camden als Geschworener in einem Mordprozess seine Mit-Juroren von einem unwahrscheinlichen Schuldspruch zu überzeugen – weil Strafe nun mal sein muss…


Deutsches TV-Remake von 1963, auf DVD erschienen beim Label Pidax.
Neben mehreren Fernsehneuverfilmungen des Stoffs - dem gelungenen Remake von William Friedkin („der Exorzist“) von 1997, mit Jack Lemmon als Nummer 8 und George C. Scott als Nummer 3, dem guten aber unterlegenen deutschen Fernsehremake von 1963 (unter anderem mit Siegfried Lowitz, Mario Adorf und Ralf Wolter), dem norwegischen von 1983, dem indischen von 1987 und dem französischen 2010 - erklomm der Stoff in einer nicht ausgewiesenen Neufassung von Nikita Michalkow 2007 auch wieder die Kinoleinwand.   Bei dessen vielbeachtetem Spielfilm mit dem Titel „12“ handelt es sich eindeutig um ein Remake, also eine Neuverfilmung von„Die 12 Geschworenen“, somit auch um die Wiederverwertung des Originaldrehbuchs von Reginald Rose.


Neuverfilmung durch William Friedkin, 1997
Bemerkenswert daran ist, dass im russischen Originalvorspann des Films ,der auf den Filmfestspielen von Venedig 2007 als „neuer Beweis Michalkows Meisterschaft in der filmischen Erforschung und Enthüllung der Komplexität der Existenz“ gefeiert wurde, die Autorenschaft von Rose nirgends erwähnt wird, auch im autorisierten Internetnachschlagewerk Internet Movie Database sind als Drehbuchautoren lediglich Nikita Michalkow, Aleksandr Novototsky und Vladimir Moiseyenko genannt, zu deren Beitrag unter anderem ein veränderter Schluß gehören dürfte. Auch ein Verweis irgendwelcher Art auf eine Originalstory fehlt. So wurde also einerseits ein großer, legendärer Stoff der regelrecht Filmgeschichte atmet, einem breiten, künstlerisch interessierten Publikum, das den Film von 1956 altersbedingt nicht mehr kennt, in neu aufbereiteter Form zugänglich, wieder lebendig gemacht, andererseits aber dessen Wurzeln verleugnet. 

Angesichts der großen Bedeutung des Originals, das als meisterhaftes Ensemblekammerspiel bis heute unübertroffen ist, ist dieses Zugeständnis an das menschliche Vergessen sehr bedauerlich, zumal der Effekt der Überlagerung eines Originals – in der Wahrnehmung des Publikums - durch eine neuere Version auch hier Platz greifen könnte.

„Die 12 Geschworenen“ gilt heute nicht nur als bedeutender Klassiker sondern wird darüber hinaus, wie es dort heißt von „[…] Soziologen und Psychologen bis heute als ein Musterbeispiel zur Anschauung von Rollenverhalten, Gruppenverhalten und gruppendynamischen Prozessen“ angesehen.

Kritiker Ulrich Behrens stellt heraus „das, was sich in diesen 96 Minuten zuträgt, ist so dicht, so intensiv, dass man am Ende den Eindruck hat, man habe selbst fast einen halben Tag in diesem Geschworenenzimmer zugebracht.“ Das Lexikon des internationalen Films bescheinigt dem Werk „eine große Dichte und Spannung“ und bezeichnet es im Weiteren als einen „Modellfall "demokratischer" Aufklärungsarbeit. Hervorragend besetzt, gespielt und fotografiert“ Im Kritikerspiegel von rottentomatoes erreicht „Die 12 Geschworenen“ sogar seit Jahren die nahezu unerreichbare Bewertung von 100 %.
Der Filmkritiker Roger Ebert nahm den Film in seine „Greatest Films“ Liste auf, und das American Film Institute (AFI) listet „die 12 Geschworenen“ auf Rang 42 der „Most Inspiring Movies“ ,auf Rang 87 der besten Filme des 20. Jahrhunderts und als zweitbesten Gerichtsfilm der Geschichte – hinter „Wer die Nachtigall stört“ von 1962 und vor „Urteil von Nürnberg“ mit dem er seine Entstehungsgeschichte teilt.

2007 wurde „Die 12 Geschworenen“ als "culturally, historically, or aesthetically significant" in die Library Of Congress aufgenommen.



Wie lautet meine persönliche Einschätzung des Films „Die 12 Geschworenen“ von Sidney Lumet?

Ich halte ihn für zweierlei. Zum Einen für einen definitionsgemäßen Klassiker. Zum anderen für ein Meisterwerk. Über die Qualitäten des Films – die brillanten, geschliffenen Dialoge mit mustergültiger Entwicklung und Ausarbeitung der zwölf unterschiedlichen Charaktere, die exzellente Schwarzweißphotographie die kunstvoll jede Statik unterläuft und den Zuschauer regelrecht in das Geschworenenzimmer und die Situation saugt, die ausnahmslos starken Darstellungen aller zwölf Schauspieler des von Sidney Lumet sensibel zu Spitzenleistungen geführten Ensembles (eine Meisterleistung der Schauspielerführung die Lumet 1976 mit „Network“ wiederholte) , das starke, enorm komplex ausgeschöpfte und beleuchtete Thema, und nicht zuletzt die schlichte und wohltuend selten eingesetzte aber hervorragende Filmmusik von Kenyon Hopkins – gibt es keinen Zweifel.

Es sind die Qualitäten die den Film bis zum heutigen Tag nichts von seiner ungeheuren Wirkung auf den Betrachter haben verlieren lassen. Zum Klassiker aber macht ihn etwas Anderes: Es ist ein ganz und gar originärer Film, etwas das in dieser Form noch nie vorher versucht worden war – der erste reine, pure Ensemblefilm der Filmgeschichte. Die Hauptrolle ist das Ensemble, alle Schauspieler sind nahezu über die komplette Laufzeit im Bild. Er definierte alle nachfolgenden Arbeiten in diesem Bereich. Er ist der Standard, der Maßstab.

Er ist aber nicht nur der Beginn des Ensemblefilms, er ist auch bereits dessen Höhepunkt, da er qualitativ bis heute nicht übertroffen worden ist. Zum Meisterwerk, also dem Werk eines Meisters, macht ihn neben dieser Überzeitlichkeit bezüglich der Wirkung, der Umstand das alle Beteiligten sich auf dem Höhepunkt ihres Könnens befanden, seine erstaunliche Makellosigkeit, vor allem aber der Umstand, dass hier etwas entstanden ist, dessen künstlerischer Einfluss erkennbar und nachweisbar weit über sich selbst hinausweist, bis zum Film von Nikita Michalkow, bis in die Wirklichkeit des Jahres 2018 – und weit darüber hinaus.


FAZIT:   Ehrfurchtgebietendes  Meisterwerk, grandios geschrieben,  inszeniert und fotografiert, getragen von einem furiosen Darsteller-Ensemble. Unerträglich spannend und völlig unvergesslich. Eine der zehn besten Filme der Filmgeschichte.


Montag, 13. August 2018

30 JAHRE ALF: ERINNERUNGEN AN DAS KNÄUEL VOM MELMAC






"Willie, ich möche mit dir über meinen letzten Willen sprechen ... sprechen wir mal über die ewige Ruhe. Ich stell mir eine Pyramide vor ... nichts Grosses ..."
GORDON SHUMWAY 


ALF schlug ein wie eine Bombe.
Buchstäblich.
Ins Dach der Garage der Familie Tanner, wohnhaft in der fiktiven Adresse 167 Hemdale Avenue in einer Vorstadt von Los Angeles.

Es war die Bruchlandung des Jahrzehnts. Denn trotz der auffälligen Ähnlichkeiten des Grundkonzepts zur 70iger-jahre Sitcom „Mork vom Ork“, entwickelte sich der anarchische Melmacianer Gordon Shumway , alias ALF (Außerirdische Lebens-Form), mit einem rotzfrechen Dialogwitz der damals rahmensprengend war, aufgrund seiner grandiosen Idiosynkrasien zu einer popkulturellen Ikone und einem der größten TV-Erfolge der 80ige Jahre.




