Der Titel dieses Blogs spielt natürlich auf das berühmte Magazin "Cahiers Du Cinema" (Notizen zum Kino) an, dessen Filmkritiker Francois Truffaut und Claude Chabrol später Regisseure und Wegbereiter eines neuen französischen Kinos wurden.
Dennoch ist dies kein arthouse Blog. Es ist ein Blog über die Liebe zum Film. Gute Filme. Und sehr schlechte. Egal woher sie stammen. Egal wie sie zu klassifizieren sind.

Freitag, 13. Oktober 2017

STEPHEN KINGS "ES (2017)" - WILLKOMMEN IN DERRY !






„Der Schrecken der weitere achtundzwanzig Jahre kein Ende nehmen sollte – wenn er überhaupt je ein Ende nahm - , begann, soviel ich weiß und sagen kann, mit einem Boot aus Zeitungspapier, das einen vom Regen überfluteten Rinnstein entlangtrieb“ mit diesem legendären Eröffnungssatz beginnt einer der bedeutendsten unheimlichen Romane des 20. Jahrhunderts….


Der Roman der uns das Fürchten lehrte...
1958: In der fiktiven Kleinstadt Derry , Maine, finden sieben etwa 11 - jährige Kinder, alles Außenseiter, zusammen: Der stotternde Bill Denbrough, der schwarze Mike Hanlon, der übergewichtige Ben Hanscom, Beverly Marsh die von ihrem Vater geprügelt wird, Stan Uris, der Jude ist, Brillenschlange Richie Tozier und der Asthmatiker Eddie Kaspbrak . Sie nennen sich selbst „Der Club der Verlierer“. Sie schließen sich zusammen, da sie von den anderen Kindern nicht akzeptiert werden. Und, sie sind die einzigen die erkennen, dass die Serie seltsamer Kindermorde in der Stadt auf das Konto eines monströsen, uralten, übernatürlichen Wesens geht, das die Urängste der Menschen kennt, und seine Gestalt verändern kann. Diese Wesenheit lauert seit der Morgendämmerung der Menschheit.

Seine bösartigste Inkarnation: Der Clown Pennywise. Gemeinsam und mit der Kraft der Fantasie beschließen sie das Wesen zu vernichten........

Doch 27 Jahre später beginnen die Morde erneut, und der alte Pakt ruft die nun vom Leben gezeichneten Erwachsenen zurück in die Stadt ihrer Kindheit.....


Vom Feuilleton lange Jahre unterschätzt: Schriftsteller Stephen King
Der 1986 erschienene Roman wurde mittlerweile selbst von Frank Schirrmacher in der FAZ als "einer der großen amerikanischen Romane der letzten 50 Jahre" bezeichnet. Stephen Kings hypnotisches Meisterwerk ist Horrorroman und epische Liebeserklärung an die Kindheit zugleich und spielt auf zwei Zeitebenen, in den brütendheißen Sommerferien von 1958, und im Sommer 1985.

Praktisch alles an dem Buch ist brillant: der enorme erzählerische Atem, das Couleur der Zeit, die virtuose Detailliertheit mit der King die 50er Jahre fast körperlich spürbar wiederauferstehen lasst und die Essenz der 80iger einfängt, noch bevor sie vorüber waren; die hohe, fast vibrierende atmosphärische Dichte, die grandiosen Figurenzeichnungen, die ungeheure Hochspannung, die vielen unvergesslichen (oft unvergesslich gruseligen) Momente, die überall aufblitzende poetische Kraft des großen Erzählers, der seine unbändige Imaginationskraft nur durch höchstes schriftstellerisches Handwerk überhaupt in Zaum halten kann.

