Der Titel dieses Blogs spielt natürlich auf das berühmte Magazin "Cahiers Du Cinema" (Notizen zum Kino) an, dessen Filmkritiker Francois Truffaut und Claude Chabrol später Regisseure und Wegbereiter eines neuen französischen Kinos wurden.
Dennoch ist dies kein arthouse Blog. Es ist ein Blog über die Liebe zum Film. Gute Filme. Und sehr schlechte. Egal woher sie stammen. Egal wie sie zu klassifizieren sind.

Sonntag, 19. November 2023

DIE ZEHN GEBOTE (1956)“: DIE GRÖßTE SCHAU DER WELT.

„DIE ZEHN GEBOTE (1956)“: DIE GRÖßTE SCHAU DER WELT.


 





Aufnahmen von der Premiere: 



Der Erfinder des amerikanischen biblischen Monumentalfilms Cecil Blount DeMille hatte die Story schon einmal als Stummfilm 1923 verfilmt. Seine eigene Neuverfilmung von 1956 mit Charlton Heston als Moses, die auch sein letzter Film war, ist ein in vielfacher Hinsicht bemerkenswertes Spektakel.


1923 verfilmte DeMille den Moses-Stoff zum ersten Mal, als Stummfilm.



DeMille erlitt während der aufreibenden Dreharbeiten einen Herzinfarkt, meldete sich aber, entgegen dem Rat der Ärzte, schon eine Woche später wieder zur Arbeit und beendete das Epos. Sein ungewöhnlich hohes Engagement merkte man auch in diesem SEHR ungewöhnlichen Originaltrailer von 1956 in dem kein Geringerer als Cecil DeMille höchstpersönlich das kommende Spektakel ankündigt:



Das umfangreiche Drehbuch (Es kann hier komplett nachgelesen werden: https://cupdf.com/document/the-ten-commandments-1956-final-shooting-scriptpdf.html?fbclid=IwAR0MBfSWdp-xe3xSnReVbEnCvvbLHYgZonZuZ2h3wGqFhOG0tG2kAoBtuX8&page=1) des 229 Minuten langen Films basierte dabei nicht nur auf dem Buche Exodus der Bibel, sondern auch auf den Schriften des antiken christlichen Historikers Flavius Josephus , des antiken Historikers Philo und gleich drei verschiedenen Romanen über Moses, nämlich "Der Prinz von Ägypten" von Dorothy C. Wilson, "Die Feuersäule" von J.H. Ingraham und "Auf den Schwingen des Adlers" von A.E. Southon.


Originaldrehbuchseite mit angegebenen Bibelstellen









Der Aufwand war enorm: Mindestens 14 000 Statisten, über 15 000 Tiere, mehr als 300 000 Liter Wasser für die Teilung des roten Meeres kamen zum Einsatz. Die Dreharbeiten, teils an Originalschauplätzen in Ägypten und Sinai, nahmen über 2 Jahre in Anspruch und verschlangen die seinerzeit unvorstellbare Summe von über 13 Millionen Dollar. Die Außensets gehören zu den größten die je gebaut wurden. Der wuchtige Score von Elmer Bernstein ist alleine schon zweieinhalb Stunden lang. Vier Drehbuchautoren, drei Produktionsdesigner und fünf Kostümdesigner:innen arbeiteten an DeMilles Opus Magnum.





DeMille versammelte einen All - Star - Cast (teils in winzigsten Rollen), dazu gehörten Charlton Heston, Yul Brynner, Edward G. Robinson, Anne Baxter, Debra Paget, Yvonne De Carlo, Sir Cedric Hardwick, John Carradine, Vincent Price, Dame Judith Anderson und Baby Fraser Heston als der neugeborene Moses. Richard Farnsworth, Patricia Hitchcock, der noch unbekannte Robert Vaughn und sogar Carl "Alfalfa" Switzer von den kleinen Strolchen hatten kurze Cameo Auftritte als hebräische Sklaven oder böse Ägypter.

DeMille selbst gab die Erzählerstimme. Die Spezialeffekte des Films (Höhepunkte: der brennende Dornbusch, Die sieben Plagen, die Feuersäule, Teilung des roten Meeres, und die zehn Gebote selbst die via göttlichem Laserstrahl aus dem Fels gesprengt werden) übertrafen alles bis dahin dagewesene, die technischen Grundlagen dafür mussten erst, speziell für diesen Film, erfunden werden.





Die Teilung des Roten Meeres, beispielsweise, galt als der schwierigste Spezialeffekt, der bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführt wurde.

Die Dreharbeiten für diesen Effekt dauerten etwa sechs Monate und kombinierten Szenen, die am Ufer des Roten Meeres in Ägypten gedreht wurden, mit Szenen, die in den Paramount Studios in Hollywood in einem riesigen Wassertank gefilmt wurden, der durch einen U-förmigen Trog geteilt wurde, in den etwa 360.000 Gallonen Wasser von den Seiten her eingeleitet wurden, sowie mit den Dreharbeiten für einen riesigen Wasserfall, der ebenfalls auf dem Paramount-Gelände gebaut wurde, um den Effekt der Wände des geteilten Meeres aus dem turbulenten Rückstau zu erzeugen. 





Alle verschiedenen Elemente der Aufnahme wurden dann im optischen Drucker von Paul Lerpae kombiniert, und Matte Paintings von Jan Domela verdeckten die Matte-Linien zwischen den realen Elementen und den Spezialeffekten- Die Sequenz der Teilung des Roten Meeres wird von vielen bis heute als einer der größten Spezialeffekte aller Zeiten angesehen

"Die zehn Gebote" ist nicht Filmkunst, und Cecil B. DeMille war unter keinen Gesichtspunkten ein Künstler - er war aber ein glänzender Handwerker und brillanter Showmensch, ein cineastischer Schausteller, der in der Lage war ein großartiges Spektakel zu kreieren, wie es früher nur im Zirkus zu sehen war. Er konnte sein Publikum verzaubern, bannen und überwältigen.

Wie das genau gemacht wurde, kann man hier im Making-Of sehen: 






Auch "Die zehn Gebote" ist kein tiefgründiges Religionsdrama sondern ein - total altmodisches - bombastisches, prunkvolles Historienepos mit moralisch verbrämtem Fantasyeinschlag.

Aber daran wie DeMille den Zuschauer mit allen dramaturgischen und technischen Mitteln in blendender Farbenpracht zum Staunen bringt, wie ein Kind auf dem Jahrmarkt, wie er einen - trotz aus heutiger Sicht gelegentlicher unfreiwilliger Komik – ,dank unglaublich effektvoller Inszenierung, nebst umwerfenden Massenszenen, fast vier Stunden lang völlig mühelos unterhält, daran kann man seine (naive) Freude haben und das kann man respektieren.








Man beachte wie respektvoll Meisterregisseur Martin Scorsese, als er den Cecil B. DeMille Award Golden Globe für das Lebenswerk) erhält:




DeMilles Film "Die zehn Gebote" spielte - inflationsbereinigt - über 440 Millionen Dollar ein, und ist damit der siebterfolgreichste Film aller Zeiten, nach Vom Winde verweht (1939), Avatar - Aufbruch nach Pandora (2009), Krieg der Sterne (1977), Titanic (1997), The Sound Of Music (1965) und E.T. - Der Außerirdische (1982).

„Die Zehn Gebote“ war 1957 für 7 Oscars nominiert, und gewann für die Besten Spezialeffekte:

  • Oscar in der Kategorie Beste Spezialeffekte für John P. Fulton
  • Nominierung in der Kategorie Bester Film für Cecil B. DeMille
  • Nominierung in der Kategorie Beste Kamera für Loyal Griggs
  • Nominierung in der Kategorie Bester Schnitt für Anne Bauchens
  • Nominierung in der Kategorie Bester Ton für Loren L. Ryder (Paramount SSD)
  • Nominierung in der Kategorie Beste Ausstattung für Hal Pereira, Walter H. Tyler, Albert Nozaki, Sam Comer, Ray Moyer
  • Nominierung in der Kategorie Bestes Kostümdesign für Edith Head, Ralph Jester, John Jensen, Dorothy Jeakins, Arnold Friberg

Alle späteren Verfilmungen des Stoffes bisher fielen - trotz überlegener Tricktechnik - gegen das Original von 1956 steil ab.




Samstag, 24. Juni 2023

OTFRIED PREUSSLERS „KRABAT“ – EIN ANTIFASCHISTISCHER ROMAN?


Dieser Essay erschien ursprünglich Ostern 2021 in der Gruppe "Wir brauchen den Widerstand gegen Rechts". Er wurde hiermit auch  in den Blog übernommen, wo er übersichtlicher und bebilderter darstellbar ist.


*

FOCUS: Sie haben oft gesagt, die Thematik des „Krabat“, die Verführung zur bösen Macht, sei das Thema Ihrer Generation ...

Preußler: Als das Buch 1971 herauskam, fuhr ich zu einer Lesung vor Bibliothekaren in die Schweiz. Dort sagte einer in schönstem Schwyzerdytsch: „Sagen Sie, Herr Preußler, der Meister, das ist doch wohl der Hitler?“ Und da ist mir aufgegangen: Ja, er hat Recht. Der Meister ist zwar nicht Hitler, aber doch eine Inkarnation der bösen Macht.

FOCUS: Aber was kann der „Krabat“ jungen Menschen heute bedeuten – in unseren friedlichen Zeiten?

Preußler: Sagen Sie das nicht. Denken Sie doch nur an den Terrorismus. Auch heute und in unserem Land kommt es vor, dass junge Leute auf Extremisten hereinfallen.