*



Alf heißt eigentlich Gordon Shumway .Er wurde am 28. Oktober 1756 als Sohn von Flo und Bob Shumway auf dem Planeten Melmac in der Lower East Side geboren, allerdings genau wie seine beiden jüngeren Geschwister Curtis und Augie als eheliches Kind, was auf Melmac als unmoralisch galt. Er ist 1,06 Meter klein und mit seiner großen Liebe Rhonda verlobt. Eine Nuklearkatastrophe zerstörte den Planeten Melmac vollständig.

Gordon flüchtete mit seinem Raumschiff vor der Detonationswelle der Explosion. Nach einer Bruchlandung auf dem Garagendach der typisch amerikanischen Bilderbuchfamilie Tanner findet er in der 167 Hemdale Avenue, Los Angeles, Kalifornien, ein neues Zuhause und bringt fortan das Leben seiner neuen Pflegefamilie durcheinander.


*



TV-Programm von 1988
Ich selbst kam, wie alle Deutschen, erst am 5. Januar 1988 mit dem Mann mit den sieben Mägen in Kontakt. Ich war 11 Jahre alt. In meiner damaligen Programmzeitschrift, FUNK UHR, war die merkwürdige Serie beschrieben als „Ulk-Serie“. Das Wort Comedy gab es im deutschen Sprachraum noch nicht, noch weniger die Bezeichnung Sitcom. Also „Ulk“-Serie. Das Wort wirkte auf mich fremd und irgendwie anzüglich „Ulk“…brrrrr.

Also kuckte ich sie nicht. Zunächst.

Erst als man in der Schule begann mich, ich war klein und irgendwie lustig, ALF zu nennen – wogegen ich mich vehement wehrte, schließlich war ich kein hässlicher Teddy mit Rüssel wie mein Spiegelbild belegte – begann ich mich doch zu befassen. Erst da merkte ich, dass man mich gar nicht beschimpfen wollte. ALF war ein cooler wise-cracking guy, der sogar meine Liebe zu Katzen teilte (wenngleich seinerseits im mehr kulinarischen Sinne) und ich hatte alles falsch verstanden.

Als ich das erste Mal Tommy Pipers „Null Problemo“ aus dem hölzern umrahmten Bildschirm durchs Wohnzimmer dröhnen hörte war es um mich ebenso geschehen, wie um den Rest der Nation.
Tatsächlich benannte ich ein Jahr später meine erste Katze nach der Serie: Lucky. Meine Lucky landete natürlich nie im Toaster, sie blieb beinah zwei Jahrzehnte bei mir und ist erst 2006 entschlafen, während ich ihr Pfötchen hielt. Ruhe in Frieden, kleiner Schnupp.


In dem Moment wo ich diesen Aufsatz schreibe, hat die Zeit mich eingeholt. Gerade wurde verkündet, dass Paul Fusco und Tom Patchett, die Macher der Serie, eine Neuauflage vorbereiten. Und daher will ich umso mehr einen Blick zurück werfen, einen Blick hinter die Kulissen und auf die Geheimnisse von ALF (1986-1990)….

Wenn ich heute die alten Folgen von „ALF“ wieder sehe, tritt umso deutlicher hervor dass gerade diese Serie neben „Die Simpsons“ meinen Humor entscheidend geprägt hat. Meine Recherchen haben ergeben , dass das kein Zufall ist! (siehe weiter unten) Erstmal ist erstaunlich, dass die Serie 28 Jahre nach ihrer Einstellung (Gott, bin ich aaaaalt) nicht das Geringste von ihrem Unterhaltungswert und Spaßfaktor eingebüßt hat. Ebenfalls erstaunlich ist die extrem hohe Gagdichte, die enorm vielen Anspielungen und die zum Teil extrem subversive Art des Humors. H e r r l i ch !
Dabei stand das Zustandekommen der Serie lange Zeit ganz auf der Kippe.


*

ALF
 "Willie, hör dir das hier mal an und sag mir, wann die Schmerzgrenze erreicht ist!"
(ALF macht ein schrilles Geräusch)
Willie
 "Jetzt... JETZT! Sie war schon eindeutig überschritten! Was war das für ein Laut?"
ALF
 "Das war der Paarungsruf auf Melmac!"
Willie
 "Und was bewirkt er?"
ALF
 "Er macht sie ohnmächtig!"

*

Paul Fusco, der einen Abschluss in Kommunikationswissenschaften hatte, arbeitete sich durch das College, indem er sich mit Zauberei, Puppenspielen und Bauchreden durchschlug. Er war völlig überzeugt, dass das Fernsehen das ideale Medium für Puppenspiel sei – ein Bildschirm fungiert als Guckkasten-Bühne, wobei dessen Ränder die Anwesenheit menschlicher Puppenspieler, die die Illusion zerstören würden, perfekt abschneiden . Schon in den frühen 1980er Jahren gelang es Fusco einen Vertrag mit Showtime für eine Reihe von Specials abzuschließen. Aus ihrer Entwicklung heraus entstand ein Charakter, den Fusco für den späteren Gebrauch beiseite legte - ein boshafter, rotzfrecher Außerirdischer, dem er den Namen ALF gab.

Wie dieser Außerirdische später zu seiner eigenen Show kam, erzählten Paul Fusco und Tom Patchett in dem Interview-Artikel „Out of This World“ von JAKE ROSSEN:


Paul Fusco (Links) unter der Fuchtel von ALF
PAUL FUSCO (Co-Creator, ALF): Ich hatte die Idee für die Show und Disney wollte sie kaufen. Wenn Sie für Disney arbeiteten, besaßen sie alles. Sie besaßen dich mit Haut und Haaren. Ich konnte nicht mit etwas namens „Walt Disneys ALF“ umgehen, also lehnte ich ab.



TOM PATCHETT (Co-Creator, Autor, ALF): Ich hatte an einer Show namens Buffalo Bill mit Dabney Coleman gearbeitet. Die Hauptfigur war wie ALF,  was die Dreistigkeit anging. Mein Manager sagte mir, dass ein Puppenspieler namens Paul Fusco mich treffen wollte, weil er die Show mochte. Ich hatte bereits an zwei Muppet-Filmen gearbeitet und dachte: "Meine Güte, ich weiß nicht."



FUSCO: Buffalo Bill stimmte mit meinem Sinn für Humor überein. Wir haben uns zusammengeschlossen und Alien Productions gegründet. Es kam wirklich darauf an: Willst du auf dich selbst setzen oder nicht?


PACHETT: Ich erinnere mich, dass ich Paul in Bernie Brillsteins Büro getroffen habe. Bernie kannte Paul zu der Zeit nicht. Das war vorher. Er wurde sehr verärgert. "Was macht diese verdammte Marionette hier?" Er vertrat Jim Henson und wollte keine anderen Marionetten haben. Dann sah er ALF und sagte zu mir: "Tom, ich habe ein Wort für dich: Merchandising." Das ist Showbiz.


FUSCO: Ich habe ihn immer auf Partys für Freunde und Familie hervorgeholt um an ihm zu arbeiten. Ich war einmal in einem Comedy Club in New Haven, um ihn zu testen. Die Reaktion war bemerkenswert. Ich wusste, dass der Charakter funktionierte.


PACHETT: Der ALF, den ich gesehen habe, war sehr nah an dem, womit wir später rauskamen. Er hat den Nagel sofort auf den Kopf getroffen. Ich habe mit Henson und Frank Oz gearbeitet, der besonders brillant war. Ich habe das Beste gesehen, und ich denke Paul gehört ganz oben dazu.

FUSCO: ALFs Humor kam von ihm, weil er es nicht besser wusste. Er war nicht politisch korrekt, aber er war wie Sophia bei The Golden Girls - die Bemerkungen kamen aus Ehrlichkeit. Das war immer die Prämisse. Er war nie gemein.