Der Erwachsenen - Cast von 1990. Als "Krusty der Clown": Tim Curry.
Definitiv ein ganz großer Wurf, definitiv ein sehr bewegendes Werk mit Sogwirkung. Der Sommer, da man es das erste Mal gelesen hat, bleibt unvergesslich. Ich glaube, ich hatte am Ende Tränen in den Augen. „Es“ definierte die Unterhaltungsliteratur der 80iger Jahre völlig neu und gewann 1987 den British Fantasy Award und den Bram Stoker Award, war nominiert für den Locus Award und den World Fantasy Award.

1990 folgte unter der Regie von Tommy Lee Wallace eine sehr gelungene TV-Verfilmung des Romans „Es“ als Zweiteiler mit Tim Curry als Pennywise, sowie Richard Thomas, John Ritter, Annette O’Toole, Olivia Hussey, Jonathan Brandis & Seth Green und vielen Anderen.

„Beachtliche (Fernseh-)Verfilmung eines Horror-Romans von Stephen King, die geschickt eine bedrohliche Atmosphäre aufbaut und auf unnötige blutige Effekte verzichtet“
urteilte das Fachmagazin filmdienst seinerzeit.

Der jugendliche Cast von 2017: (von Links nach Rechts: Chosen Jacobs, Finn
Wolffhard, Sophia Lillis, Jaeden Lieberher, Jack Dylan Grazer, Wyatt
Oleff und Jeremy Ray Taylor
Wie nun schlägt sich die von Andy Muschietti verantwortete Neuverfilmung von 2017 – 27 Jahre nach der ersten Verfilmung? Eine Zeitspanne, nebenbei, die kein Zufall ist, denn, wer den Roman kennt, weiß es, alle 27 Jahre erwacht „Es“ aus seinem Winterschlaf zu schrecklicher Existenz. Nun, zunächst einmal sollten wir einen Blick zurückwerfen denn die Kinoneuverfilmung durchlief einen längeren und komplexen Produktionsprozess.

Ursprünglich sollte, so wurde um 2009 herum verkündet, David Kajganich den Stoff als Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion für Warner Brothers realisieren. Zu dieser Zeit war noch von einem einzelnen Spielfilm die Rede, aber Kajganich brachte bereits die Idee ein, die Zeitlinie des Romans zu verschieben. Statt 1958 (Kindheit) und 1985 (Jetztzeit) sollte er nun 1985 und 2012 spielen. Kajganichs Idealbesetzung für Pennywise den Clown wäre Buster Keaton gewesen, der jedoch, da entsprechend abgelebt, nicht mehr zur Verfügung stand. Kajganich arbeitete bis 2010 an dem Stoff.

Am 7. Juni 2012 verkündete der „Hollywood Reporter“, dass Cary Fukunaga (bekannt für „Sin Nombre“ und die erste Staffel von „True Detective“) Regie führen und das Drehbuch schreiben würde, nachdem Warner Brothers den Film zu New Line Cinema geschoben hatte. Co-Autor sollte Chase Palmer sein. Diese Skriptfassung fand Stephen Kings ausdrückliches approval. Seine Rückmeldung war „Go with God, please! This is the version the studio should make.” Fukunaga war es auch, der die Idee ins Spiel brachte ZWEI Spielfilme zu drehen, wovon der erste die Kindheitsebene und der zweite, später zu Veröffentlichende, deren Erwachsenenalter thematisieren sollte. Eine für das Projekt wie sich zeigen sollte wegweisende Entscheidung.

Stadtplan des fiktiven Derry, Maine aus Kings Roman.
„Ich bin gerade dabei das erste Skript umzuschreiben. Wir arbeiten noch nicht am zweiten Teil. Das erste Skript ist über die Kids. Es ist mehr wie „Die Goonies (1985)“ treffen einen Horrorfilm. Wir bleiben definitiv dem Geist von Stephen King treu, aber der Horror muss modernisiert werden um ihn relevant zu machen. Das ist mein Job, jetzt, in diesem Abschnitt. Ich arbeite daran dass der Horror mehr über Spannung als über die Visualisierung von Monstern funktioniert. Ich finde das einfach nicht unheimlich. Das was da sein könnte, die Geräusche, wie es mit Gegenständen interagiert, das ist gruseliger als tatsächliche Monster“ beschrieb Fukunaga den Arbeitsprozess.

