Der Titel dieses Blogs spielt natürlich auf das berühmte Magazin "Cahiers Du Cinema" (Notizen zum Kino) an, dessen Filmkritiker Francois Truffaut und Claude Chabrol später Regisseure und Wegbereiter eines neuen französischen Kinos wurden.
Dennoch ist dies kein arthouse Blog. Es ist ein Blog über die Liebe zum Film. Gute Filme. Und sehr schlechte. Egal woher sie stammen. Egal wie sie zu klassifizieren sind.

Samstag, 25. Juni 2022

„DER ROSAROTE PANTHER (1963)“ – EIN FILM WIE EIN GLAS CHAMPAGNER!














Da mittlerweile Viele nur noch die grauenerregend schlechten Remakes mit Steve Martin kennen, liegt mir dieser Tipp besonders am Herzen. Sagen wir, ich fühle mich verpflichtet eine Lanze für das hinreißende Original zu brechen…



 



EDELSTEINHÄNDLER 1: Wie jeder Stein dieser Größe hat auch dieser einen Makel.

SULTAN: Ein Makel?

EDELSTEINHÄNDLER 2: Der kleinste Makel, Eure Exzellenz.

EDELSTEINHÄNDLER 1: Wenn Sie tief in den Stein hineinschauen, werden Sie eine winzige Verfärbung erkennen. Sie ähnelt einem Tier.

SULTAN: Einem Tier?

EDELSTEINHÄNDLER 1: Ein kleiner Panther.

SULTAN: Ja! Ein rosaroter Panther. Komm her, Dala. Ein Geschenk an deinen Vater von seinem dankbaren Volk. Eines Tages wird er dir gehören. Der schönste Diamant auf der ganzen Welt. Komm näher.


 






DER PLOT:




Der raffinierte Gentleman-Einbrecher (cat burglar) Sir Charles Lytton (Sir David Niven), das mysteriöse "Phantom" das die Polizei schon lange sucht, hat es auf einen unbezahlbaren Diamanten namens "der rosarote Panther" abgesehen, der sich im Besitz der bezaubernden indischen Prinzessin Dala (Claudia Cardinale) befindet.

Die Prinzessin weilt im Moment mondän im romantisch verschneiten Luxus-Skiort Cortina D'Ampezzo in Italien, wo sie ihren Urlaub verbringt.




Sir Charles Lytton (David Niven) mit einem blutjungen Jonathan Hart auf Eroberungskurs



Der charmsprühend-weltmännische Lytton folgt ihr dorthin, einen raffinierten Plan im Gepäck, aber es gibt zwei Dinge die er nicht weiss: Erstens, sein nichtsnutziger Neffe (Robert Wagner), der wiederum nichts von der Verbrecherlaufbahn des Onkels weiss, und selbst vor Gaunern fliehen musste, ist auch auf dem Weg dorthin- und, zweitens der tragikomische, tapsige Inspecteur Jacques Clouseau (grandios: Peter Sellers) hat bereits die Spur aufgenommen und reist ebenfalls an.


Was Clouseau wiederum nicht weiss: Seine wunderschöne Ehefrau Simone (Cappucine) ist in Wirklichkeit die Geliebte des Phantoms....



Touristen im Wintersport-Ort: Phantom, Prinzessin, Inspektor...






INSPEKTOR JACQUES CLOUSEAU: Ich bin bereit, mit Ihnen um zehntausend Francs zu wetten, dass das Phantom in diesem Augenblick in Cortina ist. Vielleicht sogar in diesem Zimmer.

SIMONE CLOUSEAU: Wie aufregend. Was meinen Sie, Mr. Tucker?

TUCKER: Oh, ich stimme dem Inspektor zu. Sehen Sie, zehn seiner letzten fünfzehn Opfer waren Gäste auf Angela Dunnings Partys.

SIR CHARLES LYTTON: Worüber reden wir hier eigentlich?

SIMONE CLOUSEAU: Das berüchtigte Phantom.