*

Willie
 "Hier sind ein paar Illustrierte, und ein hübsches Puzzle-Spiel."
ALF
 "Es ist kaputt!"
Willie
 "Das ist Absicht, Du sollst es wieder zusammensetzen!"
ALF
 "Wieso, ich hab's doch nicht kaputtgemacht!"


*

Zwei, drei Jahre lang versuchte das Team aus Puppenspieler Fusco und TV-Produzent Tom Patchett ihre Idee zu ALF zu verkaufen.
Nachdem sie von allen anderen Studios abgelehnt worden waren, brachten sie ihre Idee zu NBC. Der Sender war immer noch von einer schrecklichen Herbstsaison und einer Kette von Misserfolgen schwer getroffen. Alle Pilotfilme der Saison waren beim Publikum völlig durchgefallen. Der Sender taumelte.

Dank Patchett bekamen sie eine Audienz bei Präsident Brandon Tartikoff, dem Mann, der „Cheers“ und „Familienbande“ mit Michael J. Fox zu NBC geholt hatte. Es lief nicht wie geplant.


Produktionskonferenz: ALF, Tom Patchett (mit Brille) und
Paul Fusco.
PACHETT: Ich hatte eine Verpflichtung für einen Pilotfilm bei NBC, also nahm ich Paul mit, mit dieser Idee für eine Serie, die wir entwickelt hatten.

FUSCO: Wir hatten ein Treffen mit den VIPs bei NBC vereinbart. Es waren Brandon, Leslie Lurie und Warren Littlefield. Ich ging hinein und trug einen braunen Müllsack mit ALF darin, aber das habe ich ihnen nicht gesagt. Ich fragte, wo ich meine Wäsche machen könnte.

PACHETT: Du kannst keine Primetime Show, bei der die Hauptrolle eine Marionette spielt, erfolgreich pitchen, wenn du sie nicht siehst.

FUSCO: Wir gehen in diesen Konferenzraum und sitzen an diesem langen Tisch. Ich warf die Tasche darunter. Brandon saß an der Spitze und ich saß neben ihm, mit Tom neben mir. Wir erzählen das Konzept: Alien stürzt in Haus ab, lebt mit der Familie, es ist lustig. Und ich konnte in ihren Augen sehen, dass wir sie verlieren. Bernie flüstert mir zu: "Hol ihn raus."

PACHETT: Man kann unmöglich sehen, was Paul mit dem Charakter macht und nicht lachen.

FUSCO: Ich ziehe ihn raus und setze ihn neben mich. Die Leute waren einfach still. Sie haben es nicht erwartet. Bernie sagte: "Hör zu, bevor ihr die Show aufgebt, wollen wir, dass ihr ALF trefft."

PACHETT: Das war absolut das, was das Eis gebrochen hat.

FUSCO: Also sitzt ALF da und sagt nichts. Er sieht sich im Raum um und zieht alle auf. Er sieht Brandon an, nimmt seine Nase und wischt sie an Brandons Jacke. Alle im Zimmer haben verrückt gespielt .

PACHETT: Er hat gerade begonnen, Beleidigungen auf Leute herabregnen zu lassen.

FUSCO: Brandon fing an, mit ALF zu sprechen und Augenkontakt herzustellen. Da wusste ich, dass ich ihn hatte. Er fragte mich: "Warum sollten wir dich in unseren Sender aufnehmen?" ALF sagte: "Weil dein Sender am Arsch ist!"


Mit grünem Licht von Tartikoff , der später als Figur (in der Folge „Zur Besten Sendezeit“, gespielt von einem Schauspieler) und auch selbst in einem Cameo-Auftritt in der Serie mitwirken würde, wurde im Frühjahr 1986 die bis heute unausgestrahlte Pilotfolge gedreht.
Danach war Tartikoff drauf und dran, das Projekt doch einzustellen, aber seine vierjährige Tochter mochte den lustigen Riesenteddy mit dem Zinken und so ging man doch in Serie.


FUSCO: Die Prämisse war im Wesentlichen „ der Hausgast, der nicht gehen will“. Er ist ein einsamer Mensch, der nicht nach Hause gehen kann. Man muss Mitgefühl mit ihm haben.


*

Dorothy (Kate's Mutter) kommt ärgerlich zu Tanners.
Dorothy
Habe ich vieleicht irgendwo einen Zettel auf dem steht: Ärgert mich ?
ALF
Nein. Aber das ist schnell gemacht. Willie, hol mal den Tacker!

*

"Fell oder nicht Fell, das ist hier die Frage...."
Die Besetzung erfolgte in einem längeren Casting-Prozess. Max Wright den Tom Patchett aus der Serie „Buffalo Bill“ schon länger kannte, war von Anfang an im Gespräch, und im Vorsprechen funkte es sofort. Wright hatte in Episodenrollen bereits TV Erfahrung, in „Die Spezialisten unterwegs“ und eben „Buffalo Bill“ hatte er sogar durchlaufende Nebenrollen. Daneben war er in kleineren Rollen in bedeutenden Kinofilmen zu sehen gewesen, u.a. „All That Jazz“ und "Reds“ von Warren Beatty und hatte im preisgekrönten Fernsehfilm „Playing for Time“ nach einem Drehbuch von Arthur Miller als Dr. Josef Mengele brilliert.

Vor allem aber war ein gefragter Nebendarsteller für kleinere Rollen am Broadway u.a. in „Der Kirschgarten“, „Der Revisor“, „The Basic Training of Pavlo Hummel“ 1977 und „Richard III“ (als zweiter Mörder) 1978 an der Seite von Al Pacino und 1968 in der legendären Uraufführung von „The Great White Hope“ an der Seite des großen James Earl Jones.

Willie Tanner wurde seine erste Hauptrolle.




Anne Schedeen, deren Vorname eigentlich Luanne lautet (und deren Nachname einst Sjodin gelautet hatte, als ihre Vorfahren aus Schweden in die USA emigriert waren), kam bereits mit viel Erfahrung zur Audition für ALF. Sie hatte Schauspielunterricht am Portland Civic Theatre genommen, sowie an der Portland State University und am Fort Wright College in Spokane, Washington, studiert. Ihre erste professionelle Arbeit, bei der sie nur Zimmer und Verpflegung bezahlt bekam, war in einem Dinner-Theater auf der Insel Kauai, danach bereiste sie als Rucksack-Touristin Europa. Sie kam zurück und ließ sich in New York nieder, wo sie von einem Nebenjob zum nächsten krebste.

Neben Gastauftritten in klassischen 80iger Jahre Shows wie „Magnum“, „Simon und Simon“ , „Mord ist ihr Hobby“ und „Cheers“ gehörten, neben zahllosen Pilotfilmen die nie in Serie gingen, auch eine durchlaufende Nebenrolle in „Karussell der Puppen“ und 5 Gastauftritte in 3 unterschiedlichen Rollen in der grandiosen 70iger Jahre Sitcom „Herzbube mit zwei Damen“ (Three’s Company) an der Seite des wunderbaren (und viel zu früh verstorbenen) John Ritter, neben dem sie sich glänzend behauptete, zu ihrem Repertoire. Sie beschreibt ihre Erfahrung an jenem Set als die Schönste die sie je erlebt habe. Kate Tanner wurde ihre erste Serien-Hauptrolle, denn beim Casting überzeugte sie durch die unerschrockene Art, wie sie der durchaus übergriffigen ALF Figur Kontra gab.

Die Tanners: Lynn (Andrea Elson) , Brian (Benji Gregory), ALF, Willie und Kate.


Benjamin Hertzberg, der, unter dem Künstlernamen Benji Gregory, bereits mit 4 Jahren vor der Kamera stand, konnte bereits auf 19 TV-Produktionen und zahlreiche Werbespots zurückblicken. Ein solcher Weg war ihm in die Wiege gelegt: Der blauäugige Benjamin wurde am 26. Mai 1978 in Encino, Kalifornien, USA geboren. Seine Eltern hießen Manny und Patti, und er hatte eine ältere Schwester, Becky, und einen jüngeren Bruder, Matthew. Sein Vater, Onkel und Schwester waren alle Schauspieler; seine Großmutter war eine Künstleragentin. Er bekam die Rolle des Brian im Alter von 8 Jahren.