Im Februar 2015 wurde Will Poulter offiziell als Pennywise annunciert. Sein Vorsprechen hatte Cary Fukunaga offenbar regelrecht umgehauen.

Doch bereits im Mai 2015 stieg Cary Fukunaga offiziell aus dem Projekt aus, da die Differenzen mit New Line Cinema unüberbrückbar waren. Änderungen waren verlangt worden, die die Regie nicht verantworten konnte, und das Budget war so drastisch zusammengestrichen worden, dass Fukunaga den Film, der auf den Drehbuchseiten stand, nie mehr hätte umsetzen können.

„Das Remake von `ES´ mag tot sein – oder untot – aber uns bleibt immer noch Tim Curry. Er fliegt immer noch…in der Kanalisation von Derry“ so Stephen King damals.

Das war kurz bevor Andres Muschietti das Projekt übernahm.

Hier ein interessantes Interview mit ihm:



Bill Skarsgard: Halb und halb
Seine Schwester Barbara kam als Produzentin mit an Bord, der Rest des Teams blieb. Nur: Da „Es“ nun nochmal neu adaptiert werden musste (von Andy Muschietti & Gary Dauberman auf der Basis des Fukunaga-Palmer Skripts) und nicht im vorhergesehen Zeitkorridor gedreht werden konnte, war es Will Poulter wegen Drehplankonflikten nicht mehr möglich, weiter zur Verfügung zu stehen. Jetzt wurde das komplette Projekt noch einmal neu geschnürt, und die Rolle des Pennywise ging endgültig an Bill Skarsgard, Sohn des bekannten schwedischen Schauspielers Stellan Skarsgard („Breaking The Waves“, „Nymphomaniac“) und Bruder des neuen Jeans-Tarzan Alexander Skarsgard.

Die Dreharbeiten begannen am 27. Juni 2016 in Riverdale bei Toronto und endeten am 21. September 2016.

Hier ein paar Ausschnitte (Spoilerfrei) vom Dreh:



Die Weltpremiere fand am 5. September 2017 in Los Angeles statt. Am 28. September 2017 startete der Film in Deutschland.

Werfen wir einen Blick auf das Ergebnis.


Enid Blytons Fünf Freunde? Nein! Der "Club der Verlierer"
Andy Muschiettis Neuverfilmung ist stark, und sehr weitgehend gelungen. Ein Film, der seine literarische Vorlage mit hohem Respekt behandelt, auch wenn er deren poetische Kraft nie wirklich erreicht, der sehr viel richtig und wenig falsch macht. Erst einmal: Die Mischung aus bewegender Coming-Of-Age Story und mitreißendem Horrorschocker, die ja auch die literarische Vorlage auszeichnet, geht voll auf. Die Balance stimmt, die verschiedenen Tonalitäten werden mit maximaler Stilsicherheit mühelos erreicht und erfüllt. Da wandelt sich ein alberner Moment in einen berührenden und kippt dann in namenlosen Schrecken.

Entspannt sich eine Romanze? Aber auch die Richtige?
Wesentlich dabei ist, dass die Story um den Club der Verlierer stets „character driven“ bleibt, also von den Figuren und deren Entwicklung ausgeht und sich für diese verschiedenen Charaktere, die King in so umwerfender Vielschichtigkeit gezeichnet hat, Zeit nimmt. 130 Minuten dauert der Film, und er nimmt sich Ruhe und Zeit um die sieben Kinder des Clubs der Verlierer nacheiander zusammenzuführen. Jede dieser Figuren hat ihren starken Solo-Moment, ihren Bogen und – am Ende – ihre Koda. Der Umgang mit diesen Figuren ist außerordentlich liebevoll, und ihre Nöte, Sorgen und Ängste sind werkgetreu und sensibel in die 80er Jahre transportiert.

