Der Titel dieses Blogs spielt natürlich auf das berühmte Magazin "Cahiers Du Cinema" (Notizen zum Kino) an, dessen Filmkritiker Francois Truffaut und Claude Chabrol später Regisseure und Wegbereiter eines neuen französischen Kinos wurden.
Dennoch ist dies kein arthouse Blog. Es ist ein Blog über die Liebe zum Film. Gute Filme. Und sehr schlechte. Egal woher sie stammen. Egal wie sie zu klassifizieren sind.

Sonntag, 1. Dezember 2024

"ANGELS IN AMERICA" (2003) - "DAS GROSSE WERK BEGINNT"

 


 


"„Die Geschichte ist dabei, aufzubrechen“, sagt die von den Toten auferstandene Ethel Rosenberg, als sie einem leichenblassen Roy Cohn, der bald an AIDS sterben wird, in seinem Stadthaus an der East Side gegenübersteht. „Irgendetwas wird passieren“, sagt eine Hausfrau aus Brooklyn, die so abhängig von Valium ist, dass sie denkt, sie sei in der Antarktis. Wir schreiben das Jahr 1985. Bis zum nächsten Jahrtausend sind es noch 15 Jahre. Und ein junger Mann, der in seinem Schlafzimmer in Greenwich Village in Todesfieber versinkt, hört ein anhaltendes Pochen, einen donnernden Herzschlag, als ob der Himmel ein Wunder gebären würde, damit er wiedergeboren werden kann.

 

Stephen Spinella (Prior) und Ellen McLaughlin (Engel) in der Uraufführung 1993

 

Dies ist die erstaunliche Theaterlandschaft, intim und episch, von Tony Kushners „Angels in America“, das gestern Abend im Walter Kerr Theater sein mit Spannung erwartetes Broadway-Debüt gab. Über dieses Stück ist bereits so viel gesprochen worden, dass Sie vielleicht meinen, es schon gesehen zu haben, aber glauben Sie mir, das haben Sie nicht, selbst wenn Sie es tatsächlich gesehen haben. Die neue New Yorker Inszenierung ist die dritte, die ich von „Millennium Approaches“, wie der erste, in sich abgeschlossene, dreieinhalbstündige Teil von „Angels in America“ heißt, gesehen habe. (Teil 2, „Perestroika“, soll im Herbst ins Repertoire aufgenommen werden.) Unter der kristallklare-hellsichtigen Regie von George C. Wolfe und mit flammenden Darbietungen von Ron Leibman und Stephen Spinella verstärkt diese Inszenierung nur noch den Eindruck, dass Herr Kushner das aufregendste amerikanische Stück seit Jahren geschrieben hat.

 

Angels in America“ ist ein Werk, das nie seinen bösen Sinn für Humor oder sein mitreißendes Gespür für so zeitlose dramatische Themen wie Leben, Tod und Glaube verliert, selbst wenn es sich in einem Gebiet bewegt, das so weit entfernt ist wie die komplexe, von der Pest heimgesuchte Nation, die Kushner sowohl untersuchen als auch ansprechen möchte. Das Stück mit dem Untertitel „A Gay Fantasia on National Themes“ ist ein politischer Aufruf zu den Waffen im Zeitalter von AIDS, aber es ist keine Polemik. Kushners Überzeugungen über Macht und Gerechtigkeit entsprechen seiner Überzeugung, dass die Bühne, und vielleicht nur die Bühne, ein Raum ist, der groß genug ist, um alles zu beherbergen, vom präzisen Realismus bis zur surrealistischen Halluzination, von der schwarzen Komödie bis zur religiösen Offenbarung. In „Angels in America“, einem wahrhaft amerikanischen Werk, das darauf besteht, alle Möglichkeiten in der Kunst und im Leben zu berücksichtigen, stellt er auf spektakuläre Weise unter Beweis, dass sie alle in einem Stück zusammengeführt werden können."


So begann im Jahre 1993 die heute berühmte Presserezension von Frank Rich in der New York Times über die Broadway-Premiere des 1992 verfassten Bühnenstücks "Angels in America" von Tony Kushner , das die Bühne in zwei Teilen heimsuchte, das amerikanische Gegenwartstheater revolutionierte und neu definierte und zu DEM Theaterereignis der frühen 90iger Jahre in den USA wurde. 

Das Stück ist eine komplexe, oft metaphorische und bisweilen symbolische Auseinandersetzung mit AIDS , Homosexualität und rechtsreaktionärer Ideologie  in den Vereinigten Staaten der 1980er Jahre. Einige der acht Haupt- und noch mehr Nebenfiguren sind übernatürliche Wesen (Engel) oder verstorbene Personen (Geister). Das Stück enthält mehrere Rollen für mehrere Schauspieler. Die Handlung konzentriert sich anfangs hauptsächlich auf ein schwules und ein heterosexuelles Paar in Manhattan, hat aber mehrere zusätzliche Handlungsstränge, von denen sich einige gelegentlich überschneiden.


David Marshall Grant (als Joe Pitt) und Ron Leibman (Roy Cohn)


Marcia Gay Harden als Harper Pitt und Stephen Spinella als Prior Walter, 1993 am Broadway


Tony Kushner, der Autor von "Angels in America", Dramatiker vom Rang eines Shakespeare


Es gibt einen Broadway und ein amerikanisches Theater vor und nach Tony Kushners Mammutwerk "Angels in America", das aus den zwei inhaltlich zusammenhängenden Stücken "Angels In America: The Milennium Approaches" und "Angels in America: Perestroika" besteht, die unabhängig von einander in 2 unterschiedlichen Jahren jeweils mit dem Tony Award für das Beste Stück des Jahres ausgezeichnet wurden, Teil 1 darüber hinaus auch mit dem Pulitzerpreis.






Beide Teile sind in jeweils drei Unterkapitel unterteilt:

  • Kapitel 1: Schlechte Neuigkeiten (Bad News)
  • Kapitel 2: In Vitro (In Vitro)
  • Kapitel 3: Der Bote (The Messenger)
  • Kapitel 4: Keine Bewegung (Stop Moving!)
  • Kapitel 5: Die Waldfee (Beyond Nelly)
  • Kapitel 6: Der Himmel kommt näher (Heaven, I'm in Heaven

HARPER PITT:

Ich habe geträumt, dass wir dort waren. Das Flugzeug übersprang die Tropopause, die sichere Luft, und erreichte den äußeren Rand, das Ozon, das zerfetzt und zerrissen war, stellenweise fadenscheinig wie altes Käsetuch, und das war beängstigend. Aber ich sah etwas, das nur ich sehen konnte, denn ich habe die erstaunliche Fähigkeit, solche Dinge zu sehen: Seelen stiegen auf, von der Erde weit unten, Seelen der Toten, von Menschen, die umgekommen waren, durch Hunger, durch Krieg, durch die Pest, und sie schwebten hinauf, wie Fallschirmspringer im Rückwärtsgang, mit ausgestreckten Gliedern, sich drehend und wirbelnd. Und die Seelen dieser Verstorbenen fassten sich an den Händen, umklammerten die Knöchel und bildeten ein Netz, ein großes Netz von Seelen, und die Seelen waren dreiatomige Sauerstoffmoleküle, aus dem Stoff des Ozons, und der äußere Rand nahm sie auf und wurde repariert. Nichts ist für immer verloren. In dieser Welt gibt es eine Art schmerzhaften Fortschritt. Wir sehnen uns nach dem, was wir hinter uns gelassen haben, und träumen von der Zukunft. Zumindest glaube ich, dass das so ist.