Andrea Elson war die unerfahrenste im Ensemble, ihre Vita belief sich nur auf 2 Episodenrollen (darunter in einer Folge von „Simon und Simon“) und eine durchlaufende Rolle in der kurzlebigen 18-teiligen Serie „Computerkids“.


Raquel (Liz Sheridan) und Trevor (John LaMotta) Ochmonek.

Für die Rollen des Nachbarsehepaars Raquel und Trevor Ochmonek, fand man eine perfekte Besetzung in den Show-Biz Veteranen Liz Sheridan (die vor ihrer Theaterlaufbahn, als sie noch Tänzerin war, mit James Dean in einer Beziehung war, bis er sie der Karriere wegen hatte fallen lassen), die später Jerry Seinfelds Mutter in der gleichnamigen Erfolgs-Sitcom spielen sollte, und John LaMotta, der nicht nur bereits seit 1969 als Schauspieler aktiv, sondern auch Hobby-Boxer war. Das wiederum lag in der Familie, denn er war der Neffe des tragischen Boxweltmeisters Jake LaMotta – jenes Jake LaMotta den Robert De Niro 1980, in einem bis heute unerreichten darstellerischen Gewaltakt, in Scorseses Meisterwerk „Raging Bull“ gespielt hatte.

Bernie Brillstein äußerte sich später über den Cast:




*

ALF
 "Wo ist Kate?"
Willie
 "Unter der Dusche!"
ALF
 "Danke!"
Lynn
 "Er wird doch nicht?"
Willie
 "Er könnte schon!"
Kate (aus dem Hintergrund)
 "OOOOOHH!"
 Willie
 "Er hat!"
ALF
 "Sie kommt"
Willie
 "Alf, man läuft nicht zu anderen Leuten in die Dusche!"
ALF
 "Das würde mir auch nicht einfallen, ich hab' nur den Vorhang weggezogen!"


*


Original - Ankündigung von 1986. Noch mit dem alten Schriftzug des
ersten Pilotfilms.
ALF debütierte in den USA am 22. September 1986.
Es war das erste Mal, dass eine Show mit einer Puppe als Hauptfigur, gerichtet ursprünglich an Erwachsene, in der Prime Time lief.

Die Kritiken waren zu Beginn wenig schmeichelnd: ALF wurde abwechselnd als "Teddy Ruxpin Bär, der aussehe , als wäre er „durch einen Unfall mit einer Drehtür schrecklich entstellt“ und "außerirdischer Puppenhund" bezeichnet. Aber die Zuschauer waren fasziniert von Fuscos Performance und ALF wurde zu einem kulturellen Phänomen. Die Show schoß in atemberaubender Geschwindigkeit in die Top 10 der maßgebenden Nielsen-Ratings.

Wenige Wochen nach der Pilotfolge war das knuffig-pelzige Alien überall: Auf Lunchboxen, in Spielzeugläden, auf T-Shirts und an Rückspiegeln. Puppen, Rucksäcke, Zahnbürsten und andere Fanobjekte wurden hunderte Millionen mal verkauft. Marvel gab eine gutgemachte Comic-Heft-Reihe heraus. Es gab sogar Langspielplatten mit Songtiteln die der Außerirdische aufgenommen hatte.




JEDER mochte ALF.

Niemand ahnte, dass die Dreharbeiten ein absoluter Alptraum waren.


Für die Schauspieler war die Serie aufgrund der extrem komplizierten Technik eine grauenvolle Tortur: Für das Puppetering mußten alle Sets, die in einer eigens zum Studio umgebauten Lagerhalle in Culver City untergebracht waren, darunter das komplette Tanner-Haus, auf einer eineinhalb bis zwei Meter hohen Plattform gebaut werden, die Bodenplatten konnten als Falltüren überall geöffnet werden. 14 Falltüren waren alleine im Tanner-Set eingebaut.

So ähnlich wie auf diesen Fotos aus der Folge „Moving Out“muss das ausgesehen haben, nur tiefer:





Darunter standen die Puppenspieler. Paul Fusco, als Erfinder, Produzent und Originalstimme steuerte Alfs Mund und den linken Arm, sprach ihn dabei live; den rechten Arm steuerte unter der Bühne Lisa Buckley. Von Ferne steuerte Buckleys Ehemann, Puppenspieler Paul Fappiano Alfs Gesichts- und Ohrbewegungen hydraulisch über Funk.

Paul Fusco spielt ALF. Das einzige existierende Foto des Puppeteerings.


Für Ganzkörperaufnahmen schlüpfte der kleinwüchsige Künstler Michu Meszaros in ein spezielles ALF Kostüm , darauf verzichtete man aber aus gesundheitlichen Gründen ab Staffel 2, da es in dem Kostüm zu heiß wurde, um einen Menschen dem länger auszusetzen. Von da an spielten ALF nur noch die Puppenspieler.
Überhaupt war das Set , weil es so hoch gebaut und daher extrem nah an den Scheinwerfern war, unglaublich heiß (bis zu über 40 Grad Durchschnittstemperatur).


Während eine typische 30-minütige Sitcom-Episode an einem Tag in zwei Aufzeichnungen von je ca 3- Stunden (mit Lunch-Pause) gefilmt werden konnte, waren hier mindestens 2 Tage nötig an denen 20-25 Stunden insgesamt gearbeitet wurde, manchmal 14-18 Stunden ohne Pause am Stück. Bei jedem Gang der ALF Figur musste für jedes Teilstück eine der Bodenplatten aufgeschraubt, ausgeleuchtet, alle Kameras neu justiert, gefilmt und wieder zugeschraubt werden. Es wird erzählt das Produktionsteam habe jedesmal wenn im Drehbuch stand, „ALF durchquert das Zimmer“ aufgestöhnt „Da geht wieder eine Stunde dahin….“

Unterhalb der Falltüren hatten die Bühnenarbeiter sich eine eigene, kleine Welt eingerichtet, mit Snacks, Mini-Kühlschränken und sogar kleinen Betten.

Daher musste es auch für die zu Beginn minderjährigen Jung-Darsteller Andrea Elson und Benji Gregory (alias Benjamin Hertzberg), die Lynn und Brian spielten, Ausnahmen geben: „Da ich unter 18 war, konnte ich nur ein paar Stunden am Tag arbeiten. Eine Szene zu drehen konnte eine Stunde dauern. Auch als ich 18 war, erinnere ich mich, dass wir abends lange da waren“ so Andrea Elson


Die Produktionsbedingungen waren furchtbar. 
Zusätzlich mußten die Darsteller darauf achten nicht durch die offenen Falltüren zwei Meter in die Tiefe zu stürzen und zwar OHNE HINZUSEHEN, denn sie mussten ja einander anspielen. Nicht immer funktionierte das. Anne Schedeen beispielsweise musste das feststellen, als sie zwischen den Takes mit Schwung aus der Schwingtür der Tannerschen Küche trat, nicht wissend, dass die davorliegende Falltür gerade geöffnet war. Sie stürzte fast 2 Meter in die Tiefe, wo ein schmerzhafter Aufprall auf Beton ihrer bereits hatte.


Daher gab es auch kein Livepublikum, sowohl für das amerikanische wie das deutsche Publikum wurden die Lacher akustisch eingespielt. Zusätzlich trugen die Darsteller die Belastung, sich als eine Art Stichwortgeber für einen unbelebten Gegenstand zu empfinden, der alle guten Gags bekam, enormes Merchandising erfuhr und 10 000 Briefe Fanpost pro Woche erhielt.


*

ALF
 "Das Fett brennt! Das Fett brennt!"
Willie
 "Oh nein! Wie ist denn das passiert?!"
ALF
 "Laßt doch die Vorhänge! Löscht mich!"

*


Zu tief geschwenkt: In Folge 1 sieht man kurz die Haare
eines der Puppenspieler.