Sogar der Schul –Bully Henry Bowers (der im zweiten Teil auch als Erwachsener noch eine Rolle spielen wird) ist mit Grauschattierungen gezeichnet.

Zu oft Rambo gesehen: Henry Bowers (Toll: Nicholas Hamilton)

"Ich kauf mir einen roten Luftballon...."
Interessant sind die Erwachsenfiguren. Noch nie ist – außerhalb eines Charlie Brown Cartoons – die Erlebniswelt der Kinder so abgeschottet von der Welt der Erwachsenen gezeigt worden. Alle erwachsenen Figuren in diesem Film sind Randerscheinungen, meist Negative. Der sadistische Polizist der den Sohn quält, die hysterische Mutter die ihren Sohn zum manischen Hypochonder erzieht, der Vater einer Tochter, der sie missbrauchen will, usw. Nur der Ladenbesitzer in der Hauptstraße, Mr. Keene, wird als lediglich etwas grotesker Herr gezeigt. Davon abgesehen sind die Erwachsenen in diesem Film auffällig absent. Fast, als wäre Derry, Maine, die Stadt der Kinder.

Dann – das Tempo stimmt. Obwohl der Film sich Zeit für seine Protagonisten nimmt, bleibt er stets dicht und packend, über zwei Stunden lang keinerlei Leerlauf, und an manchen Stellen wird er sogar außerordentlich rasant. Er ist ein dichtes, perfekt geschnürtes Paket aus dem nichts überquillt. Alles wirkt wie aus einem Guss, in einem Rutsch, eine einzige große hochemotionale Achterbahnfahrt mit durchgetretenem Gaspedal.

Die schrecklichen Folgen der Wasserverschmutzung...
Die Schocksequenzen sind im Grunde sehr überzeugend, man hat die fleischgewordenen Ängste der Kinder die sie in monströser Form verfolgen, glänzend in die 80iger Jahre übertragen. Der Unterschied ist hier entscheidend. Wenn die Kindheitserzählung in den 50iger Jahren spielt, dann sind die Kids mit den klassischen Horrorfilmen, den Matineen der 40iger und 50iger aufgewachsen, mit den damals ultracoolen und erschreckenden Monstern von Universal, der Mumie, Dracula, dem Wolfsmann. Für Kids der Spätfünfziger waren sie die Inkarnation ihrer Ängste, hausten sie in den dunklen Kammern ihrer Seelen.

Nicht so für Kinder in den 80iger Jahren.

Man musste also die Ängste, die Alpträume, die sich in den Inkarnationen von „Es“ auf übernatürliche Weise manifestieren neu interpretieren, für die Generation der 80iger übersetzen. Das gelang auf brillante, hochintelligente Weise ohne den Roman dabei zu verraten. Spannungsaufbau und Gruselfaktor sind dabei durchaus hoch, die Lösungen für die Schocks sind erstaunlich kreativ und oft überraschend.

Das ultimative Grauen: Urlaubsdias.
Nur zwei Aspekte fallen negativ auf. Erstens wird zu oft und zu viel mit klassischen Jump Scares gearbeitet, was auf die Dauer nervt und sich auch immer mehr abnutzt. Besonders die Tonspur ist hier von Ohren marternder Aufdringlichkeit.  Aber offensichtlich braucht es mittlerweile derlei Zugeständnisse an ein Publikum, das eine Aufmerksamkeitsspanne von unter 2 Minuten hat , durch Metzelfilme sagenhaft abgestumpft ist und sein I-phone, diese technokratische Hydra, mit ins Kino nimmt. Dagegen muss man eben mit Spektakel ankämpfen. Dennoch bleibt es bedauerlich, weil man sehr genau spürt, dass Muschietti Spannung und Grauen auch auf andere, intelligentere, hochstehendere Weise zu erzeugen versteht.