Mary Louise Parker als Harper Pitt und Jeffrey Wright als Mr. Lies in der Verfilmung von 2003


 


Und was für ein Stück das war: 

Es mischte dialogstark und hochpoetisch einen rasiermesserscharfen politischen Kommentar zum Konservatismus der Reagan-Ära mit einer bestürzenden, erschreckend hoffnungsfrohen, Chronik der Aidskrise, der Heimsuchung durch Geister und einen Engel Gottes, jeder Menge surrealer Elemente, das alles als Ensemblestück von - an zwei Abenden - über 350 Minuten Laufzeit mit 8 Hauptrollen, in der alle Darsteller 3-5 verschiedene Figuren verkörpern müssen und das alle Möglichkeiten theatralen Gestaltens, vom intimen realistischen Kammerspiel, bis hin zum Spezialeffekt-Spektakel, das die Bühne sprengt, ad ultimo ausreizt.

1994 bezeichnete der Dramatiker und Professor für Theaterwissenschaften John M. Clum das Stück als „einen Wendepunkt in der Geschichte des schwulen Dramas, der Geschichte des amerikanischen Dramas und der amerikanischen Literaturkultur“.


Marcia Gay Harden als Harper Pitt, 1993




STIMMEN ZUM BÜHNENSTÜCK:

 

„Angels in America ist das umfassendste, tiefgründigste und durchdringendste amerikanische Theaterstück unserer Zeit“ - Jack Kroll, NEWSWEEK



„Ein riesiges, wunderbares Stück ... provokativ, witzig und zutiefst erschütternd ... ein suchendes und radikales Überdenken des amerikanischen politischen Dramas."-Frank Rich, THE NEW YORK TIMES



„Etwas Seltenes, Gefährliches und Erschütterndes ... eine römische Kerze, die in einen Salon geschleudert wird ... „-Nicholas de Jongh, LONDON EVENING STANDARD

 


Joe Mantello als Louis Ironson und Stephen Spinella als Prior Walter, 1993




„Verspielt und tiefgründig, extravagant theatralisch und zutiefst spirituell, witzig und mitfühlend, wütend und unglaublich klug ... Es ist unmöglich, sich vorzustellen, dass jemand, der vom Anfang gefesselt ist, nicht zum Ende zurückkehren will und muss."-Linda Winer, NEWSDAY


„Ein enorm beeindruckendes Werk der Vorstellungskraft und des Intellekts, ein überragendes Beispiel dafür, was Theater, das sein volles Potenzial ausschöpft, erreichen kann“ -Clifford A. Ridley, PHILADELPHIA INQUIRER

 


„Perestroika ist ein Meisterwerk"-John Lahr, THE NEW YORKER


Ron Leibman als rechtsextremer Strippenzieher Roy Cohn


Das Theaterereignis wurde mit Tony-Auszeichnungen überhäuft (unter anderem kulminierten 14-Tony-Award Nominierungen für beide Teile, ausgezeichnet wurden unter anderem die Schauspieler Stephen Spinella und Ron Leibman), sein Autor Tony Kushner über Nacht zum Star und es selbst bald zur Legende. 

Und galt als völlig unverfilmbar. Das sagten alle.


Al Pacino als Roy Cohn mit Jeffrey Wright als Krankenpfleger Belize



BELIZE: 

Ich hasse Amerika, Louis. Ich hasse dieses Land. Nichts als ein Haufen großer Ideen und Geschichten und Menschen, die sterben, und dann Leute wie du. Der weiße Spinner, der die Nationalhymne schrieb, wusste, was er tat. Er hat die Note für das Wort „free“ so hoch angesetzt, dass niemand es erreichen kann. Das war beabsichtigt. Nichts auf der Welt klingt für mich weniger nach Freiheit. Kommen Sie mit mir in Zimmer 1013 im Krankenhaus und ich zeige Ihnen Amerika. Unheilvoll, verrückt und gemein. Ich lebe in Amerika, Louis. Ich muss es nicht lieben.


Eine Dekade verging. In ihr wurde Tony Kushner zum Lieblingsdrehbuchautor für Steven Spielberg, für den er "Lincoln", "München", "West Side Story" und "The Fabelmans" schrieb. Dann erschien der frühere Stand-Up-Comedian (im Duo mit Elaine May), Oscarpreisträger für die beste Regie ("Die Reifeprüfung"1967) und 8-fache Tony Award Preisträger für Regie (unter anderem auch für die Uraufführung von Neil Simons "Barfuß im Park" und "Ein seltsames Paar"), Mike Nichols. Und Nichols bewies, das alle anderen Unrecht hatten.


Mike Nichols, eine Kino- und Theaterlegende


Mike Nichols grandiose Verfilmung von "Angels in America" für HBO wurde das künstlerische Vermächtnis einer Regielegende (im Kino unter anderem "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" 1966,  "Catch 22" 1968, "Silkwood" 1983 und, und, und...), die bewies, das für den wahren Künstler - und das richtige Team - nichts, absolut nichts unmöglich ist.


STIMMEN ZUR VERFILMUNG:


"Dieses epische HBO-Werk - eine "Gay Fantasia on National Themes", wie der Untertitel von Tony Kushners Originalstück lautet - ist nach wie vor eine der beeindruckendsten amerikanischen Miniserien aller Zeiten. Die fast schon beschämend großartige Besetzung, darunter Al Pacino, Meryl Streep, Emma Thompson, Mary-Louise Parker, Jeffrey Wright, Justin Kirk, Ben Shenkman und Patrick Wilson, liefert durchweg überragende, karrierebestmögliche Leistungen als gewöhnliche Menschen, deren Ideale und konkurrierender Glaube durch die Ankunft der AIDS-Epidemie in New York auf den Kopf gestellt werden. "Angels" ist eine Meisterklasse darin, wie man ein kompliziertes Stück von der Bühne auf die Leinwand bringt und wie man das perfekte Ensemble formt und inszeniert."

RYAN LATTANZIO

"So wie es keinen wirklichen Präzedenzfall für die Leistung gab, die "Angels in America" im legitimen Theater darstellte, so gibt es nur wenige Verfilmungen von Bühnenwerken, die mit dem vergleichbar sind, was Mike Nichols mit Tony Kushners zweiteiligem Epos gemacht hat. Das Projekt fängt die Größe, die Dringlichkeit, die Poesie und den Humor des inszenierten Stücks vollständig ein."

VARIETY




Tom Shales

WASHINGTON POST:

 „Angels in America“ ist einer der schillerndsten Filme, die je für das Fernsehen oder eine andere Art der Filmvorführung gemacht wurden, aber er schillert nicht nur für das Auge, sondern auch den Geist."

                     .

Belinda Acosta

AUSTIN CHRONICLE:

"Die Darbietungen sind durch die Bank schamlos und atemberaubend großartig."

.

Barry Garron

THE HOLLYWOOD REPORTER:

"Gesegnet mit einer virtuosen Besetzung, von der jeder einzelne Charaktere erschafft, die noch lange nach dem Abspann leben, verfolgen und fesseln."


Emma Thompson als Der Engel trifft 2003 auf Prior Walter (Justin Kirk)

 

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 Angie Errigo

EMPIRE MAGAZINE:

 "Nichols schafft eine berauschende Mischung aus Theaterspektakel und filmischem Stil in einigen spannenden, außergewöhnlich schönen Sequenzen, was zu einem poetischen, mitfühlenden, letztlich hoffnungsvollen Werk über die menschliche Verfassung an der Jahrtausendwende führt."