Die Puppenspieler leisteten absolut Herausragendes in einem auch für sie brutalen Drehplan (man stelle sich vor 14 Stunden in einem Loch zu stehen mit nach oben gereckten Armen) und unter stark erschwerten Bedingungen. Etwa in Folge 3 „Katzenjammer“, in der ALF die Tom Cruise-Tanznummer aus dem 80iger Jahre-Hit „Risky Business“ perfekt mit allen Schritten parodiert, inklusive des langen Slides über den Boden. Damit drei Personen, die in einem Graben stehen und nach oben blicken, das in absoluter Synchronität hinbekommen, braucht es beachtliche choreografisch-tänzerische Fähigkeiten.
Und, natürlich, für dieses ziemlich sensationelle Musikvideo:





Auch die persönliche Zusammenarbeit gestalte sich teils schwierig „Einige der Erwachsenen hatten schwer gestörte Persönlichkeiten“ so Anne Schedeen alias Kate Tanner Jahre später.
Daher gab es hohe Spannungen während aller vier Staffeln am Set. Diese ultrararen Bloopers hier, lassen es vage ahnen:





Um die Anspannung am Set zu lösen, blödelte Paul Fusco am Set zwischen den Takes oft hemmungslos herum. Einiges von dem, was ihm da aus dem Mund schlüpfte, war alles andere als politically correct und sorgte für einen kleinen Skandal als das Video Jahre später öffentlich wurde:




„Es waren ziemlich komplizierte Personen. Vor allem Max Wright war ein spezieller Typ“, sagte Schedeen deutlich offener in einem Interview von 2016. Nachdem die Schauspielerin ihrem Serien-Ehemann bei den Dreharbeiten für eine Szene einmal unabgesprochen über die Wange streichelte, habe sich dieser bei einem Co-Produzenten über sie beschwert. Zu dieser Situation kam es tatsächlich bereits in der ersten Folge, in der Szene in der ALF alias Gordon Shumway in die Familie Tanner aufgenommen wird. „Ich sagte also: ,Okay, wir können ihn behalten‘ und streichelte Max über die Wange. Danach sah ich, wie er aufgebracht mit einem der Co-Produzenten sprach. Max ist einer der brillantesten Schauspieler, mit denen ich gearbeitet habe. Aber ich glaube, er würde mir nicht widersprechen, wenn ich sage, er war nicht die einfachste Person zum Arbeiten“, so Schedeen zu gegenüber der BILD-Zeitung „Der Co-Produzent kam zu mir und sagte: ‚Das war toll. Aber Anne, du solltest ihn vielleicht nicht anfassen‘ Das war in der ersten Woche. Und ich dachte: ‚Oh mein Gott. Das soll mein TV-Mann sein?‘“ Doch Profi-Schedeen, ließ sich gar nicht erst groß aus der Ruhe bringen: „Ich hab es überlebt, weil ich mir gesagt habe, die Attitüde kommt mir nicht in den Weg.


Ein Käfig für den Alien
Auch später, bei den Proben zur Episode „Ein Käfig für den Narren“ soll es zu einem Ausraster von Wright gekommen sein. In einem Interview berichtete der mittlerweile erwachsene Benji Gregory: „Wir probten dieses Skript, in dem Max eine Art Käfig für ALF baut und ich werde dann darin eingesperrt. Und ich verdrehte meinen Satz und Max ist mir gegenüber ausgeflippt. Ich bin neun Jahre alt und er brüllt, und ich hab geschluchzt. Ich bin Max heute noch irgendwie böse, dass er mich angebrüllt hat“

Der klassisch ausgebildete Theaterschauspieler Wright, der vom Broadway kam und offenbar extrem sensibel war, war mit den extremen Produktionsbedingungen offenbar stark überfordert, so dass ihm regelmäßig die Nerven durchgingen. Serien-Erfinder Tom Patchett erläutert: „Max war brillant auf der Bühne, Fernsehen widersprach möglicherweise seinem schauspielerischen Instinkt.“

Hinzu kam, dass er wohl nicht damit gerechnet hatte, dass die Show ein Erfolg werden würde, und dann später in einem Hit gefangen war, der nicht nur schrecklich zu drehen war, sondern den er, als zweite Geige hinter einer Puppe, auch als Degradierung und Entwürdigung empfand. Dafür spricht auch eine Episode die Gastdarsteller Dean Cameron wiedergibt: „ Sie stellen gerade eine Szene und Anne Schedeen sagt `Muss ich wirklich in dieser Szene sein?´ Und sofort fragt jemand Anderes das Gleiche. Max hat sehr hart an der Show gearbeitet. Er begann plötzlich zu sticheln `Ich bin hier um zu arbeiten? Bist Du auch hier um zu arbeiten?´. Ziemlich schnell schreien sich alle an, und verlassen schließlich das Set. Als er den Raum verlässt, schreit Max: `Steckt uns doch alle an Stöcke! Wir sind die Puppen hier! Wir sind die Puppen!´ Ich habe Max respektiert, er hat sehr hart gearbeitet und ich konnte mitfühlen” 

An der Brillanz von Wrights Spiel kann aber kein Zweifel bestehen. Drehbuchautorin Lisa A. Brannick erzählt von der Präzision und Feingliedrigkeit seines Spiels: “Lassen Sie mich Ihnen eines über Max sagen: Für Max zu schreiben, war wie einen Synthesizer zu spielen. Er war in der Lage jedes einzelne Komma, jede Auslassung und jede Parenthese zu spielen. Sie tippen es, und er spielt exakt was sie in ihrem Kopf gesehen haben“ Auch Alf-Schöpfer Paul Fusco räumt ein „Max und ALF hatten eine perfekte Chemie miteinander“ und Tom Patchett schwärmt: „Max hat dich absolut vergessen lassen, dass ALF eine Puppe war“

Grandios ließ er Willie Tanner zu einer tragischen Ikone unverdienten Leids werden, ganz speziell in den Wutausbrüchen:




Jeder der mit Schauspiel oder Theater zu tun hat, wird leicht verstehen können, dass diese Auseinandersetzungen innerhalb des Teams, unter diesen extremen Umständen, bis zu einem gewissen Punkt normal und der Überbelastung geschuldet waren. Jeder kann sich vorstellen, dass man verdammt leicht aus der Haut fährt, wenn man bis zu 18 Stunden am Tag, ohne echte Pause, bei 40 Grad über fast 2 Meter tiefen Löchern balancieren muss ohne hinzusehen, und das alles auch noch um einen Gegenstand berühmt zu machen. Jeder Fehler den jemand macht, jedes Widerwort ist zwar verständlich, verlängert aber die Quälerei für alle.

Das vielleicht überprotektive und teilweise tyrannische Verhalten von ALF-Schöpfer Paul Fusco tat ein Weiteres um die Dreharbeiten zusätzlich mit Spannungen aufzuladen. Als Produzent, Showrunner, Co- Serienschöpfer, einer der Puppenspieler und die Sprechstimme von ALF hatte er einen enormen Einfluss, und sein Perfektionismus war berüchtigt. Nicht selten überstimmte er Anweisungen der Regie oder schickte kleine Zettelchen an die Regisseure mit Spielanweisungen für die Schauspieler.


Alf Shumway mit First Lady Nancy Reagan
Er stellte sicher, dass es nie ein Making Off geben würde, keine Backstage Fotos und keinerlei Einblicke in den Puppenspiel-Prozess. Es gibt nicht einmal Set-Photographien. Er hielt alles, was die Künstlichkeit der Alf-Figur kenntlich machen würde, strikt geheim, für ihn eine Haltung die er aus der Profi-Zauberei übernahm: Niemals zeigen wie ein Trick funktioniert oder der Zauber stirbt. Zudem war es am Set und außerhalb streng verboten auch nur zu erwähnen, dass ALF eine Puppe war. Er durfte weder „es“ noch „Ding“ noch „Puppe" genannt werden, sondern musste wie eine Person betrachtet werden. Gastdarsteller erhielten vor Drehbeginn ein Hand-Out in dem diese Regeln vorab klargestellt wurden. Die Schauspieler waren sogar vertraglich verpflichtet in Interviews und Promo-Auftritten zu behaupten, ALF sei echt und sie würden mit einem Außerirdischen drehen. Daher machten die erwachsenen Darsteller so gut wie keine Promotion für die Serie, weil sie sich dabei total bescheuert vorkamen.
Die Produkionsdesigner rächten sich später hochironisch an Fusco. In der Folge "Paule's Puppenspieler" ist die unheimliche Bauchredner-Puppe, von der ALF besessen ist, ein eins zu eins Abbild von Paul Fusco - was am Set jeder außer ihm sofort bemerkte.