 


Dieses Jahre wäre er 100 Jahre alt geworden – der große Kinder- und Jugendbuchautor OTFRIED PREUßLER (geboren als Otfried Syrowatka), Vater des „Kleinen Wassermanns“, der „kleinen Hexe“, vom „starken Wanja“, dem „Räuber Hotzenplotz“ und Autor des vielfach preisgekrönten Meisterwerkes „Krabat“ von 1971, eines virtuosen Jugendromans auf der Basis der sorbischen Volkssage um „Mistr Krabat“.

Und 52 Jahre wird dieses vielleicht bedeutendste Jugendbuch Deutscher Sprache (ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendpruchpreis, dem Europäischen Jugendbuchpreis, dem Polnischen Jugendbuchpreis, dem Dänischen Jugendbuchpreis und dem Ehrenpreis der amerikanischen Bibiliotheken) 2023 alt.

Deshalb möchte ich mir an dieser Stelle die Zeit nehmen zu untersuchen, ob dieses Buch vielleicht tatsächlich in erster Linie nicht als fiktionaler Sagenstoff, sondern als sehr greifbare reale Warnung vor dem Faschismus geschrieben worden ist?


Dafür gibt es noch einen zweiten konkreten Ansatzpunkt:

2015 wurde der Öffentlichkeit erstmals bekannt, dass Preußler, als gerade 20-jähriger und damals noch NS-überzeugter Jugendlicher wohl bereits einen Hitlerjugendroman geschrieben hatte, namens „Erntelager Geyer“.

Preußlers NS-Frühwerk "Erntelager Geyer"


Das Buch – das offenbar nur wenig rassistische Entgleisungen enthält - verschwand später spurlos, es tauchte in Preußlers Bibliographien und Biographien niemals auf. Niemand wusste davon. Offenbar schämte sich Preußler dieses unüberlegten Frühwerkes. (https://orf.at/v2/stories/2294576)

1944 wurde das Werk so beschrieben:

„Der Verfasser, ein junger, jetzt im Felde stehender Reichenberger lenkte bereits durch einige Gedichte die Aufmerksamkeit auf sich. Und dieses Buch schrieb er mit 17 Jahren. In frischer, anschaulicher Darstellung erzählt er hier von dem Kriegs- Ernteeinsatz einer Schar Jungens in Wernersdorf, von ihrem erstmaligen Erleben des Bauerntums, wie sie es bisher kaum kannten. Fröhlich und guten Willens packen sie jede Arbeit an, freilich mit der baldigen Erkenntnis, dass diese nicht immer leicht sei. Aber sie sind stolz darauf, mit allen Schwierigkeiten fertig zu werden und richtige Männerarbeit zu leisten. Den Ausgleich zu der harten Bauernarbeit bildet das Lagerleben mit der sportlichen Ertüchtigung, mit Geländespielen, Heimabenden und manchen lustigen Streichen. Eben diese schöne Kameradschaft des Lagers auch hilft manchem von ihnen, bei der schweren Bauernarbeit durchzuhalten. In seiner Schlichtheit der Gestaltung und des Inhalts ist dieses Buch ein wertvoller Beitrag zum Bilde unserer Jugend von heute.“




Er selbst erwähnte es nie.

Erst posthum wurde eine Ausgabe entdeckt.

Vielleicht, mag man mutmaßen, hat er versucht mit seinem „Krabat“ literarische Abbitte zu leisten, seine Verführbarkeit zu verarbeiten.

Vielleicht hat er deshalb 10 Jahre bis zur Besessenheit an diesem Buch gearbeitet, das ihm anfangs ganz und gar nicht gelingen wollte. Vielleicht hat er sich deshalb so sehr damit gequält, dass er vorübergehend auf einem Auge erblindete und sich zur eigenen Erholung vom „Krabat“ den „Hotzenplotz“ ersann.

Falls es so war, so ist diese literarische Wiedergutmachung, die vielleicht auch Abbitte für die nationalsozialistische Jugendsünde gewesen sein mag, noch mehr für die eigene Verführbarkeit, nach meinem subjektiven Dafürhalten gelungen.


Der junge Wehrmachtssoldat Preußler in Diensten des NS-Regimes


Für diese These spricht, dass der Sudetendeutsche Preussler in einem völkisch geprägten, deutschtümelnden Haushalt in Reichenberg/Liberec im heutigen Tschechien aufwuchs, dass sein Vater Josef Syrowatka ein überzeugter Nationalsozialist und Antisemit war, der später, nach dem Einmarsch der Nazis, seinen Namen zu Preußler „eindeutschen“ um nicht zu sagen arisieren ließ (https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Preu%C3%9Fler).

Der junge Otfried Preußler auf dem Lande.


Und für diese These spricht im Besonderen, wie stark Preußler in seinem Roman“ Krabat“, nach der sorbischen Volkssage, eigene biographische Elemente hat einfließen lassen, die in der Vorlage nicht enthalten sind, und die eine metaphorisch-allegorische Lesart nahelegen. Diese Lesart wiederum hat er selbst befeuert, als er sagte, Zitat:

Mein „Krabat“ ist keine Geschichte, die sich nur an junge Leute wendet, und keine Geschichte für ein ausschließlich erwachsenes Publikum. Es ist die Geschichte eines jungen Menschen, der sich mit finsteren Mächten einlässt, von denen er fasziniert ist, bis er erkennt, worauf er sich da eingelassen hat. Es ist zugleich m e i n e G e s c h i c h t e , die Geschichte meiner Generation, und es ist die Geschichte aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken. Dagibt es nur einen Ausweg, den einzigen, den ich kenne: den festen Willen, sich davon frei zu machen, die Hilfe von treuen Freunden – und jene Hilfe, die einem aus der Kraft der Liebe zuwächst, der Liebe, die stärker ist als die Macht des Bösen und alle Verlockungen dieser Welt.

 


Schriftsteller Otfried Preußler Ende der 1980er Jahre


Befassen wir also kurz mit dieser Geschichte – mit Hilfe vor allem der brillanten Diplomarbeit „Autobiographische Elemente in Otfried Preußlers „Krabat“ von Elisabeth Wolfsgruber BA (https://docplayer.org/60645783-Diplomarbeit-titel-der-diplomarbeit-autobiographische-elemente-in-otfried-preusslers-krabat-verfasst-von-elisabeth-wolfsgruber-ba.html?fbclid=IwAR1moXKyBEIOsUMxZ4b-fFK2YXP8hO2uDv3yT899N4tcS1zQnFXzl_FHd1Q) – um zu sehen, inwieweit sie sich in „Krabat“ spiegelt.


"Eine herrlich unbeschwerte Zeit" sei seine Jugend gewesen, schreibt Preußler Jahrzehnte später. Nachzulesen ist darüber im Buch "Ich bin ein Geschichtenerzähler", bestehend aus ausdrucksstarken autobiografischen Skizzen. Von der hysterischen Begeisterung vieler Sudetendeutscher für das Nazi-Regime, die damals womöglich auch Familie Preußler teilte, berichtet er ebenso wenig wie von Einverleibung des Sudetenlandes 1938, der Zerschlagung der "Rest-Tschechei" und dem Terror-Regime der Deutschen über Tschechen und Slowaken.“

(Quelle: SZ)

 

Holzschnitt von Herbert Holzing

„An der Kriegsschule in Dresden wird er vorerst in einem Offiziersbewerberlehrgang ausgebildet, bevor er erst nach Russland, dann als Leutnant nach Rumänien eingezogen wird und dort 1944 in Bessarabien in sowjetische Kriegsgefangenschaft gerät. Fünf Jahre verbringt er in unterschiedlichen Arbeitslagern, darunter das berüchtigte Offizierslager Jelabuga , bis er im Jahre 1949 entlassen wird und heimkehren kann.“

(Quelle: Diplomarbeit Elisabeth Wolfsgruber)

 

Über diese Zeit führt die SZ genauer aus:


„Nach dem Abitur 1942 zieht die Wehrmacht Preußler ein. Zwei Jahre später muss der junge Leutnant nach Rumänien, wo die Rote Armee die deutschen Verbände bald aufreibt. Preußler kommt unverletzt in Gefangenschaft, doch die nächsten fünf Jahre verbringt er hinter Stacheldraht in sowjetischen Lagern, irgendwo am Ural. Das Sterben ist dort Normalität, Folge des brutalen Klimas, der Zwangsarbeit, von Hunger und Seuchen. Preußler schreibt von Willkür, aber auch von Russen, die mit den hungernden Deutschen ihr Essen teilen. Preußler und die anderen rezitieren auswendig gelernte Gedichte, Goethe, Schiller, Eichendorff. Es ist das Einzige, was an die ferne, unerreichbare Heimat erinnert. Damals habe er bei seinen Kameraden sein "erstes Praktikum als Geschichtenerzähler absolviert", meint er später: Gegen das Heimweh, "gegen Verzweiflung und Tod". Einmal rettet ihm eine jüdische Armeeärztin das Leben, ihr Sohn ist im Kampf gegen die Deutschen gefallen.

Otfried Preußler hat, abgesehen von den erwähnten Skizzen, über seine Zeit in Krieg und Gulag nichts veröffentlicht. Er schreibe für Kinder, darum habe er seine aufgeschriebenen Erlebnisse nicht publiziert. "Aber das bekommt vorläufig niemand zu sehen", so Preußler. "Erst wenn ich tot bin."

 

Vielleicht aber, möchte man mutmaßen, haben wir es in anderer Form, der,in der der konservativ geprägte Preußler, ein Mann mit vielen Traumata, es uns erzählen konnte – indirekt, doch eindringlich, unaufdringlich doch zwingend - doch schon zu Lebzeiten zu sehen bekommen.

Vielleicht ist sein Opus Magnum unter diesem Blickwinkel ganz neu zu lesen, zu verstehen - und neu zu würdigen.