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Alessandra Stanley

THE NRW YORK TIMES:

"Mike Nichols' sechsstündige HBO-Adaption von Tony Kushners epischem Zweiteiler über AIDS in den 1980er Jahren war berauschend - kunstvolles Fernsehen, das die Zuschauer niemals nervte."

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Robert Bianco

USA TODAY:

"Angels in America ist nicht nur einer der besten Fernsehfilme, die je gedreht wurden - er ist auch ein transzendentes Kunstwerk. Angels zu sehen ist eine ekstatische Erfahrung, eine, die sowohl den Geist erhebt als auch ein Medium, das es so oft vorzieht, degradiert zu werden."

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David Wiegand

SAN FRANCISCO CHRONICLE:

"Es ist die Art und Weise, wie Nichols und Kushner die Drehbücher geöffnet und reduziert haben, die das definitive Bühnendrama des letzten Jahrzehnts zu einem meisterhaften, sehenswerten Filmereignis des neuen Jahrtausends macht."


Patrick Wilson als Joe Pitt und Ben Shenkman als Louis Ironson, 2003

 

.

Hal Boedeker

ORLANDO SENTINEL:

"Unter der Regie von Nichols erhält Angels in America seine endgültige Bearbeitung und entpuppt sich als lebendige, aber anstrengende Erfahrung. Die große Offenbarung ist die Besetzung, die beweist, dass es keinen Spezialeffekt gibt, der dem aus tiefster Seele erlebtem Schauspiel gleichkommt."

.

Matthew Gilbert

BOSTON GLOBE:

"Die von Tony Kushner perfekt für die Leinwand geschriebene Adaption ist ebenso pointiert, poetisch, phantastisch und bewegend wie die Vorlage - mit dem zusätzlichen Nervenkitzel einer filmischen Annäherung aus nächster Nähe."

 

Orgasmus nach dem Ringkampf mit dem Engel: Meryl Streep als Hannah Pitt


Diese 2003 entstandene absolut herausragende TV Miniserie nach den bahnbrechenden Bühnenstücken "Angels In America: Millenium Approaches" und "Angels in America: Perestroika" war ein wahres Fernsehereignis, und mit 21 Emmy Nominierungen (!!) und 11 Emmy Awards, sowie 5 Golden Globes eine der meist preisgekrönten TV Produktionen überhaupt. Ursprünglich in 6 Teilen über 6 aufeinanderfolgende Abende ausgestrahlt erreichte sie sagenhafte Einschaltquoten. Das Publikum klebte hypnotisiert sechs Abende  vor dem Bildschirm und konnte kaum fassen, welch ein hochpoetisches, tiefsinnliches Zauberwerk es da sah.

Die stark surreal angehauchte, ungemein komplexe Theaterverfilmung gewann unter anderem - erstmals und das einzige Mal - alle 4 Schauspiel - Emmys.

In den Hauptrollen sah man AL PACINO, MERRYL STREEP, EMMA THOMPSON, Justin Kirk, Patrick Wilson, Ben Shenkman, Jeffrey Wright (heute der Felix Leiter in Craig- "Bonds") und Mary Louise Parker ("Weeds"), das Drehbuch stammte von Tony Kushner selbst, die  atemberaubende Musik stammt von Oscarpreisträger Thomas Newman. 





Mike Nichols halsbrecherisch kühne Inszenierung brach alle damaligen Regeln für TV-Regie, ging ein selbstmörderisches künstlerisches Risiko nach dem anderen ein, sie wagte alles und gewann ALLES.


Emma Thompson als Der Engel


ROY COHN: AIDS. Homosexuell. Schwul. Lesbisch. Man denkt, das sind Namen, die einem sagen, mit wem eine Person schläft, aber das sagen sie nicht.

DR. HENRY: Nein?

ROY COHN:  Nein. Wie alle Bezeichnungen sagen sie dir eines, und nur eines: Wohin gehört eine so gekennzeichnete Person in die Nahrungskette, in die Hackordnung? Nicht Ideologie oder sexuellen Geschmack, sondern etwas viel Einfacheres: Einfluss. Es geht nicht darum, wen ich ficke oder wer mich fickt, sondern darum, wer zum Telefon kommt, wenn ich anrufe, wer mir Gefallen schuldet. Das ist es, worauf sich ein Etikett bezieht. Für jemanden, der das nicht versteht, bin ich ein Homosexueller, weil ich Sex mit Männern habe, aber das ist wirklich falsch. Ein Homosexueller ist jemand, der trotz 15-jähriger Bemühungen nicht in der Lage ist, ein beschissenes Antidiskriminierungsgesetz durch den Stadtrat zu bringen. Ein Homosexueller ist jemand, der niemanden kennt und den niemand kennt. Der null Einfluss hat. Hört sich das nach mir an, Henry?


Traumsequenz in Priors Kopf.



Prior trifft in einem  Fieber-Traum a la Jena Cocteau auf Harper Pitt, 2003


Die Geschichte zieht eine bitter-ironische Bilanz der US-Gesellschaft in den 1980er-Jahren. Hauptthemen sind dabei die Reagan-Ära und das Aufkommen von AIDS.

Die Handlung,  die 1985/86 spielt, teils auch in anderen Dimensionen, verläuft hauptsächlich in drei verschiedenen kunstvoll ineinander verwobenen Handlungssträngen und nutzt sowohl historische Persönlichkeiten (wie den Rechtsextremen Anwalt Roy Cohn) wie auch fiktive Figuren. 

Zum einen ist da Prior Walter (Justin Kirk). Er ist an AIDS erkrankt, sein Freund Louis (Ben Shenkman) verlässt ihn, weil er mit der Situation nicht fertig wird. Als nächstes wäre da Anwalt Joe Pitt (Patrick Wilson), welcher zwar mit der tablettensüchtigen Harper (Mary Louise Parker) verheiratet ist, aber heimlich seine schwulen Bekanntschaften sucht. Der dritte Handlungsstrang konzentriert sich auf den Topanwalt Roy Cohn (AL PACINO),  den Mentor von Donald Trump, einer Personifikation des korrupten Rechtssystems der USA. Der rechtsreaktionäre Republikaner ist ebenfalls mit der Immunschwächekrankheit infiziert.

In diesen einzelnen, komplex verwobenen Geschichten tauchen noch viele weitere Personen auf, so beispielsweise die Mutter von Pitt (MERYL STREEP), die ihr Haus in Salt Lake City verkauft und nach New York reist, als sie von der Homosexualität ihres Sohnes erfährt. Und dann wäre da noch Belize (Jeffrey Wright, das einzige Mitglied das aus der Original Broadway-Aufführung übernommen worden war), Krankenpfleger von Roy Cohn und bester Freund von Prior. Nicht zu vergessen sind die Engel (EMMA THOMPSON), die immer wieder auftauchen - denn Gott hat mit Prior ausgerechnet - oder besonders? - einen aidskranken Schwulen zum Propheten wider Willen auserwählt – der eine einzige Botschaft an die Menschheit überbringen soll: „Stop Moving“- beendet den Fortschritt, haltet ein....


Meryl Streep als Rabbi Chemelwitz


In der Verknüpfung der einzelnen Handlungsstränge rechnen Stück und Film tief bewegend und zugleich sehr humorvoll, anspielungsreich sprachgewaltig & auf hohem intellektuellen Niveau mit religiösem Fanatismus, der aufkommenden Aids-Hysterie, Diskriminierungen verschiedenster Arten und überhaupt fundamentalen zwischenmenschlichen Verhaltensmustern ab und zeichnet wie nebenbei das pralle barocke Bild einer reaktionären Epoche.