Selbst heute hält sich Paul Fusco noch immer bedeckt bei der Frage was aus der Alf-Figur geworden ist „Ich möchte nicht, dass die Leute denken, er läge irgendwo in einer Schachtel, oder hockt in einer Sozialwohnung“ so Fusco.


Geniale Parodie auf das berühmte Gemälde
"American Gothic"von Grant Wood.
Vor immer unüberbrückbareren dramaturgischen Hürden standen auch die Drehbuchautoren (45 Autoren, neben Fusco und Patchett, und 12 Regisseure arbeiteten insgesamt an ALF). Durch die technischen Rahmenbedingungen einerseits und das Konzept des versteckten Außerirdischen andererseits war die Zahl der Personen mit denen ALF de facto interagieren konnte, extrem begrenzt – und somit auch die Geschichten die erzählt werden konnten. Dass man dennoch auf über 100 Episoden kam, von denen im amerikanischen Original jede Einzelne nach einem berühmten Songtitel benannt ist, ist dem sich überschlagenden Einfallsreichtum dieser Autoren zu verdanken, der bis ganz an die Zensurschranke von NBC reichte, und diese Grenze immer weiter ausdehnte. Nur Rauchen und Alkohol trinken, oder Lebewesen in Mikrowellen stopfen, dufte ALF nicht mehr, nachdem man sich bewusst wurde, wie viele Kinder und Jugendliche die Show sahen.

Unermüdlich führten sie Figuren ein die mit ALF interagieren konnten:

Den Nachbarsjungen Jake, der bei den Ochmoneks lebt, Willies Bruder Neill, der Familienpsychologe Larry, die blinde Jody  und Kates Mutter Dorothy Halligan, die ALF in inniger Antipathie verbunden ist und nie ganz von der Hoffnung abgelassen hat den Guten eines Tages ausstopfen zu lassen.


Anne Meara mit Ehemann Jerry Stiller


Dorothy wurde gespielt von Anne Meara, die, zusammen mit ihrem Ehemann Jerry Stiller (bei uns bekannt durch „King Of Queens“) schon seit den 50iger Jahren ein berühmtes Komikerduo bildete. Ihren gemeinsamen Sohn Ben Stiller kennt heute jedes Kind. Meara war auch als Dramatikerin tätig, und ich hatte im Jahr 2000 die Gelegenheit die Münchner Erstaufführung ihres Stückes „After Play“ selbst zu sehen, mit Ilse Neubauer als Mearas Alter Ego. 


*

ALF soll in der Garage untergebracht werden, solange Kates Mutter Dorothy zu Besuch bleibt.
Lynn
 "Aber es ist doch nur für drei Tage."
ALF
 "Lange genug, um Geist und Gesundheit zu brechen."
Kate
 "Meinst du nicht, daß du ein wenig überdramatisierst?"
ALF
 "Wie, überdramatisieren? Ich? Kate, hier drin ist nicht einmal ein Fernseher."
Kate
 "Wir können dir den kleinen Apparat reinstellen."
ALF
 "Die Schwarzweiß-Schachtel mit dem Briefmarkenschirm? Gut, ich kleb' ihn mir vor die Augen."

*

Ein Lego-Projekt....
Die Autoren reagierten auch enthusiastisch als Anne Schedeen 1988, während die Serie lief, mit ihrer Tochter schwanger wurde, da sich die Schwangerschaft in die Handlung einbauen ließ, und jede Menge neue Geschichten um das neue Menschlein erzählt werden konnten. Einer der Autoren, Jerry Stahl, zu diesem Zeitpunkt alleinerziehender Vater war, als er seine Skripts schrieb, stark heroinabhängig. Die Episoden aus seiner Feder basierten nach eigener Aussage auf vorbelasteten Kindheitserinnerungen. 1989 wurde er gefeuert, da seine Sucht völlig außer Kontrolle war. Den darauffolgenden Kampf gegen die Sucht und um das Sorgerecht für sein Kind – er sollte beides gewinnen  - war Gegenstand seines 1995 veröffentlichten Buches „Permanent Midnight“ das später verfilmt wurde. Im Buch heißt die Comedy-Serie für die er schreibt aus rechtlichen Gründen „Mr. Chompers“.

Die Belastung für alle Beteiligten war fraglos enorm.

Andrea Elson, Darstellerin der Lynn Tanner erkrankte in Staffel zwei sogar an Bullimie- die sie erst 1993 nach der Geburt ihrer Tochter besiegte. Der gesamte Hauptcast atmete auf als die Serie nach vier Staffeln – im Grunde zu früh - abgesetzt wurde. Zitat Andrea Elson: „Eine Staffel mehr, und wir hätten alle durchgedreht“


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ALF
Sag mal Willie, würde eine Pizza nicht gut zu meiner Zunge passen, ich meine auch farblich?
Willie
Hau ab!
ALF
Du kannst mir keine Befehle erteilen!
Willie
BESTELL DEINE PIZZA!
ALF
Zu Befehl!

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Als nach 4 Staffeln und 102 Episoden im März 1990 die letzte Folge abgedreht war gab es keinen herzlichen Abschied, keine Feier, kein tränenseliges in den Armen Liegen, wie man es nach mehreren Jahren intensiver Zusammenarbeit erwarten würde. Wortlos ging man in die Garderobe, zog sich um und fuhr nach Hause. 



Auch inhaltlich war der Schluss der Serie heftig, nachgerade ein Schock. Auf ein Agreement mit Brandon Tartikoff vertrauend hatten Patchett und Fusco die letzte Episode mit einem Cliffhanger enden lassen. Ihnen war von Tartikoff zugesagt worden, dass sie die Storyline um ALF in einem TV-Film zu Ende bringen dürften, falls die Serie offen endete. Davon ausgehend hatte man ALFs finale Trennung von Familie Tanner geschrieben um von seinen Mit-Melmacianern abgeholt zu werden, zurück in den Weltraum aus dem er gekommen war. Bei diesem Versuch wurde ALF von der US-Raumfahrtbehörde gestellt und verhaftet. Die letzten eingeblendeten Worte waren „Fortsetzung folgt“.

Sie sollte niemals kommen. Die Produzenten erfuhren erst nachträglich dass die Serie abgesetzt war und es keine Staffel 5 mehr geben würde. Unglücklicherweise erinnerte sich NBC auch plötzlich nicht mehr an das Agreement mit Tartikoff, der mittlerweile ausgeschieden war, es gab also auch keinen Fernsehfilm mehr. Nur einen brutalen Schlag ins Gesicht der Zuschauer, der besonders für die Jüngeren unter Ihnen nicht leicht zu verkraften war.

Jahre später, Ende der 90iger, gab es zwar mit „Project ALF“ einen TV-Film der zeigte was auf dem Luftwaffenstützpunkt mit ALF geschah, doch dieser Schluss, deutlich unter dem Niveau der Serie und zudem ohne die Tanners, wurde weder vom Publikum noch von der Kritik als angemessen empfunden.

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ALF
 "Deine Augenlieder werden schwer. Du wirst ganz müde. Deine Pfoten schlafen ein. Du bist jetzt keine Katze mehr, du bist ein Krapfen."
Willie
 "Was machst du da?"
ALF
 "Hey, was'n Schreck, du solltest eine Glocke um den Hals tragen!"
Willie
 "Was geht denn hier vor?"
ALF
 "Ach, ich wollte Lucky nur beibringen, die Uhrzeit zu lesen. Zeig mal Willie was du gelernt hast."
Willie
 "Du wolltest ihn hypnotisieren, nicht wahr?"
ALF
 "Na schön, du hast uns ertappt. Ich dachte, so wird er besser mit seinem Raucherproblem fertig."





