Der Titel dieses Blogs spielt natürlich auf das berühmte Magazin "Cahiers Du Cinema" (Notizen zum Kino) an, dessen Filmkritiker Francois Truffaut und Claude Chabrol später Regisseure und Wegbereiter eines neuen französischen Kinos wurden.
Dennoch ist dies kein arthouse Blog. Es ist ein Blog über die Liebe zum Film. Gute Filme. Und sehr schlechte. Egal woher sie stammen. Egal wie sie zu klassifizieren sind.

Donnerstag, 19. Januar 2017

JUDGMENT AT NUREMBERG, TV-FASSUNG 1959 (Link zum kompletten Film)


An dieser Stelle war ursprünglich das Video zum kompletten Fernsehspiel "Judgment At Nuremberg" von 1959 aus der TV-Reihe Playhouse 90 verlinkt, das sich nach wie vor als Privatkopie in meinem Besitz befindet. Aufgrund einer Beschwerde von MGM wurde das Video nach mehreren Monaten überraschend von youtube gelöscht, ich wurde scharf verwarnt. Der Gag an der Sache: MGM hält überhaupt nicht die Rechte an dem Fernsehspiel sondern nur am Kinoremake. Das Fernsehspiel das vor dem Posting 22 Jahre lang verschollen war , da es nicht mehr kommerziell ausgewertet wird & wird nun für die Öffentlichkeit weiterhin nicht mehr zugänglich sein. Mittlerweile scheint man bei youtube seine Hauptaufgabe darin zu sehen klassisches Filmmaterial das nicht nicht mehr käuflich erwerblich ist zu unterdrücken. Ich bedauere diese Entwicklung. 



Meine Suche dauerte volle 22 -ZWEIUNDZWANZIG- JAHRE! Wenige wissen: „URTEIL VON NÜRNBERG“ von Stanley Kramer 1961 mit Starbesetzung inszeniert - war ein REMAKE! Das Original zum legendären Gerichtsdrama mit Spencer Tracy, Maximilian Schell, Judy Garland und Burt Lancaster entstammte der Anthology Serie „Playhouse 90“ und war nur 90 Minuten lang. Die Liveausstrahlung erfolgte am 16. April 1959. MAXIMILIAN SCHELL spielte bereits den Strafverteidiger der hier noch Otto Rolfe und nicht Hans Rolfe hieß. Die Rolle wiederholte er, deutlich weiterentwickelt, 1961 auf der Großleinwand und gewann dafür als erster und einziger deutschsprachiger Schauspieler der Tonfilm – Ära den Oscar als Bester Hauptdarsteller. Richter Haywood wurde hier gespielt von Claude Rains, der Staatsanwalt Parker von Melvyn Douglas, der Angeklagte Ernst Janning vom deutschstämmigen Oscarpreisträger Paul Lukas, „Die Wacht am Rhein“. Regie führte GEORGE ROY HILL , späterer Oscarpreisträger für „Der Clou“ 1973, das Drehbuch stammte bereits von ABBY MANN, der für die Kinofassung den Drehbuch – Oscar erhielt. Die Anmoderation übernimmt hier kein Geringerer als Telford Taylor, einer der realen Chefankläger des Kriegsverbrecherprozesses von Nürnberg.

Diese Fassung ist, auch durch die Kürze, radikaler, simplifiziert etwas mehr, ist jedoch wie der Kinofilm von 1961 exquisit gespielt. Maximilian Schell steht regelrecht unter Strom und Claude Rains ist als Richter fast so stark wie Tracy, auch wenn er viel weniger Screentime hat. Dadurch, dass es sich– von den MAZ Einspielern aus Originaldokumentationen abgesehen – um eine wie eine Theateraufführung am Stück durchgespielte Live – Übertragung handelt, aufgezeichnet im logistisch unfassbar komplizierten Multikamera –Verfahren , ist Vieles etwas roher, ungeschlachter, die production values sind natürlich deutlich geringer als beim Kinofilm. Dafür hat das TV Drama aber auch die flirrende Energie und Unmittelbarkeit einer Live-Darbietung. Absolutes Schmankerl: Die Originalfernsehwerbung von damals ist mit dabei, was für unfreiwillige Komik und perverse Kontraste sorgt. Ebenfalls noch erhalten: Bei der Ausstrahlung war auf Geheiß des damaligen Hauptsponsors, eines Gasherstellers, immer beim Wort „Gas“ in der Handlung des Films der Ton abgedreht, was seinerzeit einen Skandal auslöste.

Übrigens: Dass Fernsehspiele für die Leinwand neu verfilmt wurden, war in den 50igern, der Zeit des Live-Fernsehens, das oft kreativer und wagemutiger war als der Kintopp, durchaus nicht ungewöhnlich. Auch „Marty“, Oscar für den Besten Film 1955, „Die Tage des Weines und der Rosen“, „Die 12 Geschworenen“ und „Licht im Dunkel“ waren zuerst Fernsehspiele, die beiden letzteren wurden in der Folge – wie übrigens auch „Urteil von Nürnberg“ – zusätzlich für die Bühne adaptiert.

FAZIT: Auch wenn der 11-fach Oscar-nominierte Kinofilm klar besser und reifer ist, bleibt die TV Version von 1959 ein elektrisierendes, großartig gespieltes Stück Fernsehgeschichte, das Ehrfurcht verdient.

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