Patrick Wilson und Al Pacino: Verführung nach rechts, oder nur zum tet-a-tet?



LOUIS IRONSON: Oh, Boy. Ein schwuler Republikaner.

JOE PITT: Wie bitte?

LOUIS IRONSON: Nichts.

JOE PITT: Oh, ich bin nicht... nein, vergessen Sie es.

LOUIS IRONSON: Nicht... Republikaner? Nicht republikanisch?

JOE PITT: Was?

LOUIS IRONSON: Was.

JOE PITT: Nicht schwul. Ich bin nicht schwul.

LOUIS IRONSON: Ach so. Entschuldigung. Es ist nur so, dass man das manchmal an der Art, wie eine Person klingt, erkennen kann. Ich meine, Sie klingen...

JOE PITT: Nein, tue ich nicht. Wie denn?

LOUIS IRONSON: Wie ein Republikaner.

JOE PITT: Klinge ich wie ein...?

LOUIS IRONSON: Was? Wie ein Republikaner? Oder tue ich das?

JOE PITT: Tun Sie was?

LOUIS IRONSON: Klingen wie ein...

JOE PITT: Ja. Wie ein... Ich bin verwirrt.

LOUIS IRONSON: Ja. Mein Name ist Louis, aber alle meine Freunde nennen mich Louise. Ich arbeite in der Textverarbeitung. Danke für das Toilettenpapier.

(Joe will etwas sagen, aber Louis drückt ihm noch schnell einen Kuss auf die Wange, bevor er geht und Joe leicht schockiert zurücklässt)


Einen besonderen Genuss bieten neben den furiosen Dialogen, den ausnahmslos brillanten Schauspielern und den Abstechern ins Surreale, Verfremdete, die Mehrfach-Rollen. So erlebt man etwa MERYL STREEP als strenggläubige Mormonenmutter mit Herz die sogar mit einem Engel wrestlet, als Ethel Rosenberg (ein historisches Justizopfer Cohns) die Roy Cohn am Totenbett als Geist quält und als jiddisch sprechenden greisen Rabbi!

Nichols, assistiert von Casterin (und Oscarpreisträgerin) Juliet Taylor, fand und formte ein perfektes Ensemble, das unter seinen Händen künstlerisch regelrecht explodierte. Er trieb die damals unbekannten Bühnenschauspieler Jeffrey Wright (später Felix Leiter in den Bond-Filmen mit Daniel Craig, 2024 war er für "American Fiction" als Bester Hauptdarsteller für den Oscar nominiert) , Patrick Wilson (heute ein Kinostar bekannt aus "Watchmen", den "Conjuring" und "Insidious"-Filmen) , Ben Shenkman, Justin Kirk und Mary Louise Parker (später ein TV-Star durch die Serie "Weeds") zu unvergesslichen Darstellungen, die allen Genannten zum internationalen Durchbruch verhalfen und führte die Stars Thompson, Pacino und Streep zu ehrfurchtgebietenden Karriere-Bestleistungen.


Louis (Ben Shenkman) und Prior (Justin Kirk), dem Propheten des Herrn

Vor allem aber tat Nichols das, was Kushner im Theater getan hatte: Er nutzte die Möglichkeiten des Mediums aber auch der Technik voll aus: Radikal, kompromisslos, völlig furchtlos und ohne Angst vor der Größe des Epos das er verfilmte. Er fühlte sich nur seinem Ensemble verpflichtet und der Geschichte, die er erzählte. Dabei betrat er Neuland und definierte die Regeln dafür, was TV konnte, was es sollte und wie weit man gehen konnte, neu. "Angels in America" wirkte bahnbrechend, hob Sehkonventionen aus den Angeln und setzte einen völlig neuen künstlerischen Maßstab für Fernsehen, der bis heute gültig ist.

"Angels in America" hat noch heute, über zwei Jahrzehnte später, die Kraft sein Publikum emotional und intellektuell total zu überwältigen. 

Der Mehrteiler gewann rekordbrechende 11 Emmys (bei 21 Nominierungen, ebenfalls Rekord) für

  • Beste Miniserie/Fernsehfilm,
  • Drehbuch,
  • Regie,
  • Hauptdarsteller (Al Pacino, auch Golden Globe),
  • Hauptdarstellerin (Meryl Streep, auch Golde Globe),
  • Nebendarsteller (Jeffrey Wright ,auch Golden Globe),
  • Nebendarstellerin (Mary Louise Parker, auch Golden Globe),
  • Make -Up,
  • Tonschnitt,
  • Austattung und
  • Casting.


Weitere 10 (!) Nominierungen umfassten:

  • Hauptdarstellerin (Emma Thompson),
  • Nebendarsteller (Justin Kirk),
  • Nebendarsteller (Ben Shenkman),
  • Nebendarsteller (Patrick Wilson),
  • Titeldesign,
  • Schnitt,
  • Spezialeffekte,
  • Kamera
  • Kostümdesign.


Das Stück wurde nie neu verfilmt - wie auch? Von wem auch? Warum auch? - aber mehrmals neu inszeniert 2010 und 2018 auch am Broadway. Die Neuinszenierung beider Teile durch Marianne Elliott von 2018 mit Andrew Garfield als Prior Walter und Nathan Lane als Roy Cohn, brach mit 11 Tony Award-Nominierungen ebenfalls den für Sprechtheaterstücke bis dato geltenden Rekord.


Andrew Garfield 2018 als Prior Walter am Braodway


Am 11. Juni 2018 schrieb Constance Grady in VOX über die Neuinszenierung:


"In den späten 80er Jahren erfüllte die Epistel des Engels zwei Funktionen: Emotional war es der verzweifelte Schrei von Prior, der wollte, dass sich die Welt nicht mehr verändert, dass sie in die Zeit zurückkehrt, bevor er AIDS hatte und sein Freund ihn verließ. Und politisch stand es für eine reaktionäre Kultur, die Homosexuelle nicht akzeptieren wollte, die sie einer schrecklichen Seuche überlassen wollte.

Aber im Jahr 2018, in dem die Panik über Trumps Einreiseverbote in vollem Gange ist, schwingt die Anti-Migrations-Epistel anders mit. Es ist nicht mehr nur der Aufschrei einer Kultur, die die Uhr zurückdrehen will, um so tun zu können, als gäbe es keine Homosexuellen. Jetzt ist es der Aufschrei einer Kultur, die Amerika wieder "great again" machen will, die die Uhr zurückdrehen will, damit niemand außerhalb eines Monolithen innerhalb seiner Grenzen existieren kann: keine Homosexuellen und auch keine Schwarzen und Braunen."




Im Moses-Mantel von Charlton Heston: Prophet Prior steigt in den Himmel, 2003


PRIOR WALTER:

Aber trotzdem. Segnet mich trotzdem. Ich will mehr Leben. Ich kann nichts dafür. Ich will es. Ich habe so schreckliche Zeiten erlebt, und es gibt Menschen, die viel Schlimmeres durchmachen. Aber man sieht sie trotzdem leben. Wenn sie mehr Geist als Körper sind, mehr Wunden als Haut, wenn sie verbrannt sind und Schmerzen haben, wenn Fliegen Eier in die Augenwinkel ihrer Kinder legen - sie leben. Normalerweise muss der Tod das Leben wegnehmen. Ich weiß nicht, ob das nur das Tier in uns ist. Ich weiß nicht, ob es nicht mutiger ist zu sterben, aber ich erkenne die Gewohnheit, die Sucht, am Leben zu bleiben. Wir leben also über die Hoffnung hinaus. Wenn ich irgendwo Hoffnung finden kann, dann ist das alles, das ist das Beste, was ich tun kann. Das ist so sehr ...„nicht genug“. Es ist SO unzureichend. Aber segnet mich trotzdem. Ich will mehr Leben. Und wenn Gott zurückkommt, bringt ihn vor Gericht. Er hat uns im Stich gelassen, er soll bezahlen!