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Thomas Piper
In der deutschen Fassung ist von diesen Problemen aufgrund der großartigen Sprecherleistungen nichts zu spüren, wobei besonders Thomas Piper mit seiner umwerfenden Voice Over Performance von ALF und Niels Clausnitzer als Willie Tanner absolut herausragen. Piper war seit Jahren arrivierter Schauspieler und Sprecher, und seine sensible Reibeisenstamme war ideal für den Melmacianer. Er übertraf Fuscos Leistung im Original deutlich, nicht nur weil er, anders als Paul Fusco, nicht gleichzeitig auf das Puppenspiel und die Technik fokussiert sein musste, sondern weil der ausgebildete Bühnenschauspieler dem Charakter ALF etwas geben konnte was seinem US-Pendant mangels Know How nicht möglich war: Würde und Vielschichtigkeit, ein breites Spektrum von Nuancen die die Figur dreidimensional machten. Den entfesselten Witz transportierte er obendrein genialisch ins Deutsche, oft auch improvisativ. Der berühmteste Original-Ausspruch von ALF „Null problemo“ war eine Erfindung von Piper (Im Original hieß es einfach nur „no problem“) – für die er übrigens nie bezahlt wurde, auch wenn ein großer Teil des deutschen Merchandisings darauf basierte.


Niels "james Bond" Clausnitzer
Niels Clausnitzer, die berühmte deutsche Stimme von Roger Moore, hingegen gab der Rolle des Willie, neben den krassen Wutausbrüchen, eine sanfte menschliche Wärme die im Original gar nicht vorhanden ist und verblüfft noch heute, in der Rückschau, mit seinem sensationellen Timing und komödiantischen Gespür für Brüche. Ich habe bis heute im Ohr – und werde es wohl für immer haben - wie er ALF in Folge 1 vor dem Rasierspiegel anbrüllt „NEIN, DAS IST NICHT RÜCKSICHTSVOLL, DAS IST DAS GEGENTEIL VON RÜCKSICHTSVOLL; DAS IST RÜCKSICHTS-LOS, VERSTEHST DU MICH?!! (plötzlich entkräftet abwinkend)…ach, was reg ich mich auf….“



Unfassbar versatil: Norbert Gastell (R.I.P)
Doch die Serie war bis in die Nebenrollen top gesprochen. Der große Norbert „Homer Simpson“ Gastell fiel schon in der Synchro von John LaMotta als Trevor Ochmonek sehr positiv auf, ebenso wie Christian Tramitz als deutsche Stimme von Neill Tanner, Willis glücklosem Bruder. Hervorragend waren auch Helga Trümper als Kate, Madeleine Stolze/Christin Marquitan als Lynn und Dirk Meyer als Brian. Später stieß noch Manou Lubowski, bekannt als Klößchen aus der damals stark rechtskonservativ geprägten Jugendhörspielserie TKKG, als Nachbarsjunge Jake hinzu.


Besonders hervorzuheben ist die wunderbare Marianne Wischmann, die Liz Sheridan als Raquel Ochmonek sprach. Sie war bereits seit 1956 eine der gefragtesten deutschen Synchronsprecherinnen, lieh unter anderem Shelley Winters, Ingrid Bergman, Anita Ekberg und Olivia de Havilland die deutsche Stimme.
Im hohen Alter war die „Miss Piggy“ Stimme immer noch als Hörspielsprecherin aktiv, und so kam es, dass sie 2007 in „Der Hexenfluch“, einer Produktion der Reihe „Gruselkabinett“ des exzellenten Labels Titania Medien, wieder eine alte Dame sprach.

Und Autor Marc Gruppe, offenbar ein ALF-Fan, ließ sie, in einer Szene in der sie die Polizei ruft, dieselbe Adresse nennen, wie Siegfried Rabe fast 20 Jahre vorher bei der Synchronisation der zweiten ALF-Folge „Die Nacht in der die Pizza kam“ , als Raquel Ochmonek dasselbe tat : 1-6-7 Hemdale. Das Haus der Familie Tanner.


Das Gelingen der deutschen Fassung lag auch wesentlich in den Händen von Dialogregisseur Siegfried Rabe, der auch die deutschen Dialogbücher für das ZDF schrieb. Rabe war enorm erfahren, und im Jugendsegment der bedeutendste Dialogautor neben Eberhard Storeck. Er war unter verantwortlich für die Synchronisation von Klassikern wie „Speedy Gonzales“, „Es war einmal … der Mensch“, „ Tom und Jerry“ und „Ein Engel auf Erden“, sowie später die „Golden Girls“. Für „Tom und Jerry“ verfasste er auch den Text zu Udo Jürgens Titellied „Vielen Dank für die Blumen“.

Bei ALF stand Rabe Mitte der 80iger vor einer enormen Herausforderung. Nicht nur war die Sprache schnoddrig und anarchisch, sondern die Dialoge waren im Original gespickt mit Anspielungen auf die amerikanische Kultur, Gesellschaft und das US-Fernsehen. Darüber wusste aber der deutsche Fernsehzuschauer seinerzeit so gut wie nichts. Wie sollte der Witz der Bonmots aufgehen ohne den Hintergrund zu haben?

ALF als Moderator von Johnny Carsons "Tonight Show"
Ganz einfach – Rabe übertrug die Anspielungen sinngemäß auf deutsche Verhältnisse. War dort von der Hauptfigur aus „General Hospital“ die Rede, so wurde daraus in der Synchro „Professor Brinkmann“ (aus der „Schwarzwaldklinik“). Und ALFs berühmter Oneliner „"Glaubt ihr das Ganze Universum folgt den gleichen Grundsätzen, wie euer rückständiger Planet, der Wim Thoelke anbetet?" hatte im US-Original noch von Johnny Carson gehandelt. Carson war in der BRD unbekannt, Thoelke als Moderator von „Der grosse Preis“ hingegen war bei uns in den 80igern jedem ein Begriff.

Die beiden Folgen 56 und 57 („Tonight, Tonight“ Teil 1 und 2) wurden übrigens niemals ins Deutsche übertragen und bei uns auch nicht ausgestrahlt, dort wird ALF nämlich in einer Traumsequenz Moderator der „Tonight Show“ und damit eines damals in der BRD noch völlig unbekannten Talkshow-Formates.




Nicht vergessen werden sollten an dieser Stelle natürlich die ALF-Hörspiele. Es war einer der vielen guten Ideen von Hans-Joachim Herwald - dem wohl neben Heikedine Körting und Kurt Vethake bedeutendsten kommerziellen Hörspielmacher der Republik, der im Rabbit Studio, Bönningstedt bei Hamburg, für das Label Karussell produzierte - O-Ton Hörspiele zu den Fernsehserien zu schaffen, die Kinder und Jugendliche gerne sahen. Es war, neben herausragenden Eigenproduktionen wie „Scotland Yard“ oder der „Edgar Wallace“-Reihe (für maritim), das entscheidende Standbein des Studios.
ALF war eine dieser Serien.

Mit der Original-Tonspur der Synchronisation (ohne Lacher) die sehr sorgsam mit einem Erzähler und Hörspielmusik zu integralen Hörspielen montiert wurde, entstanden 43 Hörspielkassetten mit 86 Episoden, also fast die gesamte Serie. Weggelassen wurden nur Folgen die nicht ausreichend jugendfrei für das Zielpublikum waren.





Diese Hörspiel-Serie ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass zahllose ALF Fans, die damals im Kindesalter waren, als Erwachsene immer noch ganze Dialoge auswendig mitsprechen können.
Neben den Hörspielen gab es auch in Deutschland ein breites ALF Merchandising, dass auch mehrere Musik-LPs eingesungen von Thomas Piper, Alf-Puppen (die irgendwie nie so aussahen wie der Echte) und natürlich die Bücher zur Serie von Rainer Büttner umfasste, die bis heute bei mir im Keller in einem Regal ihren Platz haben.