1958 kam Preußler in der Internationalen Jugendbibliothek in München erstmals wieder als Erwachsener in Kontakt mit dem Krabat-Stoff, von dem er schon als Elfjähriger gehört hatte, nämlich über den seinerzeit neu übersetzten Bildband „Mistr Krabat“ von Martin Nowak-Neumann – und dieser leitete Preußlers eigene Faszination an der Geschichte ein und auch einen Arbeitsprozess, der in mehreren Anläufen scheiterte, uns als verzweifeltes „Nebenprodukt“ den Räuber Hotzenplotz brachte, der zu Preußlers Erholung wurde, und der erst mit der Publikation 1971 endete.


Auf dieses Buch stieß Preußler 1958 in  München



Mehr über die Arbeit beschreibt Preussler hier: https://www.yumpu.com/de/document/read/17394715/otfried-preussler-krabat-zehn-jahre-arbeit-thienemann-verlag

Und wen man nun, so wie Elisabeth Wolfgruber in ihrer glänzenden Diplomarbeit (https://docplayer.org/60645783-Diplomarbeit-titel-der-diplomarbeit-autobiographische-elemente-in-otfried-preusslers-krabat-verfasst-von-elisabeth-wolfsgruber-ba.html) unter diesem Blickwinkel einen Blick auf den Roman wirft, der so, unter Schmerzen, entstanden war, dann, fallen einem manche Bezüge wie die Schuppen von den Augen:


********



In dieser Mühle, in der Krabat bei Preußler volle 3 Jahre verbringt, wovon das erste für 3 zählt, kreiert Otfried Preußler, vormals Syrowatka, in der sagenhaften Verkleidung sowohl eine metaphorische Allegorie eines faschistischen Systems, als auch eine verfremdete Abbildung eines Lageralltags.


  • Das faschistische System skizziert Preußler, hat man den Vorgang einmal durchschaut, in überraschender Deutlichkeit: 

Wir haben einen klassischen Führerkult an dessen unmittelbarer Spitze der Gevatter, in mittelbarer der Meister steht. Ein Meister der - nur bei Otfried Preußler - einäugig ist und gelegentlich die Peitsche schwingt....


  • ....und auch in dieser spezifischen Ausgestaltung tut sich ein biographischer Bezug auf:

Man kann darin einen fernen, wenn auch verdüsterten Abglanz des nordischen Gottes Odins sehen, der ein Auge gegen Weisheit tauschte, vielleicht aber auch eine Reminiszenz an **einen die Reitpeitsche schwingenden Einäugigen, dem Preußler in russischer Kriegsgefangenschaft begegnete und den er die „mit Abstand übelste Figur“ nennt, „die wir im Lazarett zu ertragen hatten“. **

(Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/blick-in-otfried-preusslers-nachlass-neues-von-krabat-17467847-p6.html)

Der - nur bei Preußler - einäugige Meister in der Schwarzen Schule



Dieser Meister hat absolute Gewalt über die Mühlknappen, sie sind ihm verfallen, er weiss was sie denken, sogar was sie träumen, er kann sie verwandeln, herrscht über die Mühle (und verweigert z.B. dem Scholta in „Schnee auf den Saaten“ im Namen der Mühle die Hilfe) er alleine entscheidet auch über Leben und Tod, er ideologisiert die Knappen. Er herrscht über die geheime Bruderschaft, verlangt und erhält absoluten Gehorsam.


  • Eine absolute Hierarchie der Ränge wie im Totalitarismus...


(Lehrjunge, Knappe, Altgesell, Meister, Gevatter), wobei die letzen Ränge nur durch Willkürakte erreichbar sind, finden wir ebenso vor, wie klassische Elemente ideologischer Indoktrination (allfreitaglich in der schwarzen Kammer), den klassischen der Führung nahestehenden Denunzinaten (Lyschko), die massive Verlockung durch die Macht (Die Verheißung der Zauberkunst, die sogar „über Kaiser und Könige Macht verleiht“, das Angebot des Meisters an Krabat ihn zu seinem Nachfolger zu machen und Macht über Leben und Tod zu geben). 




  • Wir finden aufbegehrende Mitläufer (Tonda, Michal) die mit dem Tode dafür bezahlen werden und in Pumphutt, sogar einen waschechten Widerstandskämpfer von außen. 


Es finden sich ferner...

  • ...eine spätere geheime Widerstandszelle (Krabat und Juro die gegen den Führer konspirieren), 
  • ein heidnischer mit stark ritualisierten Zeremonien konstituierter Geheimbund (Die geheime Bruderschaft die man als Spiegelung von gemeinschaftsstiftenden Riten zur Zeit des NS-Regimes lesen kann, z.B. der Jugendweihe, dem Tragen des Totenkopfrings und anderer Requisiten oder die Fackelzüge) 
  • und die für den NS-Staat übliche Nibelungetreue seiner Anhänger (Der Adler des Sultans)

  • Auch die schuldhafte Verstrickung der Knappen in furchtbare Verbrechen die verdrängt werden…

...das Geheimnis des siebten Mahlganges, des „Toten Ganges“ als Symbolismus für einen Völkermord – und vielleicht auch deshalb der dem Judenstern optisch ähnelnde Drudenfuß auf der Stirn der Knappen, den diese, wie eine Schuld, herunterschwitzen müssen?


"Neugierig stieg er die hölzernen Staffeln zur Bühne hinauf, von der aus das Mahlgut sackweise in die trichterförmige Schütte gekippt wird, aus der es dann über den Rüttelschuh zwischen die Steine läuft.

Beim Einkippen läßt es sich nie vermeiden, daß Körner danebenfallen - nur lag kein Getreide unter der Schütte, wie Krabat erwartet hatte. Was da verstreut auf der Bühne umherlag und auf den ersten Blick aussah wie Kieselsteine: beim zweiten zeigte sich's, daß es Zähne waren - Zähne und Knochensplitter.

Entsetzen packte den Jungen, er wollte schreien und brachte doch keinen Laut aus der Kehle. Plötzlich stand Tonda hinter ihm. Krabat mußte ihn überhört haben. Nun ergriff er die Hand des Jungen. »Was suchst du da oben, Krabat? Komm runter, bevor dich der Meister erwischt - **und vergiß, was du hier gesehen hast. **Hörst du mich, Krabat - vergiß es!«

 

Dies alles im Schatten der Mühle, die da liegt „in den Schnee geduckt, dunkel, bedrohlich, ein mächtiges, böses Tier, das auf Beute lauert“, ihres wuchtigen Mühlrades, dessen Achsen, man so man wollte, mit ein paar rechten Winkeln leicht zu einer riesigen Swastika ergänzen könnte.




  • Dann wiederum die Merkmale der Gefangenschaft: 

Der Kontakt zur Außenwelt ist spärlich und begrenzt, nie darf einer alleine die Mühle verlassen. Fluchtversuche (Krabat, Merten) ob im Wachen oder im Traum erweisen sich als sinnlos, werden vereitelt und schwer bestraft. 


  • Dazu die unverhohlenen Anspielungen auf den Krieg, 

den Schwedenkrieg der durchaus als Bild für den zweiten Weltkrieg stehen kann (im Militärüberdruss der Knappen im schwankhaften Kapitel „Feldmusik“, oder dem Kriegsrat in Dresden während dem der Meister den Kurfürsten zum Durchhalten im Krieg bewegt). 

Immer mehr der Mühlknappen sterben und landen in der verschneiten Begräbnisstelle, dem „Wüsten Plan“ und die, die Nachrücken, wie die Pimpfe in „Die Brücke“, die neuen Lehrlinge, werden von Jahr zu Jahr jünger….ein Bild für das Verheizen der Kindersoldaten?


Die berühmte englische Übersetzung von Anthea Bell litt unter 
ihrem, für US-Verhältnisse, ungünstigen Titel


Besonders auffällig sind die extrem sprachmächtigen und vielschichtigen Beschreibungen der harten Winter im Koselbruch – Preußler scheint alles zu wissen über eingeschneite Häuser, vereiste Rinnen, gefrorene Böden, sterbende Saaten, den eisigen Wind, wie der Schnee eine unbekannte Gegend völlig unkenntlich macht und einebnet, das Aussehen des Mondes im Schneegestöber….diese Dinge wirken, als stammten sie aus direkt erlebter eigener Erfahrung. Und tatsächlich: Jelabuga, wo Preußler lange gefangen war,war berüchtigt für seine fürchterlichen Winter.

Und dann ist da noch die Rettung Krabats, in der Preußler stark von der Sagenvorlage abweicht, in der der Junge von seiner Mutter erlöst wird.


Die Kantorka mit dem Raben Krabat


In Preußlers Roman, ist es die Kantorka die Krabat rettet, das Mädchen das er liebt, nach dem er sich in der unerreichbaren Ferne Schwarzkollms sehnt, so wie Preußler sich in der Kriegsgefangenschaft nach seiner Annelies Kind sehnte, die er später weit entfernt in Rosenheim wiederfand, und gerettet wird er von ihr, durch Erlösung aus den gelebten 5 Jahren Mühle, so wie der junge Preußler aus 5-Jahren Haft in Gefangenlagern erlöst wurde, von einer unbekannten Ärztin, einer jungen russischen Jüdin, die seine Entlassung durchsetzte als er nur noch 40 Kilo wog, und deren Namen er nie erfuhr….so wie auch Krabats Kantorka im Roman keinen Namen hat.


Otfried Preußler  nach dem zweiten Weltkrieg mit seiner Verlobten Annelies, die, vermutlich,
eine von zwei Vorlagen für die Figur der Kantorka wurde.


*******

Nun ist ein Autor keinesfalls, schon gar nicht eins zu eins, identisch mit einer Figur seines Romans, aber sein Leben, seine Biographie, sein Erfahrungsschatz, sind doch auch immer das Material mit dem er, wie unbewusst auch immer, arbeitet, das Reservoir aus dem er schöpft.