Heute, da dieses Amerika einen Faschisten gewählt hat, der über dem Gesetz steht und dessen Demokratie abschaffen will, spricht "Angels in America", 33 Jahre nach seiner Geburt und 21 Jahre nach der Verfilmung immer noch zu uns. Im Anbruch einer neuen dunklen Zeit ist es bedeutender, aktueller und überlebensnotwendiger als jemals zuvor.


Ethel Rosenberg (Meryl Streep) singt in der Todesstunde für ihren Justizmörder




Die Worte, mit denen Frank Rich 1993 seine Rezension abschloss, sie gelten noch immer:

"Deshalb scheint jede Debatte darüber, was dieses Stück für den Broadway bedeutet oder nicht bedeutet, angesichts des Werks selbst völlig nebensächlich zu sein. „Angels in America“ ist so kraftvoll, weil etwas viel Größeres und Dringenderes auf dem Spiel steht als die Zukunft des Theaters. Es ist wirklich die Geschichte, die Kushner aufbrechen will. Er schickt seinen eindringlichen Boten, einen spindeldürren, verlassenen schwulen Mann mit heldenhaftem Geist und einem verwüsteten Körper, tief ins Herz des Publikums, um die Frage zu stellen, wer wir sind und was wir aus diesem Land machen wollen, während die Seuche weitergeht und das Jahrtausend naht."



Bewegendes Schlussbild unter der Waldfee im Central Park: Benk Shenkman, Meryl Streep,
Justin Kirk und Jeffrey Wright


Freitag, 27. September 2024

„The Prime of Miss Jean Brodie“ (1969) - Zum Tode von Dame Maggie Smith




Heute in den frühen Morgenstunden schloss Dame Maggie Smith, Dame Commander of The British Empire, für immer ihre Augen. Viel werden an diesem Tag über ihre große Rolle als Minerva McGongal in der „Harry Potter- Filmreihe“ schreiben und das zu Recht; sie werden über ihre Countess Dowager in „Downton Abbey“ schreiben.


Maggie Smith tröstet Emma Watson am letzten Drehtag der Harry-Potter-Reihe.




Aber: Maggie Smith war mehr, viel mehr. In den 71 Jahren ihrer langen Karriere brillierte die hochbegabte Ausnahmeschauspielerin in mindestens 77 großen Bühnenproduktionen (zwischen 1952 und 2019), trat in mehr als 80 Filmen auf, gewann 2 Oscars (Beste Hauptdarstellerin 1970 für „The Prime Of Miss Jean Brodie“ und als Beste Nebendarstellerin für „Das verrückte California Hotel“ 1978), sieben Mal den Britischen Filmpreis (darunter zweimal für das Lebenswerk, viermal als Beste Hauptdarstellerin und einmal als Beste Nebendarstellerin), 3 Golden Globes, 4 Emmys, einen Tony Award am Broadway und 5-mal den Britischen Theaterpreis (1962, 1970,1982, 1984 und 1994). Sie erregte im Kino erstmals Aufmerksamkeit in der Rolle der scheuen Sekretärin Rod Taylors, die über sich hinauswächst in „Hotel International“ 1963 und feierte ihren großen Durchbruch 1965 in Theater und Kino-Film am Londoner National Theatre als Desdemona in Laurence Oliviers – rassistischem – Othello (Olivier kündigte ihren Vertrag als sie bessere Rezensionen erhielt als er selbst) und stellte 1967 in „Venedig sehen - und erben“ eine ganze Starriege in den Schatten, in der Perfomance als unterdrückte persönliche Assistentin die letztlich triumphal….aber das will ich hier nicht verraten.

Sie brillierte auch furchtlos in satirischen Produktionen und Komödien, sang und tanzte mit ihrer engen Freundin Carol Burnett, sogar in deren amerikanischer Variety – Show und veredelte nebenher 2 hochkarätige Agatha-Christie-Verfilmungen der 70iger und 80iger Jahre.





Und die privat schüchterne und zurückhaltende junge Frau war 1969 nicht nur, in Ingmar Bergmans legendärer Inszenierung in London, „Hedda Gabler“, sondern eben auch….Miss Jean Brodie…. und was für eine ungeheure Tour De Force das war!

Diesem Film ist nachfolgende Besprechung gewidmet…







“I am dedicated to you in my prime. And all of my girls are the creme de la crème. Give me a young girl at an impressionable age and she will be mine – for life”

Jean Brodie




Maggie Smith war schon einmal, vor Prof. Minerva MacGonagall, als Lehrerin auf der Leinwand zu sehen. Das war 1969 in „Die besten Jahre der Miss Jean Brodie“, der in englischer Sprache komplett auf youtube steht. Für ihre spektakuläre Darstellung wurde sie 1970 mit dem Oscar als Beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet.

Der Film ließe sich treffend als eine britische Mischung aus „Mädchen in Uniform“ und „Club der toten Dichter“ mit bösem Twist beschreiben.

 

Edinburgh, Schottland, 1930er Jahre:

An der renommierten, stockkonservativen Mädchenschule „Marcia Blaine School for Girls“ unterrichtet die junge Jean Brodie (umwerfend: Maggie Smith) – ein schillernder, so charismatischer wie egozentrischer Freigeist und theatralischer upper-class-Snob in Persionalunion, überlebensgroß in jeder Geste.

Einige Schülerinnen gehören zu ihrem engeren Zirkel den „Brodie Girls“ darunter ihre, scheinbar, naive Lieblingsschülerin Sandy (fantastisch: Pamela Franklin in ihrer ersten erwachsenen Rolle).

Der reaktionären Schulleiterin Miss Mackay (superb: Theaterstar Dame Celia Johnson in ihrer letzten Filmrolle) ist die innerlich zutiefst zerrissene Brodie ein Dorn im Auge, mit dem unkonventionellen Kunstlehrer Teddy Lloyd (Smith‘s damaliger – gewalttätiger – Ehemann Robert Stephens) verbindet sie eine toxische on-off-Affäre und mit dem gutmütigen Musiklehrer Mr. Lowther (Gordon Jackson) spielt sie sich nach Belieben.

Schnell erkennt man dass die skandalumwitterte Miss Brodie, eine leidenschaftliche Ausnahmepädagogin, einen etwas zu großen Einfluss auf ihre Zöglinge, um nicht zu sagen Protegés ausübt, doch erst mit dem Aufstieg der Faschisten Franco und Hitler, der zu einer Vorliebe Brodies für heroisch verklärte faschistoide Diktatoren führt, und als sie deshalb den Tod einer Schülerin und die, von ihr manipulativ herbeigeführte, Affäre einer anderen mit Mr. Lloyd zu verantworten hat, besiegelt die junge Frau ihr eigenes Schicksal – sie wird von ihrer Lieblingsschülerin verraten….