PRINZESSIN DALA: Ich fürchte, ich habe noch nie von ihm gehört.

SIR CHARLES LYTTON: Nach dem Wenigen, was ich über ihn gelesen habe, scheint er ein ganz schönes Früchtchen zu sein.

INSPEKTOR JACQUES CLOUSEAU: Das können Sie mir glauben. Es gibt nur wenige Diebe, die so clever sind wie das Phantom. Jeder Diebstahl ist völlig anders und einzigartig, klassisch in seiner Konzeption.

GEORGE LYTTON: Ich dachte, Sie arbeiten mit der Theorie, dass er sich wiederholt.

INSPEKTOR JACQUES CLOUSEAU: Nun, nur was die Partys von Angela Dunning betrifft. Es gibt jedoch noch eine weitere Wiederholung, aber das ist sein ah... Markenzeichen, seine Visitenkarte sozusagen. Er hinterlässt immer einen weißen Handschuh mit Monogramm.

PRINZESSIN DALA: Das klingt furchtbar theatralisch.





Clouseau wäre gern ein eiskalter Greifer - leider hat der liebenswerte Tropf den Feind im Bett




Und so nehmen im noblen Wintersportort unvermeidliche groteske Verwicklungen ihren Lauf, die immer verrückter (und amüsanter) werden, mit jugendlichen Liebhabern die sich in Schaumbädern verstecken, Ski-Verfolgungsjagden im Schnee, Gentleman-Einbrechern die durch Hotelflure schleichen und Champagnerflaschen die im Bett explodieren,  bis sie, nach einer Entführung, einer Kostüm-Party mit zwei Gorillas, und dem komischsten Kreisverkehr der Filmgeschichte letztlich in einem Finale furioso gipfeln.



Wer plätschert da in meinem Bade ?






SIMONE CLOUSEAU: Jacques würde einen wunderbaren Vater abgeben. Er hat viele gute Eigenschaften, weißt Du.

SIR CHARLES LYTTON: Nenn eine.

SIMONE CLOUSEAU: Oh, er ist gütig, loyal, treu, gehorsam.

SIR CHARLES LYTTON:  Du bist entweder mit einem Pfadfinder oder einem Dachshund verheiratet.

SIMONE CLOUSEAU: Und er betet mich an.

SIR CHARLES LYTTON: Damit scheiden die Pfadfinder aus.







David Niven und Cappucine



Verfolgungsjagd für die Ewigkeit: Drei "Affen" und ein Kreisel





Blake Edwards' (zusammen mit dem oscarprämierten „Bettgeflüster“-Autor Maurice Richlin auch Drehbuch) großartige Mischung aus auf den Punkt perfekt getimter, eleganter Hotel- und schlitzohriger Krimikomödie, die mit hohen production values punkten kann, sprüht vor Witz, Eleganz, Stil, wohltemperiertem Wortwitz, ist voller Schwung, und garniert mit genau der richtigen Dosis physical comedy.



Der atemberaubende Schauplatz, in den italienischen, winterlichen Dolomiten, eingefangen in flirrenden Swinging-Sixties-Bildern, tut ein Übriges.


ö

Kardinaler Spaß: Claudia Cardinale im Schnee




Zeugen der Entführung: David Niven und La cardinale


Der Film wurde in Cortina d'Ampezzo, Rom und Rocca di Papa, Paris, Frankreich, und Los Angeles, USA, im Technirama-Verfahren gedreht. Die Verfolgungsszene auf der Piazza (gedreht auf der Piazza della Repubblica in Rocca di Papa) ist eine direkte Hommage an eine ähnliche Sequenz bei Minute 26 von Alfred Hitchcocks  „Der Auslandskorrespondent“ (1940).



Selten waren die 60iger so köstlich, charmant und beizeiten sogar auf subtile Weise sexy....das filmische Pendant zu einem prickelnden Glas Sekt!








SIR CHARLES LYTTON: Trinken Sie nicht?