Und unter dieser Prämisse bestätigt sich die These dieser Überlegungen: Ja, Krabat IST in der Tat das „Lied von der Freiheit eines Menschen“, eines Menschen der vom Faschismus, von der Verlockungen der Macht, verführt, in Gefangenschaft und Todesgefahr gebracht aber gerade noch rechtzeitig erweckt, gewarnt und gerettet worden ist, der seine Individualität im Totalitarismus wiedererkämpft, und in diesem Sinne ist „Krabat“ ohne jeden Zweifel ein ganz und gar antifaschistisches Buch.




Vielleicht das persönlichste das er je geschrieben hat.


„Während sie auf die Häuser zuschritten, fing es zu schneien an, leicht und in feinen Flocken, wie Mehl, das aus einem großen Sieb auf sie niederfiel.“

 



EINE GEKÜRZTE LESUNG VON „KRABAT“ DURCH DEN AUTOR SELBST FINDET SICH HIER:


Krabat, das erste Jahr:



Krabat, das 2. Jahr




 Krabat, das 3. Jahr





Freitag, 14. April 2023

DIE TOP 11 DER BESTEN JACK-THE-RIPPER-FILME

 








Es handelt sich um eines der wohl reizvollsten Sujets der Filmgeschichte, dessen Zutaten schier unwiderstehlich sind: Das nebelverhangene viktorianische London, wo in der Bakerstreet 221b Sherlock Holmes und Dr. Watson die Gurkensandwiches ihrer Mrs. Hudson genießen, während anderswo im Westend Dr. Jekyll seine nächtlichen Experimente wagt; wo im Marktviertel von Covent Garden gerade ein Blumenmädchen namens Eliza ihrem Professor Higgins begegnet, im Haus der Lady Alquist am Thornton Square 9 Dinge wie von selbst verschwinden, und H.G. Wells‘ namenloser Protagonist im Keller seines Hauses an einer Zeitmaschine schraubt….und dann wenden wir unseren Blick ins Londoner Eastend, in den Stadtteil Whitechapel, wo sich, ganz und gar unliterarisch, in der echten Welt eine außerordentlich grauenhafte Mordserie ereignet, wo , vor dem Anbruch eines neuen Jahrhunderts, der monströse Schatten eines einzelnen Mannes, der, bis heute, offiziell, ein von Verschwörungsideologien umwabertes Mysterium blieb, sich über die Gassen und verwinkelten Straßen senkt. Der Schatten eines Mannes der als erster moderner Serienmörder in die Geschichte eingeht: Jack The Ripper.






So jedenfalls nennen ihn später die Zeitungen. Mindestens 5 Frauen (die sogenannten kanonischen Fünf: Polly Ann Nichols, Annie Chapman, Catherine Eddowes, Elizabeth Stride, Mary Jane Kelly) tötete der unbekannte Mann im „Autumn Of Terror“ von 1888 , auf eine Weise, die so erschreckend war, dass sie die Vorstellungswelt einer Zeit und einer Generation durchbrach – nur um danach so geheimnisvoll von der Bildfläche zu verschwinden, wie er auf ihr erschienen war. Für immer, möglicherweise.

Die Mischung musste auch Kino und Fernsehen in den Bann ziehen: Die klassischste, kultigste und, aus kolonialistischer Sicht, prachtvollste Zeit des britischen Empire, in ihr eine unheimliche, spektakuläre Mordserie, wie aus einem Gruselschinken, begangen von einem Phantom- garniert mit einem hohen True Crime Faktor. Alles, was wir heute mit Serienmordfällen in Verbindung bringen war damals bereits erstmals vorhanden: Ein klar umrissener Opfertypus, eindeutiger Modus Operandi, Verstümmelungen, Kommunikation des Täters über unheimliche, teils vermutlich in Blut geschriebene Briefe, Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei, Massenpanik und, auch dies erstmals, ein beispielloses Medienspektakel um die schrecklichen Verbrechen.







Erstaunlich viele der Verfilmungen - von denen der Großteil vor 1988, und somit vor Zugänglichkeit der Originalakten entstand – fiktionalisieren das Geschehen nahezu komplett. Eine Untergruppe wiederum bilden jene Filme und Mehrteiler die auf der Royal Conspiracy Theorie basieren, die durch den Ripperologen Stephen Knight entwickelt und erstmals in dem Buch „Jack The Ripper- The Final Solution“ vorgestellt wurde. Ihr einziger Haken: So reizvoll sie ist – sie ist erwiesenermaßen falsch.





Knights Buch erschien 1976 und es ist daher wiederum kein Zufall, dass die Royal Conspiracy Theory filmisch erst ab der zweiten Hälfte der 1970er Jahre so voll aufschlug, wie sie aufschlug

Häufig sind Verfilmungen des Stoffs ein Desaster mit Ansage, eines Stoffs an dem schon große Namen grandios gescheitert sind, der fast nie den Tatsachen entsprechend verfilmt wird und an dem sich schon bedeutende Regisseure verhoben haben. Gerade deshalb schien mir die hier gefertigte Liste am Platz.

Die nachfolgende Liste nennt die 11 bekanntesten Verfilmungen in absteigender Reihenfolge (Platz 1, Bester, Platz 11 schlechtester Film). Neben filmischen und künstlerischen Kriterien, wird dabei auch die historische Akkuratesse gegebenüber dem wahren Fall gewichtet. Ausgeschlossen von der Liste sind Stoffe die sich nur am Rande oder nur komplett fiktionalisierter Form an den Ripper wagen, außerdem beschränkt sich die Liste auf Filme und Mehrteiler, TV-Serien sind ausgeschlossen.



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PLATZ 1: „JACK THE RIPPER – DAS UNGEHEUER VON LONDON“ (1988) – David Wickes

- JACK THE RIPPER –










„Seit über 100 Jahren haben die Morde von Whitechapel, begangen von Jack The Ripper, die Welt verblüfft. Was sie sehen werden ist eine Dramatisierung dieser Ereignisse. Unsere Geschichte basiert auf umfassenden Recherchen, inklusive des Studiums der offiziellen Ermittlungsakten – mit spezieller Erlaubnis des Home Office- sowie Interviews mit renommierten Kriminologen und Scotland Yard Beamten“

- Disclaimer zu Beginn des Zweiteilers.


Dieser herausragende Mehrteiler, von Thames Productions und NBC coproduziert, ist bis heute niemals übertroffen worden, und von Michael Caine, als der historische Ermittler des Ripper-Falles Inspector Abberline, und Lewis Collins als dessen nicht minder historischer Partner Inspector Godley, brillant gespielt. Caine erhielt für seine außerordentlich intensive Glanzleistung 1989 den Emmy, BAFTA und Golden Globe als Bester Hauptdarsteller in einem TV Film/Mehrteiler

Der Zweiteiler wurde in Großbritannien in zwei Teilen ausgestrahlt, der erste am Dienstag, den 11. Oktober 1988, und der zweite, abschließende Teil eine Woche später am 18. Oktober. Jede Folge begann um 21.00 Uhr, wurde aber um 22.00 Uhr unterbrochen, um die Ausstrahlung der ITN-Nachrichten "News At Ten" zu ermöglichen.

Inszeniert und geschrieben wurde die weitgehend halbdokumentarische Mini – Serie, seinerzeit ein aufsehenerregendes Fernsehereignis mit unfassbaren Quoten, ein regelrechter Straßenfeger, von David Wickes, und zwar zum 100 – jährigen „Jubiläum“ der Mordserie, als erstmals die Scotland Yard Akten zum Fall öffentlich zugänglich wurden – wovon jedoch der wesentlichste Teil bereits spurlos verschwunden war.

Es war dieser Film, der mit ungeheurem ausstatterischem Aufwand das London des ausgehenden 19. Jahrhunderts, und speziell den „Autumn of Terror“ zum Leben erweckt, der erstmals überhaupt die realen Mordopfer mit ihren echten Namen, die tatsächlichen Tatumstände, den realen kriminalistischen Hintergrund und die wirklichen Ermittler öffentlich machte. Erst mit diesem ambitionierten Zweiteiler wurde der tatsächliche Fall zum allerersten Mal filmisch umgesetzt. Dadurch erreicht er einen „Aktenzeichen XY“-Faktor, den andere Bearbeitungen vorher und nachher nie erreichen konnten.


 



Zwar stimmen die dort, raffinierterweise in Form eines whodunit, präsentierten Verdächtigen nicht (dafür gab es die Personen wenigstens wirklich, sie waren auch damals in London, nur standen sie außerhalb der Yellow Press nicht unter Verdacht), und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht der dort schlussendlich präsentierte – großartig gespielte – Täter, aber das ist erst mit heutigem Forschungsstand und mit Blick auf später entdeckte Dokumente so feststellbar. Auch der im Epilog präsentierte Beweis, ist letztlich nur ein interessantes Indiz.

Die Gestaltung war so genau, dass z.B. Darsteller Hugh Fraser im Film die echte Originaluniform des historischen Polizeichefs Sir Charles Warren trägt.

Zwar kommt auch diese überlegene Bearbeitung, schon wegen der gravierenden Lücken in den Akten die überbrückt werden mussten, nicht ganz ohne Fiktionalisierungen und künstlerische Freiheiten aus, jedoch sind diese mit Bedacht genommen und haben zumindest eine gewisse Basis in Recherchen. So gab es beispielsweise in Wirklichkeit keine Romanze zwischen Emma Prentiss und Frederick Abberline, aber eine Zeitungszeichnerin dieses Namens gab es damals tatsächlich. Dort wo „Jack The Ripper“ von 1988 sein Garn freier spinnen muss, wird das jedenfalls durch die nie abreißende Spannung, dichte Inszenierung und superbe Schauspielerleistungen völlig aufgewogen.