Diese von Ronald Neame („Die Akte Odessa“, „Die Höllenfahrt der Poseidon“) inszenierte Verfilmung der Bühnenadaption des gleichnamigen Romans von Muriel Spark hat viel Positives: Das Drehbuch von Jay Presson Allen („Marnie“, „Cabaret“, „Funny Lady“, Deathtrap“) die hier ihr eigenes Stück von 1966 adaptierte ist hervorragend, dialogstark und komplex; die Filmmusik von Rod McKuen (Komponist der „Peanuts“-Kinofilme) ist hervorragend, einschließlich des Film-Songs „Jean“.

Titelmusik: 




Song „Jean“: 




Die Kamerarbeit des Kameramanns der klassischen Bond-Filme (bis „Der Mann mit dem goldenen Colt“) Ted Moore, Oscarpreisträger für „Ein Mann zu jeder Jahreszeit“ ist blendend, und fängt zusammen mit Kostüm- und Produktionsdesign perfekt Milieu und Atmosphäre der Zeit ein.

Dennoch würde der Film nicht funktionieren ohne die famosen Darstellerleistungen:


 
Maggie Smith und Pamela Franklin.



Die hypnotische Leistung der jungen Pamela Franklin, die den Bogen ihrer Figur von naiver Streberin zu abgründiger Rächerin großartig meistert, von Dame Celia Johnson die ganze Welten mit einem einzelnen, winzigen Blick erzählen kann und die Figur der ultrakonservativen Schulleiterin mit einer bewunderungswürdigen Ambivalenz ausstattet, die es schwer macht sie zu verurteilen; und Maggie Smith, die ihre fast unspielbare Figur – die in ihrem extrem gekünstelten Auftreten völlig wahrhaftig ist - , mit antrainiertem schottischen Akzent, in einem virtuosen schauspielerischen Bravourakt zu einer der eindrucksvollsten Darstellungen macht, die je eine Schauspielerin auf der Leinwand gezeigt hat. Ihre Bandbreite raubt einem streckenweise den Atem.

So zum Beispiel in dieser Schlüsselszene, in der sich Brodie ihres ersten Kündigungsversuchs entzieht:



 

Alle drei Schauspielerinnen wurden ausgezeichnet:

Franklin erhielt den Kritikerpreis des National Board of Review als Beste Nebendarstellerin, Maggie Smith und Celia Johnson wurden mit dem britischen Filmpreis als Beste Haupt- und Nebendarstellerin ausgezeichnet; die in erster Linie als Bühnenschauspielerin bekannte Smith erhielt darüber hinaus 1970 in den USA, wo sie bis dato nie gedreht und nicht einmal einen eigenen Agenten hatte, für ihren 8. Film und ihre zweite Kinohauptrolle, völlig überraschend, doch hochverdient, den Oscar als Beste Hauptdarstellerin.(stellvertretend entgegengenommen von Alice Ghostley: https://www.youtube.com/watch?v=MB0cEu13C0k&ab_channel=Oscars)

 
Maggie Smith 1978 mit ihrem zweiten Oscar.



Dieser Film setzte ihren Namen auf die Landkarte des internationalen Kinos.
 

In der Bühnenfassung spielte übrigens Vanessa Redgrave die Miss Brodie und die junge Olivia Hussey die Rolle der Sandy.

 

Fazit:

Großartige Literatur- und Theaterverfilmung die von ihren fantastischen Schauspieler-Leistungen lebt.

Dienstag, 10. September 2024

FAREWELL TO THE KING: IN MEMORIAM JAMES EARL JONES (17. Januar 1931 – 9.9.2024)

 




„Er war die Stimme von Darth Vader„James war ein unglaublicher Schauspieler, eine einzigartige Stimme, sowohl in der Kunst als auch im Geist. Fast ein halbes Jahrhundert lang war er Darth Vader, aber das Geheimnis von allem ist, dass er ein wunderbarer Mensch war. Er verlieh all seinen Rollen Tiefe, Aufrichtigkeit und Bedeutung, vor allem als hingebungsvoller Ehemann der verstorbenen Ceci und Vater von Flynn. James wird von so vielen von uns vermisst werden... von Freunden und Fans gleichermaßen.“ GEORGE LUCAS

„Es wird nie wieder eine solche Kombination von Gnaden geben.“ LEVAR BURTON


„Diese dröhnende Stimme. Diese stille Stärke. Die Freundlichkeit, die er ausstrahlte. Es gibt so viel über sein Vermächtnis zu sagen, also werde ich einfach sagen, wie dankbar ich bin, dass Field of Dreams ein Teil davon ist.“ KEVIN COSTNER





„Erschüttert. Es gibt Ikonen, und dann gibt es diesen Mann. Wie erinnert man sich an jemanden, der uns einige der größten Bühnen- und Filmauftritte aller Zeiten beschert hat? Für so viele von uns hast du unsere Kindheit geprägt, von Star Wars bis König der Löwen, von Feld der Träume bis The Sandlot, von Coming to America bis Dr. Strangelove. Danke, James, dass du dein Leben der Kunst gewidmet






hast und unsere Lebenszeit mit einigen der besten Darbietungen aller Lebensläufe gefüllt hast. Es war eine Ehre, dich zu kennen, und eine noch größere Ehre, in einem Theater mit deinem Namen aufzutreten.“ JOSH GAD

„Danke, lieber James Earl Jones, für alles. Ein Meister unseres Handwerks. Wir stehen auf deinen Schultern. Ruhe jetzt. Du hast uns dein Bestes gegeben.“ COLEMAN DOMINGO

„Legendär“ beschreibt nicht einmal ansatzweise seine ikonischen Rollen und seinen Einfluss auf das Kino für immer. Seine Stimme und sein Talent werden immer in Erinnerung bleiben. Liebe Grüße an seine Familie, seine Freunde und seine zahllosen Fans in allen Galaxien, weit, weit weg.“ OCTAVIA SPENCER

„Deine Stimme hat Film und Theater für immer geprägt. Deine Rollen haben unsere Vorstellungskraft geprägt. Dein Vermächtnis wird für immer weiterleben. Ruhe in Frieden, Mr. Jones“ KERRY WASHINGTON







Er war die Stimme von Darth Vader.

Er war die Stimme von Mufasa.

„Das Kartell“, „Die nackte Kanone 33 1/3“, „Jagd auf Roter Oktober“, „Feld der Träume“, „Der Prinz aus Zamunda“, „Sneakers – die Lautlosen“, „Conan der Barbar“, „Exorzist II – der Ketzer“, „Dr.Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben“ – in all diesen Filmen brillierte James Earl Jones. Er war nicht einer der größten schwarzen Schauspieler des 20. Jahrhunderts. Er war einer der größten Schauspieler des 20. Jahrhunderts.

Seine Karriere umfasste unglaubliche 71 Jahre. Er war cool und humorvoll genug sich persiflierend selbst zu spielen in einer Folge von „The Big Bang Theory“, als schon längst eine lebende Legende war, der schwarze Laurence Olivier aus Mississippi, und das Ensemble fast vor Ehrfurcht erstarrte – nur um festzustellen, dass der über 80-jährige einer ihrer größten Fans war und fleißig Autogramme sammelte.