Trotz dieses Mankos ist der Ideenreichtum gerade in der Visualisierung des Schreckens ungewöhnlich hoch. Man trifft fast nie auf eine bildliche Umsetzung die man tatsächlich so erwartet. Zweite Einschränkung: Es wird insgesamt zu sehr auf Pennywise verengt und fokussiert, er stellt aber ja nur eine der vielen Inkarnationen von „Es“ dar, wenn auch eine besonders furchterregende. Hier, in dieser Adaption wird er praktisch beinahe zum Hauptmonster und das könnte problematisch werden für den geplanten zweiten Teil. Die Urform der Kreatur haben wir in diesem ersten Film nämlich noch überhaupt nicht zu Gesicht bekommen.

They're floating down here....
Außerordentlich gut sind die schauspielerischen Leistungen, namentlich der Kinderdarsteller, die den Film ohne Anstrengung und souverän alleine tragen. Man weiß gar nicht wen man zuerst loben soll, der Club der Verlierer ist einfach zu erstklassig besetzt und zu glaubwürdig gespielt, daher seien sie ohne spezielle Reihenfolge hier genannt: Jaeden Lieberher als Stotterer Bill Denbrough, Jeremy Ray Taylor als fettleibiger Ben Hanscom, Sophia Lillis ideal als Beverly Marsh, Finn Wolfhardt als Brillenschlange Richie Tozier, Chosen Jacobs als der dunkelhäutige Mike Hanlon, Jack Dylan Grazer als Hypochonder Eddie Kaspbrak und Wyatt Oleff als Stanley Uris. Hervorragend auch Nicholas Hamilton als Henry Bowers dem die kriminelle Karriere schon vorgezeichnet ist. Es sind diese glänzenden Jungdarsteller, alle bereits recht erfahren, was man spüren und sehen kann, die einen hohen Teil zum Gelingen dieses vielschichtigen und packenden Horrorfilms beitragen, indem sie uns zwingen diese Figuren zu mögen, gern zu haben, mit ihnen zu lachen und zu weinen – ihretwegen ist uns nicht egal, was mit diesen Charakteren geschieht.

Das war und ist die Essenz von Stephen Kings „Es“

Hier ein Interview mit dem jugendlichen Cast:


Einen herausragenden Clown der Finsternis gibt Bill Skarsgard als Pennywise – eine glänzende, beängstigende tour de force, auch wenn hinter dem extremen Make Up und den visuellen Effekten die darstellerische Leistung nicht immer sicher auszumachen ist. Keine Frage, Andres Muschietti versteht auch etwas von Schauspielerführung. 

Schlüsselszene im Vergleich: Georgie Denbrough trifft auf Pennywise. Oben 1990, unten
2017.

Ebenfalls hervorzuheben ist die ungewöhnlich hohe Sorgfalt, handwerklich und künstlerisch, von „Es“. Sie äußert sich nicht nur in der glänzenden, teilweise herausragenden Kameraführung von Chung-hoon Chung – allein die komplexe Eröffnungssequenz ist eine betörende visuelle Glanzleistung – sondern auch in der Leistung der Ausstatter die unendlich detailverliebt die 80iger rekreierten; das reicht von spezifischen Schaufensterdekorationen, Kleidung, selbst Autos die unbenutzt auf der Straße stehen, bis hin zu der Art wie Telefone aussahen, oder Diaprojektoren, und welche Geräusche sie machten, wie der Inhalt eines Federmäppchens aussah. Auch der Musikgeschmack der Zeit ist, natürlich, berücksichtigt. Das Couleur der Zeit ist auf so hohem Niveau eingefangen, dass der Film ausstatterisch auch eine Episode von „Magnum“ oder „Ein Colt für alle Fälle“ sein könnte. Sogar echte Walkie Talkies sind noch im Einsatz!