PRINZESSIN DALA: Ich trinke nicht.

SIR CHARLES LYTTON: Niemals?

PRINZESSIN DALA: Ich begnüge mich mit der Realität. Ich habe kein Bedürfnis zu fliehen.

SIR CHARLES LYTTON: Nun, ich genieße die Realität genauso wie jeder andere. Nur gehört in meinem Fall glücklicherweise zur Realität ab und zu starker Drink. Andererseits rauche ich nicht.

PRINZESSIN DALA: Stimmt, das ist eine üble Angewohnheit.

SIR CHARLES LYTTON: Auf all die üblen kleinen Angewohnheiten, die uns so wichtig sind.

 

(...)

 

PRINZESSIN DALA: (beschwipst vom Champagner) Ich war drei Jahre alt, als ich auf meinem ersten Elefanten ritt. Ich war sechs, als ich auf meine erste zsrafari... frazari... Wildtierjagd ging. Und ich war zehn, als ich meinen ersten Tiger erlegt habe. Aber ich werde nie mein liebes kleines Pony vergessen.

SIR CHARLES LYTTON: Wann haben Sie es erlegt?




Ein Schwätzchen in Ehren....





Herausragend die heute weltberühmte Filmmusik von Henry Mancini und der brillante, von den Trickfilmer-Genies David dePatie und Fritz Freleng gestaltete Zeichentrick-Vorspann, in dem der rosarote Panther (eigentlich ja ein Diamant) als Paulchen Panther zum ersten Mal lebendig wird.



In einer Szene in der Ski-Lodge singt Fran Jeffries das atmosphärische "Meglio stasera (It Had Better Be Tonight)", das damals zum Hit avancierte:









Ursprünglich war die Rolle des Inspektor Clouseau für Peter Ustinov vorgesehen, der kurz vor Beginn der Dreharbeiten absagte. Daraufhin wurde dem bis dahin international unbekannten Peter Sellers die Rolle angeboten, der für eine Gage von 90.000 Britischen Pfund zusagte.

Peter Sellers gelang mit seiner sensationellen Darstellung des tollpatschigen Clouseau, den er mit unermesslicher Würde zeichnet, der internationale Durchbruch. Entwickelt hatte er die Figur, samt Akzent und Schnauz, während des Flugs zum Drehort, wo er mit einer Spontandarbietung die Stewardessen verstörte...






Und wurde sie nicht mehr los.



Die FIGUR, nicht die…äh….Stewardessen.


In 5 Fortsetzungen spielte Sellers, nicht immer ganz freiwillig, bis 1978 den grotesken Mann mit dem Trenchcoat.








Ursprünglich war der Film als Vehikel für David Niven gedacht, was sich in seiner Star-Nennung widerspiegelte. Als Edwards den Film drehte und mehrere Takes mit improvisierten Szenen verwendete, wurde klar, dass Sellers, der ursprünglich als Nebendarsteller vorgesehen war, allen die Schau stahl (https://www.dailymotion.com/video/xqrtmw - Aus: The Life And Death of Peter Sellers, mit Geoffrey Rush als Sellers und John Lithgow als Edwards)


Dies führte dazu, dass er in allen Fortsetzungen des Films die Hauptrolle spielte. Als er bei einer späteren Oscar-Verleihung auftrat, bat Niven darum, dass die Musik für seinen Auftritt nicht mehr das "Pink Panther"-Thema sein sollte, denn "das war nicht wirklich mein Film".



Die deutsche Fernseh-Erstausstrahlung des Films war am 1. März 1975 um 20:15 Uhr im ZDF.




Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss - und wenn es in Rüstung ist!