Einziges historisches Manko: Arbeitsrechtler George Lusk wird im Film, drastisch abweichend von der Wirklichkeit, als gewaltbereiter, machtbesessener Linksextremist von grobschlächtigem Charakter dargestellt. Der echte Lusk war ein feinsinniger, gebildeter Mann und engagiert für soziale Gerechtigkeit eintretender Gewerkschafter von hohem Ansehen. Drehbuchautor und Regisseur Wickes war ganz offensichtlich ein rechter Thatcher-Fan.

Dafür ist der brillant fotografierte Zweiteiler atmosphärisch so dicht und spannungsgeladen, dass man bei jedem Sehen wieder die kompletten drei Stunden am Stück hinunterschlingt. Da kam keine andere Produktion je wieder heran.
 

„An Hand von Originalakten rekonstruiert der brillant fotografierte, intensiv gespielte Fernsehfilm den Fall, der bis heute nicht aufgeklärt werden konnte, und bettet ihn in ein stimmungsvolles Bild des damaligen Londons; er kommt zu dem Schluß, daß […] der Mörder war, was jedoch nur eine der Hypothesen ist, die sich um "Jack the Ripper" ranken.“

– Lexikon des internationalen Films


„Im seltsamen Fall von Jack the Ripper gab es keinen Prozess und kein unterzeichnetes Geständnis.
Im Jahr 1888 gab es weder Fingerabdrücke noch Blutproben, und es gab keine schlüssigen forensischen oder dokumentarischen Beweise oder Augenzeugenaussagen. Ein eindeutiger Beweis für die Identität des Rippers liegt also nicht vor.
Wir sind nach sorgfältigem Studium und akribischen Recherchen zu unseren Schlussfolgerungen gekommen. Andere Forscher, Kriminologen und Autoren mögen eine andere Meinung vertreten. Wir glauben, dass unsere Schlussfolgerungen zutreffend sind.“

- Aus dem Abspann des Zweiteilers






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Platz 2: „MORD AN DER THEMSE (1979)“ - Bob Clark

- MURDER BY DECREE –






Dieses Schmuckstück entdeckte ich buchstäblich durch Zufall, in einem Wühltisch der Drogerie Müller mit einem unscheinbaren und extrem lieblosen Cover, das fast wirkte als handele es sich um ein billiges Videospiel (siehe hier: https://m.media-amazon.com/images/W/IMAGERENDERING_521856-T1/images/I/511N2F4ER4L._SY445_.jpg) – überrascht wurde ich mit einem der besten Ripper-Filme überhaupt, der trotz Starbesetzung (Christopher Plummer, James Mason, Genevieve Bujold, Donald Sutherland , David Hemmings, Anthony Quayle) und eines glänzenden Skripts des „James Bond 007- Feuerball“-Autors John Hopkins, hierzulande erschreckend unbekannt ist.

„Mord an der Themse“ basiert dabei nicht nur auf Stephen Knights „The Final Solution“ sondern auch auf dem Buch zur mehrteiligen BBC-Doku-Reihe „The Ripper File“ von John Lloyd und Elwyn Jones und nutzt zusätzlich, als Nachfolger von „A Study In Terror“ die Figuren von Sir Arthur Conan Doyle. 





Entsprechend sind es in dieser kanadischen Großproduktion Sherlock Holmes (brillant: Christopher Plummer) und sein Freund und Unterstützer Dr. Watson (köstlich: James Mason), die von Inspector Lestrade (Frank Finlay, der dieselbe Rolle auch in einem anderen Film auf dieser Liste spielte, nämlich „A Study In Terror“ von 1965) mehr widerwillig in die Ermittlungen zum Fall Jack The Ripper gezogen werden. Im Verlauf ihrer Untersuchungen decken sie eine Verschwörung auf, in der ein uneheliches Kind, das es nicht geben darf, fünf Huren aus dem East End, und die Freimaurer bis hinauf ins britische Königshaus eine Rolle spielen werden…

Ausstattung, Musik und Set-Design sind grandios, ebenso die Breitwand-Kamera von Reginald Morris. Der Score ist teilweise sehr unheimlich, in seinen glanzvollsten Momenten wiederum weckt er Erinnerungen an den späten Miklos Rosza. Kein Wunder denn Carl Zittrer („Dead Of Night“ und die „Prom Night“-Reihe) und Paul Zaza („Bloody Valentine") sind beide Slasher- und Horrorfilm erfahren, vermochten es aber auch die viktorianische Epoche in herrlich altmodischen Klängen einzufangen.




 

Bob Clarks Regie schwächelt zwar manchmal, aber das superbe Ensemble hält die Spannung zu jeder Zeit hoch, man folgt den Verästelungen der Untersuchung zu jeder Zeit interessiert, und sogar ein paar Spritzer Ironie und Humor sind, besonders zwischen Watson und Holmes (Die famose Erbsenszene) , zu finden, bevor am Ende alle Karten aufgedeckt sind und es – natürlich – zur Tragödie der angeordneten Vertuschung kommt – nicht ohne einen fulminanten Schlußmonolog für den größten aller Detektive der, aus dem Mund eines großen Shakespeare-Mimen wie Plummer, eine ungeheure Wucht entfaltet.

Die mittlerweile überholte Royal Conspiracy Theory ist hier hervorragend, teils halbdokumentarisch mit exakter Kenntnis des realen Falles und seiner Beteiligten ausgearbeitet und wirkt bis ins Detail stimmig, manche der oft grausigen Bilder sind geeignet einen länger zu verfolgen.

Während es überraschen muss, dass dieser hervorragende und immer wieder sehenswerte Film bei uns kaum bekannt ist, kann es nicht überraschen, dass „Murder By Decree“ beim kanadischen Filmpreis, den Genie Awards, 1980 gleich achtmal nominiert war, und sogar fünf der Preise gewann, nämlich:
 

Bester Hauptdarsteller – Christopher Plummer
Beste Nebendarstellerin – Genevieve Bujold
Beste Regie - Bob Clark
Bester Schnitt – Stan Cole
Beste Filmmusik – Carl Zittrer und Paul Zaza


Weitere Nominierungen hatte es gegeben für:

Beste Kamera – Reginald H. Morris
Bester Ton – David Appleby und Joe Grimaldi
Bester Toneffektschnitt – Kenneth Heely-Ray




 

 

 

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Platz 3: „FROM HELL“ – Albert und Allan Hughes

- FROM HELL –






Der Ausnahmeschriftsteller Moore, der Mitte der 80iger Jahre durch die vielfach preisgekrönte Graphic Novel „Watchmen“ zum Star-Autoren der internationalen Comic-Szene anavancierte, seinen Ruf mit „A league Of Extraordinary Gentlemen“ zementierte und zuletzt mit der sensationellen Lovecraft-Hommage „Providence“ auch erfolgreich verteidigte, schuf in einem Zeitraum von 10 Jahren, die wahrscheinlich bedeutendste Graphic Novel die je publiziert wurde: „From Hell"



 

Erst als Serial, später als dickes 700-seitiges Monster von einem Paperback publiziert, rekurrierte das mit einem reichen dokumentarischen Anhang ausgestattete Mammutwerk aus dem London des 19. Jahrhunderts auf die sogenannte „Royal Conspiracy theory“ die der Ripperologe Stephen Knight 1976 in dem Buch „The Final Solution“ erstmals ausgebreitet hatte…

Der Titel bezieht sich auf jenen, vermutlich authentischen, Ripper-Brief an Scotland Yard, der, in roter Tinte geschrieben mit den Worten "From Hell..." beginnt: Aus der Hölle.

Alan Moore, kongenial begleitet durch die zeichnerische Meiserleistung Eddie Campbells, nutzt den bis heute zutiefst geheimnisumwitterten Fall des ersten modernen Serienkillers, Jack The Ripper, und sein blutiges Mysterium, die nachfolgenden Polizei-Ermittlungen durch Inspector Abberline und Sergeant Godley, die hier , anhand von Originaldokumenten und Akten, so detailreich, minutiös und tiefschürfend recherchiert und rekonstruiert präsentiert werden, wie nie vorher und nie nachher in der Literaturgeschichte, um nicht nur einen komplexen Verschwörungsthriller von hypnotischer Sogwirkung zu erzeugen….

….- Moore und Campell liefern, in 16 Kapiteln nebst Prolog und Epilog, auch ein gewaltiges viktorianisches Epos, einen Inneneinblick in die Slums, Gassen, Spelunken, Polizeireviere, Villen des West End und sogar das Königshaus eines Weltreiches auf tönernen Füssen, eines Empires das schon den Keim des Untergangs trägt.

Anhand einer überschäumenden Fülle von dutzenden von Vignetten, von hunderten Einzelschicksalen, in einem gewaltigen, unglaublich intensiven, Bogen der von den Fieberträumen William Blakes, über Robert Louis Stevensons Inspiration zu „Jekyll und Hyde“, dem tragischen Schicksal des Elefantenmenschen John Merrick bis hin zur Zeugung Adolf Hitlers reicht (die zufällig in jenen „Autumn of Terror“ 1888 fiel), schildern Moore und Campbell den Untergang eines ganzen Zeitalters und die Morgendämmerung eines neuen Jahrhunderts….dem der Massenmedien und des Massenmordes….

Erst mit "From Hell" wurde die Graphic Novel zu einer vollverwirklichten, eigenständigen Kunstform, die gleichwertig neben der Literatur zu stehen vermag.

„From Hell“ wurde gleich fünfmal mit dem Comic-Oscar, dem Will-Eisner-Award ausgezeichnet, in den Kategorien:

Beste Comic-Serie (1993)

Bester Autor (1995)

Bester Autor (1996)

Bester Autor (1997)

Beste Graphic Novel (Nachdruck) (2000)




 

Die Kinoadaption von 2001 – die eben letztlich keine ist - ist für sich genommen ein recht spannendes Filmchen, aber - trotz toller Besetzung - eine Schändung der meisterhaften, preisgekrönten Graphic Novel. Das Drehbuch hat verglichen mit seiner Vorlage mehr Schulbuben-Niveau. Wer eine auch nur halbwegs faktengetreue Umsetzung der "Final Solution" Theorie Stephen Knights (die auch "From Hell" zugrunde liegt) sehen will, liegt hier falsch.