Er war ein Titan des amerikanischen Theaters, eine Urgewalt auf der Bühne, ein Wirbelsturm. Er war gemacht um auf der Bühne zu stehen, und wenn er es tat, riss die schiere Intelligenz seiner Darstellungskunst, die Wucht seiner Intensität und seine grenzenlose Leidenschaftlichkeit jedes Publikum im Sturm mit sich: Ein Hüne von einem Mann, dabei ein hochsensibler vielschichtiger, ungeheuerlich begabter Charakterdarsteller wie es ihn wohl nie wieder geben wird. Dass diese Naturgewalt mit der einzigartigen Präsenz eines Jahrhundertschauspielers, ein so milder, liebenswürdiger, grundbescheidener und über alle Maßen großzügiger Mann mit einem „100-Kilowatt-Lächeln“ (Sir Ben Kingsley) war, gehört zu den Schönheiten der Kulturgeschichte.

Gestern ist James Earl Jones im Alter von 93 Jahren gestorben.

Das amerikanische Theater hat einen König verloren.

Das amerikanischen Kino eine Legende.




Ich möchte dieses Ausnahmekünstlers gedenken mit einer Sammlung all meiner Posts zu ihm, die über die Jahre erschienen sind. Sie enthalten Ausschnitte von extremer Seltenheit, einen brillanten, in Deutschland unbekannten Fernsehfilm von 1975 und einen Komplettmitschnitt der Theateraufführung von „Driving Miss Daisy“ mit Angela Lansbury und James Earl Jones.






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2011 erhielt James Earl Jones den Oscar für sein Lebenswerk als Überraschung nach einer Vorstellung von "Miss Daisy und ihr Chaffeur" mit Vanessa Redgrave im Theater in London. Überbringer: Sir Ben Kingsley....BEMERKENSWERT: Jones wurde als Kind im Alter von 5 Jahren traumatisiert und sprach acht Jahre lang kein Wort mehr, begann zu stottern, bis ein Englischlehrer ihn zwang zu reden - und das bei der Jahrhundertstimme!







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Sein großer Durchbruch gelang Jones im Jahr 1968 mit Howard Sacklers Bühnenstück „Die große Weiße Hoffnung“ (The Great White Hope), über den ersten schwarzen Boxweltmeister Jack Johnson, für das er 1969 als erster schwarzer Schauspieler aller Zeiten den Tony Award als bester Hauptdarsteller gewann.

In der Tony- Verleihung von damals, ist eine Szene live zu sehen: https://youtu.be/SevmAKmGkeg?t=3402

Für die Verfilmung des Stücks aus dem Jahr 1970 wurde Jones der erste Schauspieler nach Sidney Poitier der jemals für den Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert wurde.

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Und hier: der damals erst 43 - jährige James Earl Jones in einer atemberaubenden Darstellung als Lear in "King Lear" 1974, aus der Aufführungsreihe Shakespeare in The Park. Jones war der erste schwarze Lear - und einer der Besten aller Lears: 

https://www.youtube.com/watch?v=ftW7WcoOuU8&ab_channel=brzeczyk




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OKAY, also DAS ist SchauspielKUNST. Man vergleiche Bühnen- und Filmlegende James Earl Jones (stimme von "Darth Vader") in der Broadway- Uraufführung von August Wilsons vielfach preisgekröntem Stück "FENCES" von 1987 (er erhielt den Tony Award als bester Hauptdarsteller) und Denzel Washington in der Neuinszenierung von 2010 (auch Tony). Beide sind gut, aber Jones ist besser...er hypnotisiert den Zuschauer regelrecht. Ungeheuer!

https://www.youtube.com/watch?v=KDrjthBNK4o&ab_channel=Ol%27manrus




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2017 erhielt Jones den Ehren- Tony-Award für sein Lebenswerk im Theater. JAMES EARL JONES hatte mehrfach amerikanische Theatergeschichte geschrieben, unter anderem in „The Great White Hope“ 1968, als Othello und als King Lear 1975 und in  einer für das moderne US-Theater prägenden Darstellung in August Wilsons „Fences“ 1987. Der zweifache Tony-Preisträger, mehrfache Emmy-Gewinner, Ehrenoscar- und Grammy-Preisträger und Jahrhundertschauspieler gab sich bescheiden:

https://www.youtube.com/watch?v=2VGK2kLUaCw

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THE UFO INCIDENT (1974)" - Mit Link zum kompletten Film. 


Ich hab den brillant gespielten Streifen gestern Abend durch Zufall entdeckt, bin hängegeblieben - und aus wars mit meinem Nachtschlaf. Das brillante, sachlich -nüchterne Dokudrama basiert auf der ersten dokumentierten alien abduction (Entführung durch Außerirdische) des 20. Jahrhunderts.

Dem Fall des gemischtethnischen Ehepaares Barney und Betty Hill, die behaupteten in der Nacht vom 19. zum 20. September 1961 Opfer einer Begegnung der vierten Art mit anschließender Entführung und medizinischer Untersuchung geworden zu sein. Die beiden erinnerten sich, ihrer Aussage gemäß zunächst nur an die Sichtung eines unbekannten Flugobjekts während einer nächtlichen Autofahrt, die sie auch meldeten. Aber in beider Erinnerung fehlten mehr als 2 Stunden und 35 Meilen Weg. Da Betty über die Jahre schreckliche Alpträume hatte, Barney krank wurde und die fehlende Zeitspanne ungeklärt blieb, ließen die beiden sich Ende 1963 von dem Psychiater Benjamin Simon hypnotisieren um sich zu erinnern. Die Sitzungen brachten weitgehend übereinstimmende Berichte der Entführung zu Tage.

Der Fernsehfilm basiert weitestgehend wörtlich auf den Tonbandaufnahmen dieser Hypnosesitzungen. In den Hauptrollen spielen Estelle Parsons (Oscar für "Bonnie und Clyde", Roseanne's Mutter in "Roseanne") als Betty, der große Theatergigant - und Stimme Darth Vaders - James Earl Jones (Ehrenoscar 2011) als Barney und Barnard Hughes als Dr Simon - die einzigen Sprechrollen des Kammerspiels.

Bemerkenswert ist nicht nur die Intelligenz und Sachlichkeit des Drehbuchs, das auch andere Erklärungsmodelle für die Sichtung mit Respekt andeutet, gleichzeitig aber auch die Hills und ihr Erlebnis - worin immer es nun letztlich bestanden haben mag - absolut ernst nimmt. Einziger Mangel ist das ungelenke Make - Up der Außerirdischen in den Backflashs; das ist vom filmtechnischen Standpunkt aus unglaubwürdig. Aber der hohe Spannungslevel wiegt es auf. Die überraschend dokumentarische, zurückhaltende Regie von Richard A. Colla ("Kampfstern Galactica") nimmt dem Film zusätzlich alles Spekulative.

Das alles erhöht die Wirkung des Films erheblich - es bleibt nämlich nichts mehr was man leicht abtun könnte. Was bleibt ist ein hochseriöses, und EXTREM UNHEIMLICHES Kammerspiel über das traumatische Erlebnis zweier Menschen, für das wir noch keine zufriedenstellende Erklärung haben, und vielleicht nie haben werden. UNBEDINGT KUCKEN!






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Welche Kraft Jones schauspielerisch entfalten konnte , sieht man hier in der Rolle des großen Bürgerrechtlers VERNON JOHNS in dem Film „THE VERNON JOHNS STORY“, einem Amtsvorgänger und Mentor Dr. Martin Luther Kings. 