Im Gefolge entstanden auch 124 Zeichentrick-Kurzfilme um Paulchen Panther, aus den Studios von DePatie und Freleng, von denen einer, "The Pink Phink", 1964 den Kurzfilm-Oscar gewann. (Komplett:








In Deutschland wurden die Cartoons in der Reihe "Der rosarote Panther" gezeigt, mit Erzähltertexten in Reimform, gesprochen von Gerd Günther Hoffmann (deutsche Stimme von Sean Connery und Rock Hudson















Mittwoch, 22. Juni 2022

Das Urteil von Nuernberg

 


„Das Urteil von Nürnberg (1961) (Judgment At Nuremberg) – Must See Klassiker!




Stab

Regie Stanley Kramer
Drehbuch Abby Mann
Produktion Stanley Kramer
Musik Ernest Gold
Kamera Ernest Laszlo
Schnitt Frederic Knudtson

Besetzung:
Spencer Tracy: Richter Dan Haywood
Burt Lancaster: Ernst Janning
Richard Widmark: Colonel Tad Lawson
Maximilian Schell: Hans Rolfe
Marlene Dietrich: Frau Berthold
Judy Garland: Irene Hoffman Wallner
Montgomery Clift: Rudolph Petersen
William Shatner: Captain Harrison Byers
Werner Klemperer: Emil Hahn
Torben Meyer: Werner Lampe
Martin Brandt: Friedrich Hofstetter
Kenneth MacKenna: Richter Norris
Ray Teal: Richter Ives
Joseph Bernard: Major Radnitz
Alan Baxter: Brig.Gen. Merrin
Edward Binns: Senator Burkette
Virginia Christine: Frau Halbestadt
Ben Wright: Herr Halbestadt
Howard Caine: Hugo Wallner
Karl Swenson: Anwalt Dr. Geuter
John Wengraf: Dr. Karl Wieck
Olga Fabian: Frau Elsa Lindow
Otto Waldis: Pohl, gefangener KZ-Leiter
Paul Busch: Chauffeur Schmidt
Bernard Kates: Max Perkins, Reporter


Für alle die den Film nicht kennen und die sich gegen rechts engagieren ist dieses für 11 Oscars nominierte, legendäre Gerichtsdrama mit Starbesetzung absolutes Pflichtprogramm – einer der besten Justizfilme der Filmgeschichte und ganz großes Schauspielerkino. Nach dem oscarprämierten Drehbuch von Abby Mann dramatisiert der wuchtige Film das Verfahren gegen die NS-Richter während der Nürnberger Prozesse.



1948:

Längst schon hat die internationale Öffentlichkeit das Interesse an einer Aufarbeitung der Nazidiktatur verloren, der kalte Krieg winkt. So kommt es, dass es der unbekannte, gemütliche Provinzrichter Dan Haywood (Spencer Tracy) ist, der berufen wird, den Vorsitz über den Prozess gegen die Nazi-Richter zu führen. 



Er reist in das zerstörte Nürnberg. Im Prozess sticht der ehemalige Weimarer-Jurist Ernst Janning (Burt Lancaster) der eisern schweigt, als Hauptangeklagter heraus. Trotz der erdrückenden Beweise die Chefankläger Colonel Lawson (Richard Widmark) liefert, erweist sich der Fall als schwieriger denn geplant.



Denn Jannings Pflichtverteidiger, der brillante junge Anwalt Hans Rolfe (Maximilian Schell) bringt nicht nur Gewißheiten und Schwarzweissdenken ins Wanken, nimmt andere verantwortliche Key Player für den Aufstieg der Nazis (Vatikan, US Industrie) in die Verantwortung, sondern zerfetzt die Aussagen von Schlüsselzeugen, wie dem von den Nazis zwangssterilisierten Rudolf Petersen (Montgomery Clift) und der vormals wegen Rassenschande verurteilten Irene Hoffmann-Wallner (Judy Garland).

Maximillian Schell und Richard Widmark 



Ist ein Schuldspruch überhaupt noch möglich? 

Montgomery Clift 


Und kann Offizierswitwe Frau Bertholt (Marlene Dietrich) Richter Haywood überzeugen, dass nicht alle Deutschen Monster sind?