Gerade diese Vorlage hätte bereits ein hohes Maß an erzählerischen Ideen und filmischen Möglichkeiten beinhaltet, die man lediglich hätte nutzen müssen. wo die Vorlage nicht nur die spannend und tiefgründig erzählte, exakt recherchierte, Geschichte des ersten bekannten Serienmörders ist, sondern auch das pralle und poetische Bildnis einer ganzen Epoche, porträtiert mit hoher künstlerischer Gestaltungskraft, nimmt die "Verfilmung" nur einige beliebige Handlungslemente und Bilder vermantscht sie zu einem Brei und verwässert ihn noch durch erhebliche Kürzungen. Nicht nur ist der Film durch diese Veränderungen historisch falsch bis ins Mark (so verschmolz man die reale Figur des 50jährigen Inspektor Abberline mit der realen Figur des Hellsehers Lees, machte ihn auch noch morphiumsüchtig, gab ihm eine 90er Jahre Frisur und den falschen Akzent), sondern er beraubt sich aller künstlerischer Möglichkeiten und veroberflächlicht das Geschehen bis zum Geht nicht mehr. So wird aus einer Vorlage die, selbst bei einer sehr freien Adaption, zu einer spannenden und tiefgehenden filmischen Auseinandersetzung geradezu eingeladen hätte, ja, ein Ausnahme - Thriller hätte sein können, nicht mehr als Fast Food.

Auf Platz drei landet er dennoch wegen der packenden Grundspannung und seiner außerordentlich hohen Production Values: Der hervorragenden Photographie der prunkvollen viktorianischen Ausstattung - hier wurden einige durchaus ästhetische Tableaus geschaffen - und der brillanten Besetzung (Depp, Robbie Coltrane und Ian Holm), die den Film mit solidem Schauspielhandwerk retten. Besonders Ian Holm (leider nicht einmal erste Wahl der Macher) schmuggelt eine Unzahl von Nuancen und Feinheiten mittels feingliedrigem Spiel in den Menschen William Gull - quasi am Drehbuch vorbei.

Fazit: An der überwältigenden und übermächtigen Vorlage auf allen Ebenen so grandios gescheitert, dass es zum Erbarmen ist, für sich genommen aber ein sehr spannender Reißer.

 



 


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Platz 4: SHERLOCK HOLMES GRÖSSTER FALL (1965) – James Hill

- A STUDY IN TERROR –
 





Auch in dieser 60iger Jahre Verfilmung aus Großbritannien sind es Sherlock Holmes (John Neville) und Dr. Watson (Donald Houston) die die Identität von Jack The Ripper ermitteln, und auch in diesem Film spielt Frank Finlay Inspector Lestrade und auch hier ist ein jüngerer Anthony Quayle in einer Nebenrolle zu sehen. In weiteren Nebenrollen übrigens auch die damals noch ganz unbekannte Judi Dench und der deutsche Charles Regnier.

Die Geschichte basiert zwar auf den Figuren von Conan Doyle, ist aber eine Original-Story von Derek und Donald Ford, die den berühmten Detektiv auf die Spur von Jack the Ripper bringt. Die Geschichte fordert Holmes heraus, diese schrecklichen Verbrechen aufzuklären. Die Ermittlungen führen ihn – in deutlich konventionelleren Bahnen verlaufend als später in „Murder By Decree“- auf die Spur von Aristokratie, Erpressung und Familienwahnsinn. Anders als Scotland Yard in der Realität findet Holmes schließlich die wahre Identität des Rippers heraus.

Die Weltpremiere des Films fand am 4. November 1965 im Leicester Square Theatre im Londoner West End statt. „Das Pastiche A Study in Terror“ stellt ironischerweise den ersten Filmauftritt von Mycroft Holmes dar.

Regie führte hier James Hill, späterer Macher der 70iger Jahre TV-Serie um Vogelscheuche „Worzel Gummdige“ und Regisseur von „Frei gebroren“ (Born Free). Im gesamten Film hat man stets den Eindruck – und das ist kein negativer – eine Produktion von Hammer Films aus den guten alten Bray Studios zu sehen, dem ist jedoch absolut nicht so. Es besteht nur eine hohe stilistische Ähnlichkeit zu den besten Produktionen von Hammer, wenn auch mit höheren Produktion Values.

Für sich genommen eine hervorragende kleine, stilvolle Thrillerschnurre, wenn auch ohne faktische Elemente des realen Falles und ohne die realen Tatumstände. Es ist eine rein fiktionalisierte Aufarbeitung der Verbrechen eines fiktionalen Jack-The-Ripper, die ripperologisch nicht relevant sein kann aber auf gutem Niveau glänzend unterhalten kann.








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Platz 5: JACK THE RIPPER (1959) – Monty Berman, Robert S. Baker

- JACK THE RIPPER –



 

Jack the Ripper ist ein Film aus dem Jahr 1959, produziert und inszeniert von Monty Berman und Robert S. Baker. Er basiert lose auf Leonard Matters' völlig überholter Theorie, dass Jack the Ripper ein Arzt war, der Rache nahm. In dem Schwarz-Weiß-Film spielen Lee Patterson und Eddie Byrne die Hauptrollen, außerdem Betty McDowall, John Le Mesurier und Ewen Solon

Die Handlung ist ein "Whodunit" mit falschen Spuren und einer Auflösung, bei der die unwahrscheinlichste Figur als Täter entlarvt wird. Wie in Matters' Buch „The Mystery of Jack the Ripper“ ermordet der Ripper in diesem altmodischen Gruselschinken Prostituierte, um den Tod seines Sohnes zu rächen.

1926 schlug Matters in einem Zeitschriftenartikel vor, dass es sich bei dem berüchtigten Serienmörder Jack the Ripper um einen angesehenen Arzt handelte, dessen Sohn an der von einer Prostituierten übertragenen Syphilis gestorben war. Matters zufolge beging der Arzt, der sich das Pseudonym "Dr. Stanley" gab, die Morde aus Rache und floh anschließend nach Argentinien.

Matters behauptete, er habe in einer südamerikanischen Zeitung einen Bericht über Stanleys Geständnis am Sterbebett entdeckt.

Er erweiterte seine Ideen 1929 in einem Buch mit dem Titel „The Mystery of Jack the Ripper“. Das Buch wurde als seriöse Studie vermarktet, enthält aber offensichtliche sachliche Fehler, und die Dokumente, auf die es sich angeblich stützt, wurden nie gefunden. Der Krimiautor Edmund Pearson, ein Zeitgenosse von Matters, sagte bissig: "Das Geständnis am Sterbebett hat zu den Fakten der Kriminologie ungefähr die gleiche Beziehung wie die Heldentaten von Peter Rabbit und Jerry Muskrat zur Zoologie. "

Der Ripper-Experte und ehemalige Polizist Donald Rumbelow hielt die Theorie für "mit ziemlicher Sicherheit erfunden",und Stephen Knight, der das Buch „Jack the Ripper: The Final Solution“ schrieb, war der Meinung, dass „die Theorie auf unbewiesenen und offensichtlich falschen Behauptungen basierte"

Dennoch war „The Mystery of Jack the Ripper“ das erste vollständige Buch über den Ripper und inspirierte weitere fiktionale Werke wie den Film „Jack the Ripper“ von 1959 der jedoch Hintergründe, Tatumstände, kriminologische Fakten und auch die Namen der Beteiligten komplett fiktionalisiert. In dieser Filmadaption, die immerhin, trotz ihrer reißerischen Melodramatik, durchaus zu fesseln weiß, wird daraus ein altmodischer Gruselschinken in der Tradition des Grand Guignol in dem nahezu nichts den Tatsachen der Ripper-Morde entspricht.






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Platz 6: SCOTLAND YARD GREIFT EIN (1944) – John Brahm

- THE LODGER –



 

„Scotland Yard greift ein“ ist ein amerikanischer Horrorfilm von 1944 über Jack the Ripper, in vollständig fiktionalisierter Form, der auf dem gleichnamigen Roman von Marie Belloc Lowndes aus dem Jahr 1913 basiert. In den Hauptrollen sind Merle Oberon, George Sanders und Laird Cregar zu sehen, ebenso ist Sir Cedric Hardwicke zu sehen. die Regie führte John Brahm nach einem Drehbuch von Barré Lyndon.


Lowndes' Geschichte war bereits 1927 von Alfred Hitchcock als Stummfilm verfilmt worden. Hitchcocks brillanter „The Lodger: A Story of the London Fog“ nimmt aber alle Bezüge zum historischen Mordfall Jack The Ripper und zu dessen Zeit heraus und kreiert einen Würger im Londoner der 20er-Jahre, weshalb seine Fassung keinen Platz in dieser Liste finden kann.

Mr. Slade, gespielt von Laird Cregar, ist Untermieter im Haus einer Familie im London des 19. Jahrhunderts. Das gilt auch für die Sängerin Kitty Langley, die Slades Interesse geweckt hat. Im Stadtteil Whitechapel werden Frauen brutal ermordet. Scotland Yard ermittelt, und ein Detektiv, John Warwick, beginnt, seinen Verdacht in Slades Richtung zu lenken. In der Zwischenzeit hat auch Kitty eine Zuneigung für Mr. Slade entwickelt…

In einem ihrer Memoiren erwähnt Belloc Lowndes, was sie dazu brachte, einen Roman über Jack the Ripper zu schreiben. Bei einem Abendessen saß sie neben einem Mann, der ihr von zwei Personen erzählte, die seinem Vater gedient hatten. Ein Butler und ein Dienstmädchen, die, nachdem sie geheiratet hatten, beschlossen, eine Pension zu eröffnen. Der Mann erzählte Lowndes, dass dieses Paar glaubte, der Mörder habe eine Nacht in ihrer Pension verbracht, bevor er "den schrecklichsten seiner Morde" beging. Nachdem sie die Geschichte gehört hatte, beschloss sie, dass sie als Grundlage für eine "eindrucksvolle Kurzgeschichte" dienen könnte – die sich dann zum Roman auswuchs.
 