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Kate
 "Lynn, ich habe Alfs Teller, bringst du bitte das andere raus."
Lynn
 "Ja"
Willie
"Das nenn ich aber nun wirklich eine reichliche Portion!
Kate
 "Seine neue Diät"
ALF
 "Ja, du kannst essen was immer du willst und so viel wie du willst."
Lynn
 "Und dabei verlierst du Gewicht?"
ALF
 „Nein, du?"

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Und was hat es nun mit der versprochenen Querverbindung zu den „Simpsons“ auf sich? 

Nun: Eine ganze Reihe der Autoren wie Al Jean und Mike Reiss, Steve Pepoon und Bob Bendetson prägten später die ersten Staffeln der „Simpsons“. Tatsächlich taucht ein berühmter Oneliner Homer Simpsons „Wie lautet die Nummer für 911?“ erstmals bereits Jahre vorher in ALF auf.


Links, Dan Castellaneta, die Original-Stimme von Homer Simpson
 Alf Clausen, zuständig für die Musik bei ALF, komponiert bis heute für „die Simpsons“. Sowohl Homer Simpsons Originalstimme Dan Castellaneta (In der Folge „Der Umweltschützer“) als auch die Original Miß Krabbappel, Marcia Wallace, absolvierten Gastauftritte in ALF, letztere sinnigerweise als Brians unsympathische Lehrerin. Auch Harry Shearer, der bei den „Simpsons“ als Stammsprecher Mr. Burns, Waylon Smithers, Principal Skinner, Ned Flanders, Reverend Lovejoy, Kent Brockman und Dr. Hibbert gibt, war in Folge 4 von ALF („Großer Mann, was nun?“) als Präsident zu hören.

Insgesamt weisen Cast und Crew zwischen beiden Serien laut imdb 32 Übereinstimmungen auf.

Das setzt sich bis in die deutschen Synchronfassung der „Simpsons“ fort. Wenige wissen noch, dass die ersten drei Staffeln gar nicht auf Pro 7, sondern ursprünglich beim ZDF liefen, Dialogbuch & Dialogregie: Siegfried Rabe. Und Rabe hatte auch die Idee den Sprecher des Trevor Ochmonek, Norbert Gastell, als Homer Simpson zu besetzen – ein Geniestreich!

Marcia Wallace in ALF.

Man kann also durchaus sagen dass mit ALF, durch dessen Autoren, ein Leuchtfeuer schamlos- subversiven Humors entzündet wurde, dass „die Simpsons“ und deren Epigonen bis heute weitertragen. Diese Serie öffnete in dieser Form zum ersten Mal eine Tür ins Subversive, Tabubrechende, Hintergründige, durch die dann „Die Simpsons“, „Scrubs“, „Malcolm in the Middle“ und zahllose andere gingen.

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Willy
"ALSO WO STECKT DER BURSCHE?!"
ALF
 "Wenn du zufällig von mir sprichst...?"
Kate
"Schatz wem willst du denn an den Kragen?!"
Willy
"IHM! WEM DENN WOHL SONST?-IHM! Er hat bei den Ochmonecks eingebrochen und Ihre Schubladen durchwühlt!"
ALF
"Ich habe nicht eingebrochen sondern mit einem Stemmeisen geöffnet!"

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Was geschah mit den Mitwirkenden nach ALF?


Nun, da hat das Leben so seine Geschichte geschrieben, einige davon ziemlich bizarr. Benji Gregory war nach eigenen Angaben erleichtert, als die Show eingestellt wurde, und beendete letztlich mit ihr seine Schauspiel-Laufbahn. Nach dem Ende von Alf und dem Abschluss der High School immatrikulierte er sich, nach einigen wenigen Sprecher-Jobs in den 90er Jahren, am Academy of Art College in San Francisco. Er konnte sein Studium komplett aus den gesparten ALF-Gagen finanzieren.

Er trat 2003 in die Navy ein und wurde dort Aerograph, musste die Armee aber 2005 aus gesundheitlichen Gründen wieder verlassen. 2006 heiratete er.





Andrea Elson spielte noch einige Episodenrollen in den Fernsehserien der 90iger, beendete aber Ende der 90iger ihre Karriere. 1993 heiratete sie Scott Hopper, den sie als Produktionsassistenten bei ALF kennengelernt hatte. Sie hat eine Tochter namens Claire und einen Sohn. Sie arbeitet heute als Yoga-Lehrerin in Kalifornien.



Anne Schedeen trat nach ALF nur noch ganze sechsmal im TV auf, bevor sie die Schauspielerei aufgab, hauptsächlich wegen ihrer Tochter Taylor die 1989 geboren worden war. Mit dem Vater, Schauspieler Scott Barrett, ist sie seit 1984 verheiratet. Bis in die 2000er Jahre hinein arbeitete Schedeen, die mit George Clooney befreundet ist, als gefragte Innenausstatterin und coachte Stand Up Comedians als Dozentin. Sie befindet sich jetzt im Ruhestand.




ALF’s deutsche Stimme Thomas Piper spricht heute nicht mehr über die Serie. Piper, der später auch Tony Danza als Tony Micelli im 90iger Jahre Sitcom-Klassiker „Wer ist hier der Boß“ sprach, ist bis heute überzeugt, dass ALF für seine Karriere schädlich war, weil er aufgrund der Stimme kaum mehr besetzt wurde. Er befindet sich heute im Ruhestand.

Michu Meszaros, der Mann im ALF Kostüm, ein gebürtiger Ungar, der, aufgrund seiner Körpergröße, in seinem Heimatland noch hatte erleben müssen, als Freak im Zirkus ausgestellt zu werden, blieb einer der gefragtesten kleinwüchsigen Künstler. Er starb am 12. Juni 2016 an den Folgen eines Schlaganfalls.


Max Wright wirkte weiterhin als vielgebuchter Nebendarsteller in einer großen Bandbreite von TV-Serien, Fernseh- und Kinofilmen. Er war in „Friends“ zu sehen (als Chef des Central Perk), „The Norm Show“ und der Stephen King Verfilmung „The Stand – das letzte Gefecht“ . Ebenso spielte der verheiratete Vater zweier Kinder, obschon er 1995 an Krebs erkrankt war, wieder am Broadway Theater. 1998 wurde er für „Ivanov“ als bester Nebendarsteller für den Tony Award und den Drama Desk Award nominiert, gewann jedoch nicht.



2000 erlitte er einen schweren Absturz. Das Schundblatt „The National Enquirer“ brachte einen zerstörerischen Artikel (basierend auf einem heimlich gedrehten Video), dessen Fotos Max Wright in einer Crack-Höhle zeigten, wo er offenbar auch einen Obdachlosen für Sex bezahlt haben soll. Der Artikel beendete seine TV-Karriere.


Dennoch kam er wieder auf die Füße, spielte wieder Theater – unter anderem in „Was ihr wollt“, „No Man’s Land“ und 2010 in „Ein Wintermärchen“ und „Der Kaufmann von Venedig“ für Shakespeare In The Park in New York.
2017 starb seine Ehefrau.

Seit mindestens Mai 2018 lebt er in Deutschland, in einer Beziehung mit einem deutschen Krankenpfleger. Fotos zufolge ist er jetzt – endlich – glücklich.


Max Wright (rechts) mit Partner


Und ALF selbst…..?


Enthüllung: Arbeitet ALF heimlich als Pin Up?


„Wir warten nur darauf zurückzukehren“ sagte Paul Fusco in einem Interview von 2016. „Er ist wahrscheinlich ein wenig verdorbener, ein bisschen wütender. Die Welt ist ein anderer Ort. Es ist seit 1990 vieles verrückter geworden. Wir brauchen ALF mehr denn je.“

Wie es aussieht, ist es jetzt soweit.

The time has come.