Tracy und Marlene Dietrich


Alles kulminiert im Urteil eines einzigen Mannes, hängt ab vom Gewissen eines einzelnen, von allen unterschätzen Kleinstadt-Richters….

Die Antwort erhält der Zuschauer beinah drei hochspannende Stunden später nach einigen der besten Dialogduelle, Plädoyers und Reden, die die Kinogeschichte zu bieten hat. 


Der als sozial engagiert bekannte Regisseur Stanley Kramer („Flucht in Ketten“ und „Rat mal wer zum Essen kommt“ mit Sidney Poitier, sowie „Wer den Wind sät“ mit Spencer Tracy) gelang mit dem famos gespielten, explosiven Justizdrama ein wahrer Meilenstein.

Wie schon in dem Live-Fernsehspiel von 1959


dessen Kino-Remake der Spielfilm ist, ist einer der gewagten (und grausigen) Höhepunkte die Stelle an der echte Aufnahmen von der Befreiung des KZs Buchenwald dem Gericht – und dem Kinozuschauer – ungefiltert zugemutet werden.

Unvergesslich!


Und wie schon in dem Live-Fernsehspiel von 1959 übernahm der in Österreich aufgewachsene Schweizer Maximilian Schell die Rolle des Strafverteidigers, eine Figur ganz offensichtlich inspiriert vom jungen Richard von Weizsäcker. Obschon eigentlich eine Nebenrolle, im Vorspann nur an 5. Stelle genannt, hinterließ Schell mit seiner grandiosen Darstellung einen so starken Eindruck, dass er 1961 in einer Sensationsentscheidung den Oscar als Bester Hauptdarsteller gewann – als erster und bis heute einziger deutschsprachiger Schauspieler der gesamten Tonfilm-Ära. Und dies obwohl der ebenfalls großartige Spencer Tracy in derselben Kategorie nominiert war! 





Die Aufnahme des Films war seinerzeit sehr kontrovers. In den USA galt er als „zu amerikakritisch“, in der Bundesrepublik als „extrem deutschfeindlich“ (Marlene Dietrich wurde auf der Weltpremiere in Berlin auf der Straße angespuckt) und im Rest der Welt als „zu differenziert“ abgetan. Vermutlich hat er genau deshalb unbeschadet die Zeit überdauert – weil er zu unbequem ist um zu veralten.

„Das Urteil von Nürnberg“ – das auch mich, besonders in der Arbeit an meinem eigenen Gerichtsdrama „Das Urteil von Perugia“ (siehe amazon kindle) sehr stark geprägt hat – erhielt 11 Oscarnominierungen:

Bester Film des Jahres
Beste Regie: Stanley Kramer
Bestes adaptiertes Drehbuch: Abby Mann nach seinem Fernsehspiel und den Prozessprotokollen der Nürnberger-Prozesse
Bester Hauptdarsteller: Spencer Tracy
Bester Hauptdarsteller: Maximilian Schell
Beste Nebendarstellerin: Judy Garland
Bester Nebendarsteller: Montgomery Clift
Beste Kamera (Schwarzweiß)
Bester Schnitt
Bestes Kostümdesign (Schwarzweiß)
Bestes Produktionsdesign (Schwarzweiß)

Ausgezeichnet wurden das Drehbuch und Hauptdarsteller Schell. Bonmot am Rande: In kleinen Nebenrollen sind Werner „Colonel Klink“ Klemperer als Angeklagter und William “Captain Kirk“ Shatner als Gerichtsdiener zu sehen. 




FAZIT:

Eines der besten Gerichtsdramen die je gedreht wurden, brillant geschrieben und außerordentlich gespielt.