Der glänzende Kindercast von 1990
Zusätzlich wurde der Film mit Anspielungen auf das Romanwerk Stephen Kings und auf die 80er Jahre regelrecht gespickt. So prangt auf dem T-Shirt eines der Handelnden der Name der Warenhauskette Freezes die es in den 80igern in Kings Heimatstadt Bangor tatsächlich gab, auf dem T-Shirt von Eddie Kaspbrak wiederum ein tödlicher Plymouth, den King-Leser als „Christine“ erkennen, Das Fahrrad von Bill Denbrough heißt, wie im Roman, auch hier „Silver“; die gruselige „Tall Paul“ genannte Paul Bunyan Statue aus Bangor die im Roman eine größere Rolle spielt (sie wird nämlich lebendig und verfolgt Richie Tozier) taucht als Anspielung auch kurz im Kinofilm auf, im Kino von Derry, Maine, laufen zeitgerecht „A Nightmare On Elm Street 5“ und Tim Burtons „Batman“, in einem Zimmer voller Clowns, zu guter letzt, ist auch Tim Curry’s Pennywise kurz als Puppe zu sehen und in einer Diner-Szene kann man, wenn man genau hinkuckt, Comedian John Oliver (Last Week Tonight With John Oliver) erblicken, der als leidenschaftlicher King-Fan um diesen Cameo-Auftritt gebeten hatte.

Die Sorgfalt manifestiert sich aber auch noch auf einer höheren Ebene, der der Symboliken die der Film benutzt. Sie entwickeln durch die komplette Handlung hindurch eine absolut unheimliche Konsequenz. Es macht Sinn wenn sich Beverly Marsh wütend die Haare abschneidet um für ihren lüsternen Vater kein Sexobjekt abzugeben, es macht plötzlich Sinn, dass sie nur noch mit Jungs abhängen und ein Junge sein will; es macht Sinn dass sie dies tut obschon sie ein, zwei Jahre älter ist. Und es macht Sinn, dass „Es“ ihre Ängste spüren, sie riechen kann, sie daher intim im Bad überfällt und dass Haare dabei plötzlich eine gewisse Rolle spielen. Wenn Elemente sich auf diese Weise und in dieser Konsequenz dramaturgisch ergänzen und verflechten (pun intended) , dann ist das ein Zeichen für hohe Sorgfalt des Erzählerischen.

Nur selten nimmt eine Literaturverfilmung heute noch ihre Vorlage so rückhaltlos ernst. Vielleicht auch weil heute nur noch selten eine literarische Vorlage so rückhaltlos gut ist.

Uns bleibt nur noch den zweiten Film abzuwarten, um abschließend beurteilen zu können, ob die Neuverfilmung von Stephen Kings „Es“ in Summa ein wirklich ganz und gar gelungenes Unterfangen darstellt. „Chapter One“, wie der erste Film mit Untertitel heißt, ist jedenfalls ein starker Start, sehr gelungen und wärmstens zu empfehlen.
Oder um es mit den Worten von Stephen King zu sagen, der sich auf Twitter zum Film äußerte:




Für heute aber bleibt uns aber nur, diese kleine Kritik mit den Worten aus dem Innenleben von Bill Denbrough zu beschließen, mit denen Stephen King 1986 die Kindheitserzählung innerhalb des Romans „Es“ enden ließ:


“But there would be odd moments of time when Bill pulled the
questions out again and examined them: The power of the silver, the
power of the slugs-where does power like that come from? Where does any
power come from? How do you get it? How do you use it?


It seemed to him that their lives might depend on those questions.
One night as he was falling asleep, the rain a steady lulling patter on the
roof and against the windows, it occurred to him that there was another
question, perhaps the only question. It had some real shape; he had
nearly seen It. To see the shape was to see the secret. Was that also true of
power? Perhaps it was. For wasn’t it true that power, like It, was a shape-
changer? It was a baby crying in the middle of the night, it was an atomic
bomb, it was a silver slug, it was the way Beverly looked at Bill and the
way Bill looked back.

What, exactly what, was power, anyway?”

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