Die New York Times gab dem Film eine vergiftet positive Kritik:

„Wenn "The Lodger" dazu gedacht war, das Rückgrat zu erschüttern - was in der Tat der Fall gewesen sein muss, wenn man all das Chaos bedenkt, das Mr. Cregar als der mysteriöse, psychopathische Pathologe des Titels zu begehen hat - dann stimmt etwas nicht mit dem Film. Aber wenn er als schlaue Travestie auf die melodramatische Technik des schwerfälligen Anhäufens von Verdacht auf Verdacht (und des Einhüllens des Ganzen in einen Mantel aus grüblerischen fotografischen Effekten) gedacht war, dann ist The Lodger äußerst erfolgreich."

The Variety schrieb: 

"Mit einer guten Besetzung, einer scharfen Regie und einem straffen Drehbuch hat 20th-Fox ein fesselndes und bisweilen Gänsehaut erzeugendes Drama geschaffen".



 



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Platz 7: DER UNHEIMLICHE UNTERMIETER (1953) – Hugo Fregonese

- THE MAN IN THE ATTIC –


 




Auch das zweite schwarzweiße Remake des Romans von Marie Belloc-Lowndes spielt in London im Jahr 1888.

In der dritten Nacht der Jack-the-Ripper-Morde kommt Mr. Slade (großartig: Jack Palance), ein Forschungspathologe, recht spät im Haus von Mr. und Mrs. Harley an, um ein Zimmer zu mieten. Slade mietet ein Zimmer und einen Dachboden, die er für seine Forschungsarbeit benötigt. Mrs. Harley fällt auf, dass Slade sich seltsam verhält, z. B. dreht er mehrere Bilder von Schauspielerinnen an die Wand und sagt, er spüre ihre Augen auf sich gerichtet. Er erwähnt auch, dass er gewöhnlich bis spät in die Nacht hinein arbeitet, aber er erklärt nicht, worum es bei seinen Forschungen geht.

Mrs. Harleys Nichte, Lily Bonner, kommt kurz darauf zu Besuch; sie ist eine schöne Schauspielerin und Sängerin, die gerade von einer erfolgreichen Bühnenproduktion in Paris zurückgekehrt ist. Slade verlässt das Haus für den Abend, trägt einen Ulster-Mantel und eine kleine schwarze Arzttasche und trifft Lily vor ihrer Premiere in London. Im Theater besucht eine alte Kollegin von Lily sie hinter der Bühne, aber sie wird später vom Ripper ermordet. Und Inspektor Warwick, der die Morde untersucht, erzählt Lily, dass der Verdächtige mit einem Ulster-Mantel und einer kleinen schwarzen Arzttasche gesehen wurde…

Zwar ist es hier Mrs. Harleys Nicht die in Gefahr gerät und nicht , wie im Roman, deren Tochter, ansonsten hält sich diese Version noch am engsten an den Roman von Belloc-Lowndes.

Für diese Verfilmung – für sich genommen ein spannendes Garn (von eher geringer Halbwertszeit), das aber mit dem realen Mordfall nur wenig zu tun hat – schrieb Robert Presnell jr, bekannt für verschiedene denkwürdige Originalepisoden der „Twilight Zone“, das Drehbuch zusammen mit Barre Lyndon. Diese Verfilmung verfügt nicht über ganz die atmosphärische Dichte ihrer Vorgänger. Regie führte hier der in Hollywood erfolgreiche Argentinier Hugo Fregonese, der später in Deutschland auch “Old Shatterhand“ und „Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse“ auf die Leinwand bringen sollte. Die Musik stammt von Hugo Friedhofer, der schon Errol Flynns „Die Abenteuer des Robin Hood“ , Hitchcocks „Lifeboat“ und später zahlreiche Westernklassiker vertont hatte. Außerdem hatte er auch für die Vorgängerverfilmung „Scotland Yard greift ein“ die Musik verfasst.






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Platz 8: THE RIPPER – DER SCHLITZER“ (1997) – Janet Meyers

- THE RIPPER –



 

Im Jahr 1888 wird in London eine Prostituierte auf offener Straße ermordet. Der Scotland-Yard-Chefinspektor Jim Hansen (Patrick Bergin) leitet die Ermittlungen und stellt fest, dass es sich bei dem Mörder um eine Person handelt, die sich mit dem Sezieren auskennt. Hansen gehört der Unterschicht an und strebt nach sozialem Aufstieg. Bald geschehen weitere Morde, und die ehemalige Prostituierte Florry Lewis (Gabrielle Anwar) wird Zeugin, wie der Mörder eine Prostituierte tötet, und ist gezwungen, ins Revier zu gehen, um Scotland Yard einen Hinweis zu geben.

Inspektor Hansen beauftragt Sgt. Tommy Bell mit dem Schutz von Florry und er untersucht die Mordfälle. Prinz Albert Victor, der Thronfolger von England (Samuel West), wird zu seinem Hauptverdächtigen, aber sein Chef Sir Charles Warren (Michael York) sagt, dass sie stichhaltige Beweise gegen den Prinzen brauchen, um den Fall weiter zu verfolgen….

Der TV Film mit dem einfallslosen Titel entstand nach einem Drehbuch von Robert Rodat (Autor von „Amy und die Wildgänse“ und „Der Soldat James Ryan“- für Letzteren erhielt eine Oscarnominierung) und wurde von Janet Meyers mit stilsicherer Hand inszeniert. Zwar handelt es sich um eine weitere total fiktive Ausarbeitung des Themas, aber immerhin eine geschickte und interessante, die sich weit ins Spekulative wagt. Ausstattung, Kostümdesign, ja die ganze Nachgestaltung der Epoche sind hochgradig authentisch und sehr gelungen, die Schauspielerleistungen durchaus überzeugend und auch an Momenten des Unheimlichen mangelt es nicht. Immerhin stimmen hier die Namen der Mordopfer historisch exakt.

Insgesamt aber stellt sich die Frage warum genau es auch diese Fassung noch brauchte, zumal sie keine neuen Impulse in der Gestaltung des Themas setzt.




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Platz 9: JACK THE RIPPER - EINE FRAU JAGT EINEN MÖRDER (2016)




 

Schon die Vorberichte und Trailer ließen den Kenner des Falles und der Zeit Schlimmes vermuten: Im Zimmer des möglicherweise unschuldigen Jakob Kosminski wird die Leiche der zerstückelten Mary Jane Kelly gefunden, daraufhin wird er als Serienmörder Jack The Ripper verhaftet und ins Irrenhaus eingeliefert. Seine Schwester Anna (Sonja Gerhardt) kommt ihn, nichtsahnend, aus Deutschland besuchen – und erfährt schockiert die Wahrheit. Sie wird Polizeifotografin, trifft auf Inspektor Abberline (fast 20 Jahre zu jung: Falk Hentschel) und dessen Vorgesetzten Chief Inspector Briggs (frei erfundene Figur) und lernt im Atelier von Samuel Harris (fiktive Figur) auch den mysteriösen Fotografen und Bewegtbildforscher David Cohen (Sabin Tambrea) kennen. Leidenschaftlich versucht sie ihren Bruder reinzuwaschen….

WAS NICHT STIMMT: Fast alles. Und wenn man das schon völlig unbesehen sagen kann, ist das kein gutes Zeichen. Zunächst einmal: Mary Jane Kelly wurde in ihrem eigenen Zimmer aufgefunden, technisch gesehen in mehreren Einzelteilen. Übrigens auch nicht von Kerzen umgeben wie im Filmausschnitt. Es war der Einzige Indoor Mord des Rippers. Ein Tatverdacht fiel – kurzzeitig – auf ihren Geliebten Joseph Burnett, ließ sich aber nicht erhärten. Es gab zwar, später, einen lose Tatverdächtigen namens Kosminski, der hatte aber mit Kellys Zimmer nichts zu tun, und hieß Aaron und nicht Jakob. Er landete zwar im Irrenhaus, starb aber auch dort, denn eine Schwester namens Anna, die ihn hätte retten können, gab es nicht. Zudem stammte der verwirrte Mann aus Polen, nicht aus Deutschland. Es gab auch einen Tatverdächtigen namens David Cohen, der jedoch war kein Fotograf, landete ebenfalls im Irrenhaus und starb ebenfalls dort. Die Meisten anderen Figuren sind hier ohnehin fiktiv. Die Polizei nutzte damals bereits Fotos (auf Bildplatten), aber professionelle Polizeifotografen als Beruf gab es nicht, für Frauen waren alle Polizeiberufe verschlossen. Filme auf Zelluloidstreifen, wie im Trailer zu sehen, gab es nicht vor 1893/94 also sechs Jahre später, und die hier gezeigte Projektionstechnik gab es sogar erst ab November 1895 – mit der ersten öffentlichen Filmvorführung der Welt durch die Brüder Skladanowsky in Berlin (erst von ihren ersten Tourneen kam später der Ausdruck „Bewegtbild“ für Filme). Also wird hier filmhistorisch recht deutlich gemogelt.



 

Schon das Herzstück und die Hauptprotagonistin des Filmes sind somit völlig fiktiv.