Sophies Entscheidung





Sophies Entscheidung (1982)



Stab:

Stab
Regie Alan J. Pakula
Drehbuch Alan J. Pakula
Produktion Alan J. Pakula,
Keith Barish
Musik Marvin Hamlisch
Kamera Néstor Almendros
Schnitt Evan A. Lottman

Besetzung:

Meryl Streep: Sophie
Kevin Kline: Nathan
Peter MacNicol: Stingo
Günther Maria Halmer: Rudolf Höß
Robin Bartlett: Lillian Grossman
Josh Mostel: Morris Fink
Karlheinz Hackl: KZ-Aufseher




"Sopie's Choice" ist ein feiner, fesselnder, wunderbar gespielter, herzzerreißender Film. Er handelt von drei Menschen, die vor einer Reihe von Entscheidungen stehen, manche frivol, manche tragisch. Während sie in der Verwirrung des Menschseins im Zeitalter des Wahnsinns zappeln, werden sie unsere Freunde, und wir lieben sie.

Roger Ebert, Kritikerlegende

Peter MacNicol, Meryl Streep und Kevin Kline


1979 schrieb William Clark Styron seinen Roman "Sophies Entscheidung".
Das Buch gewann den National Book Award für den besten Roman des Jahres.



"Sophie's Choice" löste zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung erhebliche Kontroversen aus. Es wurde in Südafrika verboten, in der Sowjetunion zensiert und im kommunistischen Polen wegen "seiner schonungslosen Darstellung des polnischen Antisemitismus" verboten. Auch in einigen High Schools in den Vereinigten Staaten wurde der Roman verboten.
Im Jahr 2002 erhielt Styron den Witness to Justice Award der Auschwitz Jewish Center Foundation.



1982 erschien die Verfilmung des  preisgekrönten, autobiographischen Romans gleichen Titels- das bedeutende aber zu wenig bekannte Holocaustdrama „Sophies Choice“ von Alan J. Pakula (Produzent von "Wer die Nachtigall stört" 1962, Regie bei "Die Unbestechlichen" 1976) 



DER PLOT

New York, Brooklyn 1946:
Der junge, angehende Schriftsteller Stingo (Filmdebüt: Peter MacNicol "Ally McBeal"), das Alter Ego Styrons, der aus dem OFF seine eigene Geschichte erzählt, zieht in ein Boarding House und lernt seine Mitbewohner kennen, das ausgeflippte Ehepaar Nathan (Filmdebüt: Kevin Kline) und Sophie (Meryl Streep) - eine merkwürdige Mesalliance:
Sophie, lebenslustige Immigrantin aus Polen die etwas sehr Zerbrechliches, Geisterhaftes umgibt und Mediziner Nathan, ein überlebensgroßer Charakter voller Spleens und Verrücktheiten scheinen in einer teils poetischen , teils brutalen Hassliebe verbunden.


Zwischen Stingo und dem Paar entsteht eine tiefe, unzertrennliche Freundschaft. Doch Schritt um Schritt bröckelt die Fassade und als Stingo sich in Sophie verliebt und diese ihm in Rückblenden ihre Geschichte erzählt, die Geschichte einer unvorstellbaren Tragödie die zurückführt zu Sophies Geheimnis, einer schrecklichen, unmenschlichen Entscheidung auf der Rampe von Auschwitz- Birkenau, beginnt er zu verstehen dass Nathan und Sophie Verlorene sind.....



Aus einer bittersüßen Romanze und Freundschaftsgeschichte, getragen von einem wunderbaren Darstellertrio, aus dem sich in Rückblenden ein erschütterndes Holocaustdrama kristallisiert, entwickelt sich eine sehr bewegende, sensible und stark unterschätzte Literaturverfilmung, extrem werkgetreu, von Nestor Almendros großartig fotografiert und mit einem zu Tränen rührenden Soundtrack von Marvin Hamlisch ("Der Clou")

Peter MacNicol und Kevin Kline sind in ihren extrem schwierigen (und undankbaren) Rollen absolut fantastisch, und es braucht keine zwanzig Minuten bis man sich rettungslos in diesen Figuren verliert.
Aber Meryl Streeps ungeheuerliche drei- sprachige (Englisch mit polnischem Akzent, Polnisch, Deutsch mit polnischem Akzent) Darstellung der Holocaustüberlebenden Sophie Zawistowski, die an der "Schuld des Überlebens" zugrunde geht ist eine der größten schauspielerischen Leistungen der 80iger Jahre, der Nachkriegszeit und des 20. Jahrhunderts - und überschattet ungewollt ihre Co-Hauptdarsteller. 



Zerbrechlich bis zum Äußersten, seelisch nackt, mit einer Wahrhaftigkeit die mit Händen zu greifen ist, spielt sie diesen überschäumenden Menschen, der mit aller Kraft leben will, und doch von den Schatten der Vergangenheit für immer gezeichnet ist.



„Die Geschichte zerstört manchmal selbst Menschen, die sie überleben“ sagt ein berühmtes Zitat und nie war es zutreffender als für diese Figur, die Streep mit einer handwerklichen Virtuosität spielt, bei der selbst ich als Profi mit über eineinhalb Dekaden Berufserfahrung nicht vollständig erklären kann, wie sie das macht, was sie da macht – vermutlich kann sie es nicht einmal selbst.
Für diese Rolle, um die sie Regisseur Alan Pakula auf Knien anbettelte, der eigentlich Liv Ullman oder Marthe Keller besetzen wollte, nahm die vielversprechende Nachwuchsdarstellerin eine enorme Vorbereitung auf sich – mehr als ein Jahr intensiver Hintergrundrecherche, sie lernte 4 Monate Deutsch und Polnisch mit Sprachcoaches und nahm für die Auschwitz-Szenen, die in Jugoslawien gedreht wurden, deutlich Gewicht ab.



In der berühmten Szene mit der titelgebenden „Entscheidung“ ging Streep, die damals bereits selbst Mutter war, an die Grenze des für sie Erträglichen – und darüber hinaus. Sie konnte die Szene nur ein einziges Mal drehen, in nur einem Take, und konnte sie dann nie wieder ansehen. Sie spielte sie so, dass niemand sie vergessen kann, der sie einmal gesehen hat, sie lässt einen sehr echten, sehr persönlichen Schmerz zu, der die Leinwand transzendiert.





Nach diesem Film galt die Newcomerin als beste englischsprachige Schauspielerin ihrer Generation, und erhielt –trotz starker Konkurrenz, letztlich fast konkurrenzlos- den Oscar als Beste Hauptdarstellerin 1982. 


Hier der Ausschnitt – übrigens war ihre jüngste Tochter, die Schauspielerin Mamie Gummer damals mit ihr auf der Bühne. In ihrem Bauch:


Streep gewann außerdem den Golden Globe als Beste Hauptdarstellerin, den Darstellerpreis der Bostoner Filmkritiker, Den Darstellerpreis der Filmkritiker von Kansas City, den Darstellerpreis der Filmkritiker von Los Angeles, den Darstellerpreis des National Board of Review, den Darstellerpreis des Nationalen Kritikerverbandes und den Darstellerpreis der New Yorker Filmkritiker.
(Man beachte übrigens auch Katharina Thalbach, Karlheinz Hackl und Günther Maria Halmer in wichtigen Nebenrollen in den Rückblenden.) 

Es ist eine wesentliche Stärke dieses hervorragenden Films, dass er den Humor findet, der aus Tragik kommt, dass er Kraft und Mut gibt, auf einer Note der Hoffnung endet, obwohl er von einem Verlust erzählt.

Am Ende zitiert Stingo aus dem Gedicht von Emily Dickinson:

Ample make this bed.
Make this bed with awe;
In it wait till judgment break
Excellent and fair.
Be its mattress straight,
Be its pillow round;
Let no sunrise' yellow noise
Interrupt this ground.

Fazit:
Eine bittersüße, zuletzt todtraurige Geschichte vom Überleben, getragen von einem famosen Hauptdarsteller-Trio, aus dem Streeps unfassbare tour de force herausragt.

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Sophie's Choice 1982
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Sophie's Choice 1982