In dieser Szene hält Jones Johns historische Predigt, während der er verhaftet werden sollte, weil er versuchte, seine Kirchengemeinde zum Widerstand gegen das rassistische System aufzuwecken:





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DRIVING MISS DAISY“(MISS DAISY UND IHR CHAUFFEUR), THEATERAUFFÜHRUNG (2014) MIT JAMES EARL JONES UND DAME ANGELA LANSBURY






Nach diesem historischen Theatermitschnitt von PBS, der Angela Lansbury und die Originalstimme von Darth Vader in Traumrollen zeigt, suche ich bereits seit 7 Jahren. Endlich ist er nun frei (und vollständig) verfügbar.

Viele kennen den oscarprämierten Film von 1989 mit Morgan Freeman und der brillanten (oscarprämierten) Jessica Tandy in den Hauptrollen und haben auch noch den klassischen Hans-Zimmer-Soundtrack im Ohr.

Aber wenige im deutschsprachigen Raum wissen, dass es sich ursprünglich um ein Bühnenstück handelt, genauer ein Drei-Personen-Stück, das 1987 als Off-Broadway-Produktion debütierte, mit Morgan Freeman, Dana Ivey und Ray Gill (in der Rolle des Sohnes) in den Hauptrollen. Regie führte damals Ron Lagomarsino.

Die damalige Produktion, sie lief vom 15. April 1987 bis zum 3. Juni 1990 1195 Vorstellungen lang,wurde mit 3 Outer Critics Cicle Awards prämiert, einem Obie-Award und dem Pulitzerpreis für das Beste Neue Stück 1988.

Der Inhalt:

Die Zeit: 1948, der Ort: Atlanta, Georgia.

Ein Unfall ist zu hören, und Daisy Werthan, 72 Jahre alt, Jüdin, befindet sich mit ihrem Sohn Boolie, 40 Jahre alt, in ihrem Wohnzimmer. Sie hat einen Unfall mit ihrem Auto verursacht, und Boolie besteht darauf, dass sie einen Fahrer bekommt. Boolie ist in seinem Büro und interviewt Hoke Coleburn, einen schwarzen Mann um die 60. Er ist arbeitslos. In den nächsten 25 Jahren fährt Hoke "Miss Daisy". Anfangs sind sie einander gegenüber misstrauisch, doch Hoke erträgt die etwas schrullige Miss Daisy mit Bravour. Sie bringt Hoke das Lesen bei, als sie erfährt, dass er es nicht kann, was ihr als Lehrerin leicht fällt. Im Laufe der Jahre entwickeln die beiden, letztlich durch ihre jeweiligen Rassimuserfahrungen einander näher als sie denken, ein enges Verhältnis zueinander. In der Schlussszene befindet sich Miss Daisy wegen zunehmenden Gedächtnisverlusts in einem Pflegeheim, ist aber noch so klar, dass sie Hoke, der sie besuchen kommt, sagen kann, er sei ihr bester Freund.




Das Stück, das zu Uhrys Atlanta-Trilogie gehört, hat einen biografischen Hintergrund.

Es wurde von Alfred Uhrys Großmutter Lena Fox, ihrem Chauffeur Will Coleman und seinem Vater inspiriert. Seine Großmutter, eine Jüdin, die in den 1960er Jahren in Atlanta lebte, musste nach einem Autounfall das Autofahren aufgeben und stellte Coleman ein, der sie 25 Jahre lang fuhr – daraus entstand die Stückidee.

Historisch thematisiert “Driving Miss Daisy”, u.a. die Auswirkungen des Bombenanschlags auf den Tempel der Hebrew Benevolent Congregation im Jahr 1958 und das Ehrendinner der Stadt Atlanta zu Ehren der Verleihung des Friedensnobelpreises an Martin Luther King Jr. im Oktober 1964.


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Im Jahr 2010 wagte David Esbjornson eine Broadway-Neuinszenierung von „Driving Miss Daisy“ die später auch im Londoner Westend lief. Die Hauptrollen spielten Theater-Titan James Earl Jones (Hoke), Vanessa Redgrave (Miss Daisy) und Boyd Gaines (Boolie).

 2013 tourte dieselbe Inszenierung 5 Monate durch lang Australien. Dort wurde sie fürs US-TV gefilmt. Es ist diese Komplettaufnahme die ich an dieser Stelle zur Verfügung stellen kann.


Auf Tour wiederholten Jones und Gaines ihre Rollen, die Rolle der Miss Daisy wurde von einer wahren Theaterlegende, Dame Angela Lansbury, übernommen, die sich für die Rolle extra einen Südstaaten-Akzent antrainierte.

Lansbury, deren Filmkarriere 1944 begann, ihr 3 Oscarnominierungen bescherte, wurde ab Mitte der 60-Jahre zum Theaterstar am Broadway wo sie 5 Tony-Awards gewann (viermal als beste Hauptdarstellerin in einem Musical – für „Mame“, „Dear World“, „Gypsy“ und „Sweeney Todd“ - , einmal als beste Nebendarstellerin in einem Drama), wechselte in den 80igern vorübergehend ins TV, wo sie als Jessica Flecher in „Mord ist ihr Hobby“ für 12 Staffeln 12 Emmy Nominierungen als beste Hauptdarstellerin gewann.

Mehr zu ihr hier: https://uncahierducinema.blogspot.com/2022/05/angela-lansbury-verbeugung-vor-einer.html

Die australische Tournee der Broadway-Produktion von Driving Miss Daisy fand vom 9. Februar bis zum 16. Juni 2013 vor ausverkauften Häusern in Brisbane, Sydney, Melbourne, Adelaide und Perth statt.

Diese Aufführung des Stücks wurde während der erfolgreichen fünfwöchigen Laufzeit im Comedy Theatre in Melbourne, Australien, vom 5. April bis 12. Mai 2013 mit sechs Kameras in High-Definition-Video gefilmt.

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Für die Dreharbeiten mit sechs Kameras wurde ein lokales Team eingesetzt, und das in Melbourne ansässige unabhängige Unternehmen Soundfirm führte die gesamte Postproduktion - Bild und Ton – durch.

Zum Kreativteam gehörten John Lee Beatty (Bühnenbild), Peter Kaczorowski (Lichtdesign), Wendall K. Harrington (Projektionsdesign), Christopher Cronin (Sounddesign) und Mark Bennett (Komponist).

Die Inszenierung ist bemerkenswert in jeder Hinsicht: Nicht nur das kreative Bühnenbild und Lichtdesign, die zahlreiche Schauplatzwechsel sinnlich meistern und viel mit Rückprojektionen arbeiten, die gute Musik und die so simple wie raffinierte Art die Autofahrten auf der Bühne umzusetzen, sondern die extrem dichte Inszenierung und vor allem die fantastischen Darstellungen begeistern.

Der Lansbury, damals 88 Jahre alt und in absoluter Hochform, und James Earl Jones, 82, dem besten amerikanischen Theaterdarsteller seiner Generation (sein Durchbruch mit seinem Gewaltakt in Howard Sacklers „Die große weiße Hoffnung“ für den er 1969 als erster Schwarzer den Tony Award als bester Hauptdarsteller in einem Drama gewann, ist legendär, sein „King Lear“ 1974 für „Shakespeare In The Park“ unübertroffen) könnte man unbegrenzt zusehen: Ihr Timing, Zusammenspiel, das Zuspielen der Bälle ist ein reiner Traum, der Wechsel von tiefdramatischen Momenten zu menschelnder, hinreißender Komik ist erstaunlich fließend und verblüffend tiefgründig.

Die, in beiden Fällen, mehr als 40 Jahre Theatererfahrung sind auf der Bühne physisch greifbar. Auch Boyd Gaines ist exzellent.

Fazit:

Ein ganz großer Theatergenuss der Premiumklasse!!


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