Wenn man sich dann noch bewußt macht, dass die Handlung erst nach dem LETZTEN Rippermord (Kelly war das letzte der fünf kanonischen Opfer) und somit dem ENDE der Mordserie einsetzt, fragt man sich: Was soll der Mehrwert der Verfilmung eines historischen Kriminalfalls sein, die den historischen Kriminalfall völlig ausklammert, Details verfälschend durcheinanderwirbelt und als einzige Neuerungen eine Galileo Moderatorin als Mordopfer und einen Ripper mit extrem auffälliger Sack-Gesichtsmaske zu bieten hat, die die sofortige Festnahme zur Folge gehabt hätte? Dann auch noch die Vorhersehbarkeit: Wenn Schurkendarsteller Sabin Tambrea, mit bösem Schurkenscheitel versehen, den Namen eines Tatverdächtigen trägt – wer wird wohl der Mörder sein?

Zwar heißt es, die weibliche Protagonistin solle einen ganz neuen Blick auf das Geschehen vermitteln, der „Mary Reilly Faktor“ sozusagen, nur leider ist der Blick ganz und gar nicht neu. Zuletzt wurde das 1999 in dem fürchterlich schlechten „Jack the Ripper lebt“ mit Faye Dunaway gemacht.

Fazit: Eine absolut 100% fiktionale Thrillerschnurre mit allerdings tollem Kostüm- und Produktionsdesign, der sich den historischen Kriminalfall in fragwürdiger Weise aneignet. Er wird dem tatsächlichen Geschehen nicht gerecht, und unternimmt auch keinerlei Versuch dazu. Immerhin recht spannend gemacht und mit sehr guter Hauptdarstellerin (Sonja Gerhardt, bekannt aus „Die wilden Hühner“) die allerdings mit den ungenügenden Dialogen, die hauptsächlich darin bestehen, dass sie alle 10 Sekunden „Abberline!“ oder „Harris!“ rufen darf, nicht viel retten kann. Am Ende konnte man mit einer so nie zuvor benutzten (weil extrem unlogischen) Auflösung sogar zum Teil überraschen.







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Platz 10: JACK THE RIPPER LEBT (1999) – William Tannen

- LOVE LIES BLEEDING –




 

Als das 19. Jahrhundert zu Ende geht, ist London eine Stadt, die von Armut, Klassenkampf, Krankheiten und unsäglichen Verbrechen heimgesucht wird. Mitten in diesem Chaos lebt Catherine Ringward, eine schöne junge Frau, die davon träumt, als Journalistin Karriere zu machen. Als eine Reihe grausamer Morde geschieht, gerät Catherine in die größte Fahndung, die London je erlebt hat.

Die Beziehung zwischen Catherine und dem Chirurgen Jonathan Stevens (Paul Rhys) droht zu zerbrechen, da ihr Verlobter möglicherweise in die grausamen Morde an jungen Prostituierten im Whitechapel-Viertel verwickelt ist. Doch Inspektor Frederick Abberline (Wayne Rogers) verhaftet einen anderen verdächtigen Chirurgen ...

Je näher sie der Identität des brutalen Mörders kommt, desto klarer wird ihr, dass er sie niemals leben lassen wird, um die Geschichte zu erzählen.

Diese völlig fiktionalisierte Ripper-Story, kreisend um eine fehlbesetzte Faye Dunaway, versucht einen emanzipatorischen Blickwinkel, der , so interessant er sicher wäre, schon daran scheitert, dass ein Mann das Drehbuch schrieb und ein anderer Regie führte. Sie bietet unter anderem Paul Rhys, Malcolm McDowell und Wayne Rogers auf, eine durchaus interessante Besetzung, verlässt jedoch niemals die ausgetretenen Pfade des allzu Vorhersehbaren und leidet obendrein an arg schleppendem Tempo und nachgerade bleierne Langeweile. Es gibt praktisch keinen Grund den man anführen könnte, um die Sichtung dieses blassen TV-Süppchens zu empfehlen.






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Platz 11: JACK THE RIPPER – DER DIRNENMÖRDER VON LONDON  (1976) – Jess Franco

 



„Ich entscheide mich für den Schweizer Film Jack The Ripper in Zürich. Ich drehe den Scheiß in acht Tagen herunter. Den Rest der Zeit spiele ich Tennis, auch im strömenden Regen, bis mir Hände und Füße bluten und ich vor Blasen nicht mehr gehen noch stehen kann.“ 

So schreibt Klaus Kinski selbst und spricht damit treffend aus, was über diesen reißerischen Fetzen von Genre-Gigant Jesus Franco Manera, alias Jess Franco zu sagen ist.

Verantwortlich für das Desaster sind außer Kinski, dem es irgendwie (anders als Jospehine Chaplin, die unbekanntere der Chaplin-Töchter) gelingt einen Rest von Würde zu wahren, der thrillererfahrene Sex-Film-Produzent Erwin C. Dietrich und die schweizer Brüder Peter (Kamera) und Walter (Musik) Baumgartner, die sich ihre Meriten ebenfalls in der Sexfilm-Welle erarbeiteten.

Kinski spielt in dem küchenpsychologisch aufgeladenen Streifen den Arzt Dr. Orloff – der ein grausiges Doppelleben führt. Er ist Jack the Ripper, der Dirnenmörder aus dem Londoner East End. Gequält von Erinnerungen an seine Mutter, die eine Prostituierte war, sucht er nachts Dirnen auf, vergewaltigt und ermordet sie auf grausame Weise und schneidet dann ihre Leichen in Stücke, von denen Teile sukzessive und teils buchstäblich wiederauftauchen. Inspektor Selby von Scotland Yard wird auf den Fall angesetzt. Seine Ex-Freundin, die Balletttänzerin Cynthia, hat einmal den Mörder gesehen und sucht nun als Prostituierte verkleidet die Orte auf, an denen die Opfer zuletzt gesehen wurde….

Ein fast unverzeihliches Machwerk. Unter filmischen Gesichtspunkten schwer erträglich, unter ripperologischen ein Totalschaden, in dem buchstäblich nichts stimmt und auch nichts recherchiert wurde. Mit dem echten Fall gibt es eigentlich nur über den Titel einen Bezug.








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HONORABLE MENTIONS:



STAR TREK, TOS „DER WOLF IM SCHAFSPELZ" (1967, Staffel 2, Folge 7) – Joseph Pevney

- WOLF IN THE FOLD -



 

Montgomery Scott befindet sich auf Argelius II in Begleitung von Captain Kirk und Doktor McCoy in medizinischem Urlaub, nachdem er sich durch den Fehler eines weiblichen Besatzungsmitglieds eine schwere Kopfverletzung zugezogen hat. McCoy glaubt, dass die sexuell freizügige argelianische Kultur Scotts "totale Abneigung gegen Frauen" heilen wird. Auf dem Planeten versammeln sie sich in einem Café und sehen dem verführerischen Tanz einer argelianischen Frau zu, der an Bauchtanz oder nahöstliche Tänze der Erde erinnert. Scott ist besonders von der Tänzerin fasziniert. Er schlägt ihr vor, einen Spaziergang im Nebel zu machen, und sie stimmt freudig zu.

Als Kirk und McCoy später die dicht vernebelte Gasse betreten, hören sie die Schreie einer Frau und stellen bald fest, dass es sich um die Tänzerin handelt, die mit Scott gegangen ist. Sie hat ein Dutzend Messerstiche abbekommen und ist tot. In der Nähe finden sie Scott, der an der Wand lehnt und ein blutverschmiertes Messer in der Hand hält…
Die Ermittlungen führen die Besatzung der Enterprise auf die Spur eines bösartigen, körperlosen Wesens, das humanoide Körper annimmt und von Planet zu Planet reist, um Frauen zu ermorden und sich von deren Angst zu ernähren, eines Wesens das auf der Erde des 19. Jahrhunderts in Whitechapel seine blutige Spur hinterließ.

Laut Spock würde ein Wesen, das sich von Angst und Schrecken ernährt, auf Argelius ein perfektes Jagdrevier finden - ein Planet ohne Gewalt, auf dem die Bewohner so friedlich wie Schafe sind und das Wesen ein hungriger Wolf in dieser Herde….


Die bekannte TV-Episode, geschrieben von „Psycho“- Autor und Lovecraft-Adept Robert Bloch, war nicht dessen erster Abstecher ins Ripper-Thema. Die Séance-Szene, die in der Dunkelheit und einem Mord endet, ähnelt sehr einer Szene in der klassischen Kurzgeschichte „Yours Truly, Jack The Rippe“r desselben Robert Bloch. Bevor sie als lose Grundlage für diese Trek-Episode diente, wurde Blochs Kurzgeschichte 1961 in einer Episode von „Thriller“ adaptiert, die ebenfalls den Titel „Yours Truly, Jack The Ripper“ trug.




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"FLUCHT IN DIE ZUKUNFT (1979)" - Nicholas Meyer

- TIME AFTER TIME -


 

 

Eine weitere lobende Erwähnung verdient unbedingt der brillante Sci-Fi-Thriller (inklusive Kulturclash) „Flucht in die Zukunft“ von „Star Trek II“ Autor Nicholas Meyer, in dem ein umwerfender Malcolm McDowell als H.G. Wells dem Ripper vom 19. Ins 20. Jahrhundert folgt, als dieser, gespielt von David Warner, in Wells Zeitmaschine aus dem Londoner Nebel entkommen kann.

Ausführliche Besprechung findet sich hier: https://uncahierducinema.blogspot.com/2022/01/time-after-time-1979-dt-flucht-in-die.html



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Sollte sich an dieser Stelle jetzt jemand fragen, nachdem all diese Filme nicht den tatsächlichen, höchstwahrscheinlichen Täter enthüllen, wer denn nun wirklich jener Ripper war, der London im Herbst 1888 in Panik versetzte, so kann ich an dieser Stelle auch diese Frage beantworten.

Wenn ich mich nicht sehr irre, und nach all den Jahren der Beschäftigung mit dem Thema glaube ich nicht mehr, dass ich mich irre, dann ist dieser Mann hier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Jack The Ripper: