Der Titel dieses Blogs spielt natürlich auf das berühmte Magazin "Cahiers Du Cinema" (Notizen zum Kino) an, dessen Filmkritiker Francois Truffaut und Claude Chabrol später Regisseure und Wegbereiter eines neuen französischen Kinos wurden.
Dennoch ist dies kein arthouse Blog. Es ist ein Blog über die Liebe zum Film. Gute Filme. Und sehr schlechte. Egal woher sie stammen. Egal wie sie zu klassifizieren sind.

Sonntag, 6. Februar 2022

NANNIES, NAZIS UND NOVIZINNEN - TEIL 2: „....OEFFNET SICH IRGENDWO EIN FENSTER ….“



 DIE DREHARBEITEN: EIN SOMMER IN SALZBURG



 Im Juni 1964 dann flog das komplette Team nach Europa, und bezog Stellung in Salzburg Österreich. Als Double für die Von Trapp Villa diente das Privathaus von Max Reinhardts anderem Sohn, Wolfgang Reinhardt, damals Leiter der Salzburger Festspiele. Das Seeufer der Trapp Villa wurde an einem nahegelegenen Seegrundstück gefilmt. Immer wenn man im Film Hausfront und im Gegenschnitt das Ufer sieht, wurde an drei komplett verschiedenen Schauplätzen gedreht: Der Reinhardt – Villa, dem See-Grundstück, und dem originalgetreuen Nachbau des Seegrundstücks in den Studios in Hollywood.

Die berühmte Anfangssequenz, der Helicopter – Shot gehört zu den eindrucksvollsten Eröffnungsszenen der Filmgeschichte, und war schon von Ernest Lehman im Drehbuch entworfen worden. 

Von windumwehten Berggipfeln, über die Bergwälder, dann hinunter in die Täler, bis schließlich zu einer Alm auf der dem Publikum ein Punkt entgegenkommt, der im – ungeschnittenen – Näherkommen zu Julie Andrews wird, die sich dann in Großaufnahme (immer noch kein Schnitt) um die eigene Achse dreht, und die Titelnummer anstimmt 



 “The Hills Are Alive With The Sound Of Music….”.


So hatte Wise das Publikum praktisch schon vor der folgenden Titelmusik in der Tasche.
Für diese superb geschnittene Sequenz entwarf Wise eines derumfangreichste Storyboards das je verwendet wurde: Es umfasst 55 Seiten.

Die Eröffnung zu drehen, erwies sich sehr schwierig und nicht nur, weil man, wie für alle Bergszenen, einen stundenlangen Aufstieg durchstehen musste. Diese Einstellungen wurden erst kurz vor Abreise nach Hollywood als letzte Außenaufnahmen abgedreht.

Zuerst fiel auf, dass das Gras auf der Alm nicht so gewuchert war, wie man gewollt hatte. Das Drehteam hatte deshalb extra einen Vertrag mit dem Eigentümer geschlossen, die fragliche Hochalm nicht zu mähen. Leider tat er es doch. Zweites Problem: Durch den Helicopter war es so laut, dass man sich nicht verbal verständigen konnte, selbst ein Megaphon war nutzlos, so dass man letztlich sehr viele Takes brauchte, weil man die Sequenz nur vorher besprechen konnte.

 


Robert Wise saß während dieses Drehs in einem Baum, damit er nicht gesehen wurde, dirigierte - ohne Monitor – den Hubschrauber per Funk und Julie Andrews per Handzeichen.

Weiteres Problem: Durch den Wirbel der Rotorblätter wurde es mit der Zeit eiskalt. Als Julie Andrews schon am ganzen Leib zitterte und nicht weitermachen konnte, wedelte sie verzweifelt mit den Armen um Wise zum Szenenabbruch zu bewegen. Der aber reckte ihr plötzlich den Hochdaumen hin: Sequenz im Kasten!

Der in dieser Szene gesungene Song Sound Of Music enthält eigentlich einen gesprochenen Vorlauf, den Ernest Lehman zugunsten der Wirkung herausnahm. Die trillernden Klänge während des Fluges entstammen aber noch diesem Vorspiel.

Hier ein Interview mit Julie Andrews zum Dreh der Eröffnung:





Kurz nach "How you do solve a problem named Maria"


 “Maria” wurde wie gesagt in einem im Studio in Los Angeles aufgebauten Außenset gedreht, das eine detailgetreue Kopie des Innenhofes der echten Nonnberg Abtei war.
Auch die Klosterkapelle war – unglaublich, aber wahr – ein genialer Studionachbau von Boris Leven.

Bei der “Maria” Nummer standen die Choreografen Marc Breaux und Dee Dee Wood vor dem Problem, wie die Bewegungen der Nonnen zur Musik aussehen sollten. Immerhin war "The Sound Of Music" kein Tanzmusical a lá Gene Kelly oder Fred Astaire, sondern ein Singmusical, außerdem sollten die Bewegungen der Nonnen angemessen sein, und nicht ein völlig überzogenes Herumgesteppe. 


Also ließen sich die Choreografen extra zwei Habits kommen, schlüpften hinein und testeten am eigenen Leib, wie man sich darin entsprechend würdevoll, doch musikalisch bewegen könnte.

Die zwar nicht spektakuläre aber bis ins Detail ausgefeilte Choreografie zu “Maria” spiegelt dieses Brainstorming wider

Übrigens: Auch die Bewegungsabläufe der Marionetten in der Puppenspiel Sequenz von “The Lonely Goatherd” (die es in der Bühnenfassung nicht gibt; wieder eine Idee von Ernest Lehman) wurden eigens von den Choreografen entworfen und mit den Puppenspiel – Stars Bill und Cora Baird einstudiert. 


Julie Andrews mit dem "Lonely Goatherd"


Besondere Erwähnung verdient ein Besuch während der Dreharbeiten. Am selben Tag, als “I have Confidence” gedreht wurde, besuchte die echte Maria Von Trapp, mit ihrer  Enkelin Elisabeth den Drehort zu Salzburg. Robert Wise war erfreut und stellte die beiden dem Team vor. Schließlich hatte er die Idee, den beiden einen kurzen Auftritt als Passanten in der Szene des Tages zu geben. So geschah es auch. Also aufgemerkt: Während des genannten Songs durchquert Julie Andrews in der Salzburger Altstadt einen Torbogen. In diesem Moment geht, weit im Hintergrund, eine ältere Dame mit jüngerer Begleitung  an der Hand über die Straße. Das ist die echte Maria von Trapp:





Dreh zu "I have confidence"


Julie Andrews und die echte Maria


Dreh zu "I have confidence": Wise gibt Anweisungen


Andrews in einer Pause waehrend der Altstadt Sequenz zu "I have confidence"


Andrews nach dem Dreh von "I have confidence" während das Set der Trapp Familie vorbereitet wird


In der Szene von Liesels nächtlichem Rendezvous in der Laube, kam es zu einem Zwischenfall. Es handelte sich dabei um die letzte abzudrehende Szene des Films, die Innen-aufnahmen der Laube wurden in Hollywood gedreht. Bei dem Tanz auf den Bänken rutschte Charmian Carr plötzlich weg und brach durch die (Kunst-) Glasscheibe ins Freie. 

Sie blieb unverletzt, nur ihr Knöchel war massiv gestaucht. Da die Mietfrist für das Set nur noch zwei Tage lief, musste die Sequenz trotzdem unbedingt abgedreht werden. Also bekam sie einen Stützverband (in der alten Videofassung des Films noch leicht sichtbar, auf der DVD aber wegretouschiert) und Schmerzmittel vom Studioarzt, von denen sie heute glaubt, es seien Aufputschmittel gewesen. So drehte Charmian Carr die komplette Tanzsequenz in der Laube mit gestauchtem Knöchel (Autsch!) in einem 12 stündigen Marathon–Dreh. Als die Szene endlich abgeschlossen war, erhielt sie einen donnernden Applaus vom gesamten Team 



Eine amüsante Anekdote gibt es auch zur ersten Szene, die gedreht wurde.Dabei handelt es sich um die Gewitterszene, bei der Maria “My Favourite Things” singt (denselben Song den Björk später in Lars von Triers "Dancer In The Dark" in der Todeszelle singt: https://www.youtube.com/watch?v=ivVJEO5UEF).

Am Anfang der Szene kletterte Charmian Carr, als Liesel durchnässt und schmutzig durch das Fenster herein (in Wirklichkeit war das Fenster natürlich ebenerdig) und wurde vorher geduscht und mit Dreck beworfen, damit es aussah, als käme sie aus dem Sturm. 


Probe zu "My Favourite Things"


Nur war es Robert Wise nicht schmutzig genug “Dreckiger! Macht sie dreckiger!” war seine wiederholte Regieanweisung. Als die Szene abgedreht war, meinte er auf einmal “Warum habt ihr sie so dreckig gemacht? Sie sieht ja aus wie ein Schmutzfink!” 

Tja, Regisseure….

Diese Szene ist auch anderweitig von Belang. Da es sich tatsächlich um die erste Sequenz handelte, die gedreht wurde, war es auch die erste gemeinsame Kamera - Szene mit Julie und den Kindern. Da Julie Andrews wusste, dass diese erste Arbeit entscheidend dafür sein würde, ob zwischen ihr und den Kindern eine natürliche, frische Chemie entstand, versuchte sie eine sehr spielerische Annäherung, und Robert Wise sorgte dafür, dass die Kinder noch gar nicht bewusst merkten, wann mitgedreht wurde, und wann nicht. So gelang es den Spaß, den alle Beteiligten sichtlich hatten, in die fertig geschnittene Szene zu übertragen. 


"My Favourite Things": Trockenprobe vor dem Dreh

Eine der bemerkenswertesten Musiknummern des Films wurde „Do – Re –Mi“ : Im Stück ein zweigeteilter Song mit dem Maria den Kindern spielerisch das Singen beibringt.

Für den Film streckte Ernest Lehman den Song auf zahlreiche Schauplätze und erlaubte dadurch Zeitsprünge. Er nutzte die so entstandene Sequenz um zu zeigen, das zwischenzeitlich ein halber Sommer vergeht. In der großartigen Photographie durch Ted McCord und dem Schnitt von William Reynolds entstand so die erste musikalische Sequenz, die die Einheit von Zeit und Raum bewusst brach, und somit die Grundlage für die späteren Musikvideos legte. 


Mittelteil der "Do Re Mi" Sequenz: Die Fahrradszene


Altstadtszenen zu "Do Re Mi": In den Mirabellengaerten


Pause während der Dreharbeiten

Schlussbild der Bergaufnahmen zu "Do Re Mi"



Beim Dreh der Bootszene kam es zu einer Panne: Die Sequenz wurde ja auf einem echten See gedreht. 
Die erste Hürde war, dass die Szene, nachdem Maria und die Kinder ins Wasser gefallen und an Land geklettert sind, noch weiterläuft, der Dreh Stunden dauern würde, aber die Kinder und Julie Andrews ja innerhalb der Szene nass bleiben mussten. Also musste ein Crewmitglied, als professioneller Durchnässer, die Beteiligten zwischen jedem Take mit Wasser übergießen, den ganzen Tag lang. 


Ein professioneller Durchnaesser bei der Arbeit

Problematischer war, dass die kleine Kym Karath leider nicht schwimmen konnte. Also sprach man ab, dass Julie Andrews sie, während beide rückwärts ins Wasser fallen würden, festhalten sollte, um ein Ableben der Kinderdarstellerin zu verhindern. 

So weit, so gut. Nur beim eigentlichen Dreh kippten leider alle in eine andere Himmelsrichtung aus dem Boot, Julie Andrews nach hinten statt vorne, und konnte Kym Karath nicht erwischen. Nicht erhalten sind leider die Outtakes in denen die sieben Darsteller nach der …ähem… „Gesunkenen“ tauchen

Die kleine Gretel - Darstellerin wurde schließlich gerettet und unversehrt an Land gebracht. Nur hatte sie soviel Wasser geschluckt, dass sie sich versehentlich auf das Kleid von Heather Menzies erbrach. Ups! 

Nach getaner Arbeit ist gut Trocknen



Die Arbeit mit den Kinderdarstellern brachte ohnehin ein paar unerwartete Komplikationen mit sich. Die kleine Debbie Turner (Martha) verlor leider während des langwierigen Drehs mehrere Milchzähne. Kurzerhand, da sie ja nicht plötzlich unerklärliche Zahnlücken haben durfte, klebte man ihr künstliche Zähne in die Zahnlücken, damit es nicht auffiel.


Kym Karath hingegen schmeckte das österreichische Essen zu gut, und sie wurde rund und schwer. Bei der letzten Einstellung, der Flucht über die Berge, sollte Christopher Plummer die Kleine huckepack tragen, da sie aber so schwer geworden war, und die Schlucht so tief, bestand der Shakespeare-Mime aus Sicherheitsgründen auf einem leichteren Double.

 

Robert Wise als Entertainer


Christopher Plummer hatte übrigens während des Drehs immer wieder Gewissensbisse weil er die Rolle angenommen hatte. Spöttisch nannte er den Film immer The Sound Of Mucus (=”Der Klang des Schmalzes”), und meinte mit Julie Andrews zu arbeiten sei wie “jeden Tag eines mit einer Valentinstagskarte über den Schädel zu kriegen”. 

Hinzu kam, dass er Kindern gegenüber sehr scheu war, was sein Missvergnügen noch steigerte.

 Trotzdem gewann er, wie er später sagte, den “wilden Haufen” lieb, und nahm in späteren Jahren an vielen Sound Of Music – Reunions teil. 


Gemeinsamer Ausflug: Chris und Julie beim Bergwandern

In einer DrehPause: Chris Plummer,  Julie Andrews und Pamela Matthews


Auch mit Julie Andrews, die ihm half, Vergnügen an einem Dreh zu gewinnen, für den er sich damals schämte, verbindet ihn bis heute eine lebenslange Freundschaft. 

Schon damals freundete er sich mit der jungen Charmian Carr an, die mit ihm im gleichen Hotel untergebracht war. Er ging nicht nur mehrfach – in allen Ehren – mit ihr Essen, und sang bis frühmorgens in der Hotelbar Jacques Brel Chansons mit ihr, zu denen er Klavier spielte, sondern, als leidenschaftlicher Gourmet, führte er die 22-jährige auch in die hohe Kunst des Wein- und Sektgenusses ein. 


Charmian übt charmant Gitarre


Dadurch bekommt Charmian Carrs Textzeile in “So Long, Farewell” einen ironischen Hintergrund: “I´d like to stay, and drink my first champaign” und Von Trapps Antwort “No”. Tatsächlich hatte Miss Carr erst wenige Tage zuvor mit Christopher Plummer ihr erstes Glas echten Champagner getrunken. 




Plummer machte sich übrigens später, als er dann doch stolz war, in einem der populärsten Filme überhaupt mitgewirkt zu haben, Vorwürfe: 

Zwar brachte er sich, trotz seines Spöttelns voll ein, probte die langen Dialoge mit Julie Andrews immer wieder , steuerte zahlreiche Ideen bei, regte z.B. Drehbauchautor Ernest Lehman an, den Abschiedsdialog zwischen Von Trapp und der Baronin Schroeder umzuschreiben und ihn stilistisch an die Abschiedsszene in Oscar Wildes “Bildnis des Dorian Gray” anzulehnen, ja nahm sogar einen vielstündigen Almaufstieg in Kauf, um mit dem letzten lebenden österreichischen Verwandten von Georg Von Trapp zu sprechen, trotzdem war Plummers Darstellung recht hölzern.

Später sagte er “Jeder hat versucht den Film so unkitschig wie nur möglich zu machen, vor allem Julie und die Kinder. Der einzige, der wirklich hölzern war, war ich – und dafür hätte man mir in den Hintern treten sollen.” 




“Climb Every Mountain” , gesungen von Peggy Wood als Mutter Oberin, und als Reprise während der Flucht (oben) zu hören, ist einer der berühmtesten Songs aus "The Sound Of Music", und ging, wie später der Film selbst, in die amerikanische Kultur ein. 

Als 1966 der 11 jährige Michael Jackson ohne Erlaubnis seines Vaters im Kirchenchor auftrat, um den strengen Papa zu überzeugen, klein Michael bei den “Jackson Five” mitsingen zu lassen, war es der Song “Climb Every Mountain” den er sang.

Und wie wir wissen überzeugte er damit. 


Auch zu “Something Good” gibt es eine hübsche Anekdote.

Die Szene so subtil nur im Schattenriss zu drehen, war ursprünglich nicht vorgesehen gewesen. Beim Dreh der entsprechenden Szene aber hatte Julie Andrews ein Problem mit den Scheinwerfern. Sie gaben kuriose wummernd – knisternde Geräusche von sich, und immer an der romantischsten Stelle 


Die Andrews musste kichern, Plummer musste Kichern, alle mussten kichern. Nach dem zwanzigsten Take kicherte allerdings nur noch Julie Andrews. Entnervt kam Robert Wise die Idee, die ganze Szene in Silhouette zu drehen, damit man Julie Andrews nicht mehr grinsen sah. 



Ein wirklich peinlicher Fehler ereignet sich beim Dreh der Hochzeitsszene:

Man hatte eine schöne Kirche nahe Salzburg gefunden, (die berühmte Mondsee – Kapelle) die damals  abseits der üblichen Touristenrouten lag. Sie wurde extra für einen ganzen Tag gesperrt, so dass man nur diesen einen Tag Zeit hatte. Der erste Teil der Prozession war bereits gedreht, als die Altareinstellungen gedreht werden sollten.

Erst jetzt fiel dem Aufnahmeleiter auf, dass niemand daran gedacht hatte, dem Schauspieler Bescheid zu geben, der den Bischof spielen sollte. Man hatte einfach vergessen ihn anzurufen.

Was tun?

Die Zeit lief ab, die Szene musste gedreht werden Zum Einen, weil die Location nur noch wenige Stunden zur Verfügung stand, zum anderen weil jeder Drehtag Geld kostete, und die Dreharbeiten sich bereits um Wochen verzögert hatten, da man – wie gesagt 90 % des Films wurden unter freiem Himmel gedreht – ständig tagelang auf gutes Wetter hatte warten müssen.

Also – woher auf die Schnelle einen Bischof nehmen? Da hatte Robert Wise eine Idee Er rief den Bischof von Salzburg an, und bezirzte ihn solange bis er bereit war die Trauung “zu spielen”. Man sieht in der Szene also den echten, damaligen Salzburger Landesbischof. 



Warten auf den Bischof: Robert Wise und "Schauspieler"


Im letzten Drittel des Filmes, der dann schon unter der NS – Diktatur spielt, legte Robert Wise wert darauf, dass die Nazis nicht (wie in der deutschen Heimatfilmversion) nahezu komplett verschwiegen wurden, sondern eine deutliche, wenngleich musical-verträgliche Rolle spielen sollten. Natürlich wäre es geschmacklos gewesen hier etwa irgendwelche Gräuel oder dergleichen zu zeigen. 

Entscheidend war auch die lange Szenen - Sequenz des Sängertreffens in der Felsenreitschule. 

Das war einer der unangenehmsten Drehs des Films, denn es handelte sich um einen Nachtdreh, und es war bitterkalt. Während der Takes mussten die Darsteller – wie schon bei der dort spielenden Tagesszene – immer wieder in Decken gewickelt und mit Tee und Glühwein aufgewärmt werden, damit sie sich in den dünnen Kostümchen keine Erfrierungen holten. 


Brrrrr! Die Kinder werden zwischen den Takes aufgewaermt


Während dieser längeren Sequenz wird auch zum zweiten Mal der Song “Edelweiss” von Christopher Plummer gesungen, diesmal im Chor vom gesamten Publikum mitgesungen. Wegen dieser berühmten Stelle glauben heute noch (Umfrage 2004) 85 % aller Amerikaner, dass “Edelweiss” die österreichische Nationalhymne sei. 





                 Robert Wise, J. Andrews, C. Plummer, Richard Haydn und Peggy Wood



Eine wahre Fundgrube weiterer Infos ist die Dokumentation "The Sound Of Music: From Fact To Phenomenon" aus dem Jahr 1994:






BACKSTAGE - HINTER DEN KULISSEN:



Mit dem Klick auf den Foto-Link sehen Sie einige Impressionen von hinter den Kulissen dieses wunderbaren Films:


https://postimg.cc/gallery/nCyFfZ3



Weitere Backstage-Fotos sind in dieses Video eingewoben:




Aber auch rare Filmaufnahmen von den Dreharbeiten selbst existieren:




Hier haben wir einen Drehbericht von 1964:




Und auch ein Interview mit Christopher Plummer aus demselben Jahr:




Auch eine aufwendige Featurette mit Charmian Carr über die Attraktionen Salzburgs wurde damals produziert:







THE SOUND OF MUSIC - POST PRODUCTION:



Kurz vor Wintereinbruch 1964 waren die österreichischen Außendrehs beendet, das Team flog zurück nach L.A. für die Innenaufnahmen, die bis Mitte 1965 abgedreht waren. 

Schließlich mussten dann noch die Songs im Studio aufgenommen werden. Sonst war es bei Musicalfilmen üblich dieselben zu pre-recorden und dann in der zu drehenden Szene einzuspielen, so dass die Schauspieler lippensynchron agieren konnten. 

Wegen der vielen Außendrehs war dies im Fall von "The Sound Of Music" nicht möglich. Daher nahm man erstmals die Songs nachträglich auf (Heute wird nur noch so gearbeitet). Dazu sei festgehalten, dass alle Darsteller selbst sangen, auch die Kinder. 

Nur Christopher Plummer, ein leidenschaftlicher Sänger, ließ sich nachträglich (er hatte die Songs zuvor selbst aufgenommen) von dem Profi Bill Lee doubeln, weil ihm die Kluft zu Julie Andrews Stimme dann doch zu groß schien. 


Die Kinder bei den spaeteren Tonaufnahmen im Studio


Und Peggy Wood ließ sich bei der höchsten Note am Ende von “Climb Every Mountain” ebenfalls helfen, da sie sie altersbedingt nicht mehr erreichen konnte.

Zudem entschloss man sich den Gesang der Kinder (immerhin ja nur sieben Stimmchen) durch Gesangsstatisten ein wenig zu verstärken. So kamen noch drei junge Sängerinnen und Sänger im Studio dazu. Wir hören also insgesamt 10 Kinderstimmen im Film. 


J. Andrews im Tonstudio. Rechts Filmkomponist und Oscarpreistraeger Irwin Kostal


Eine dieser “Extras” war übrigens Charmian Carrs Schwester Darlene, die auch Duane Chases höchste Note in “So Long, Farewell” übernahm, die außerhalb seines Stimmumfangs lag.

Julie Andrews sang natürlich alles selbst, galt sie doch damals als einer der besten Sängerinnen, wegen ihrer extrem klaren Stimme, der perfekten Gesangstechnik, und des enormen Stimmumfangs: Volle vier Oktaven! Es wird berichtet, dass sie in ihren frühen Live – Auftritten sogar das fis über dem hohen C erreichen konnte. 


Julie Andrews mit Orchester und Irwin Kostal


Die für die Bühne komponierte Broadway – Musik konnte natürlich nicht eins zu eins in den Film übernommen werden: Spezielle Arrangements für Filmorchester waren ebenso notwendig wie neue Bridges, Backgroundmusiken, Titel – und Abspannmusik die alle auf dem Tonmaterial des Bühnenmusicals basieren, aber der Instrumentierung und der dramaturgisch – funktionellen Sprache eines Soundtracks genügen mussten.

Hierfür holte sich Robert Wise Filmkomponist Irwin Kostal, der als begnadeter Arrangeur galt. Schon 1961 hatte er Leonard Bernsteins komplexe Kompositionen für „West Side Story“ so meisterlich übertragen, dass er dafür einen Oscar erhielt. Ähnliches gelang ihm unmittelbar vor „The Sound Of Music“ mit der Adaption von „Mary Poppins“, als er die eigentliche Filmmusik basierend auf den Songs von Richard M. und Robert B. Sherman schrieb. 

Irwin Kostal gab dem Film eine musikalische Handschrift






Anfang 1965 waren alle Dreharbeiten und die komplette Postproduktion beendet. 

Der letzte Film der 20th Century Fox, die buchstäblich nicht einmal mehr das Geld für die Fox – Fanfare im Vorspann hatte, finanziert mit Geldern, die Wise’ Firma Argyle Enterprises vorgeschossen hatte, konnte in die Kinos kommen. 

Man rechnete mit etwa 20 bis 50 Millionen Zuschauern, und etwa 80 Millionen Dollar Einspielergebnis. Zu diesem Zeitpunkt konnte ja noch niemand ahnen, was geschehen würde…..









REZIPIENZ: DER ERSTE BLOCKBUSTER 







Chris Plummer singt "Edelweiss"


Am 2. März 1965 fand im Rivoli Theatre, New York die Weltpremiere von The Sound Of Music statt. Erwartungsgemäß war das Publikum begeistert, im Gegensatz zur Kritik.

In der New York Times schrieb Starkritiker Bosley Crowther einen absolut vernichtenden Verriss, wobei er sich jedoch an mehreren Stellen von der Faktengrundlage entfernte. So behauptete er unter anderem der Film "Sound Of Music" sei nur eine 1:1 Duplikation eines miserablen Bühnenstücks – realiter wurden zahlreiche, teilweise drastische,  dramaturgische Änderungen vorgenommen.

Zudem behauptete er, dem Film gingen am Ende (wegen der Reprisen) die Songs aus, dabei war dies schon in der Bühnenfassung so angelegt. 


Julie Andrews mit Ehemann Nr 1 Tony Walton auf der Premiere




Schaulaufen am Prämierenabend


The Sound of Music" wird im Rivoli eröffnet 

Von BOSLEY CROWTHER 3. März 1965 :

"Die Tatsache, dass "The Sound of Music" trotz der spürbaren Schwäche seines altmodischen Buches so viele Jahre am Broadway lief, war für den Produzenten und Regisseur Robert Wise offensichtlich die Gewissheit, dass das, was das Stück im Theater populär machte, es auch auch auf der Leinwand beliebt sein würde. Das war eine heitere Fülle von kirche-küche-kinder Gefühlen und die allgemein melodische Glückseligkeit der Richard Rodgers-Oscar Hammerstein 2d-Musik. [....]


Miss Andrews, bringt, mit ihrer strahlenden Vitalität, ihrem Auftreten als einfache, patente Frau und ihrer Fähigkeit, ihre Dialoge so lebendig und ansprechend zu gestalten wie ihre Lieder, eine schöne Mary Poppins-Logik und -Autorität in diese Rolle, die immer Gefahr läuft, unter der Last von romantischem Unsinn und unter dem Gewicht von romantischem Nonsens und Sentiment zusammenzubrechen.

Obwohl ein paar neue Lieder hinzugefügt wurden (beide vergesslich), scheinen Mr. Wise gegen Ende des Stücks die Lieder auszugehen und so wiederholt er zwei oder drei der bekannteren. 
Aber das Gleiche muss man über "The Sound of Music" sagen. 

Er wiederholt sich, im Stil - und im Thema. Aber die Gefühle sind reichlich vorhanden. In geschäftlicher Hinsicht ist Mr. Wise kein Narr." 

 



Premierenparty: Filmkomponist Richard Rodgers und Julie Andrews




Julie Andrews und Chris Plummer






Das Rivoli in New York




Nach dem offiziellen Kinostart, mit nur einem Trailer und einer bescheidenen Plakataktion (man bedenke nochmals, 20th Century Fox war zahlungsunfähig), kam es zu einem der ungewöhnlichsten Fälle von Mundpropaganda.

 
Plötzliche begannen Leute mehrfach in die Vorstellungen zu gehen. Vorstellungen waren ausverkauft, es bildeten sich lange Schlangen vor den Kinos, und binnen eines einzigen Monats (!) überschritt The Sound Of Music die magische Grenze von 100 Millionen Dollar.





Auch die legendäre Filmhistorikerin Pauline Kael, verriss den Film in einem Artikel im McCalls Magazine.

Der Herausgeber, der den Film schätzte, hatte ihr zwar einen negativen Bericht untersagt, aber Pauline Kael umging diese Richtlinie, indem sie den Film so über den grünen Klee lobte, dass man es nur als Ironie auffassen konnte.
Jedes Mal schrieb sie statt des echten Titels „versehentlich“: The Sound of Money.

Dieses Etikett blieb an dem Film bis heute haften. Pauline Kael wurde daraufhin entlassen. In diesem Fall Gott sei Dank, weil sie ihre wichtigen Bücher, die folgten, sonst vermutlich nie geschrieben hätte, besonders ihren wegweisenden Aufsatz über Citizen Kane.







Bei der 39. Oscarverleihung 1965 war The Sound Of Music aller Kritiker – Häme, und allen Unkenrufen zum Trotz für sage und schreibe 10 Oscars nominiert






BESTER FILM DES JAHRES     
BESTE REGIE – Robert Wise
BESTE HAUPTDARSTELLERIN – Julie Andrews    
BESTE NEBENDARSTELLERIN – Peggy Wood
BESTE MUSIK (BEARBEITUNG) – Irwin Kostal
BESTE KAMERA (FARBE) – Ted McCord
BESTE AUSSTATTUNG (FARBE) – Boris Leven
BESTE KOSTÜME (FARBE) – Dorothy Jeakins
BESTER SCHNITT – William Reynolds
BESTER TON – James P. Corcoran ,







 

In der Sparte „Bester Film“ konkurrierte The Sound Of Music gegen David Leans epische Pasternak – Verfilmung Dr. Schiwago, das britische Psychodrama Darling, Stanley Kramer´s („Flucht in Ketten“, „Urteil von Nürnberg“) NS Drama "Das Narrenschiff" (Hauptrollen – Nominierung für Oskar Werner!) und die sentimentale Theaterverfilmung Tausend Clowns. 

In der er Sparte Hauptdarstellerin stand Julie Andrews ihrer Landsmännin Julie Christie für "Darling", ihrer Landsmännin Samantha Eggar als Entführungsopfer im Thriller "Der Fänger", Elizabeth Hartman im Skandalfilm "Träumende Lippen" als große Liebe Sidney Poitiers (erster schwarz-weißer Kuss der Filmgeschichte!) und Simone Signoret in "Das Narrenschiff" gegenüber. 

In der Kategorie „Beste Regie“ konkurrierte Robert Wise gegen William „Ben Hur“ Wyler für den Entführungsthriller "Der Fänger", Meisterregisseur Sir David Lean für das Monumentalwerk "Dr. Schiwago", den britischen New Cinema Regisseur John Schlesinger für das harte Psychodrama "Darling" und den japanischen Avantgarde – Regisseur Hiroshi Teshigahara für das aufsehenerregende Filmkunstdrama "Die Frau in den Dünen". 




Hier die Video-Clips zu den 5 gewonnen Oscars:


BESTER FILM



BESTE REGIE




BESTE FILMMUSIK (BEARBEITUNG)




BESTER TON



BESTER SCHNITT



 
Es folgten darüber hinaus 2 Golden Globes , sowie der Hauptpreis der DIRECTORS GUILD OF AMERICA und der PRODUCERS GUILD OF AMERICA  für Robert Wise. 





The Sound Of Music wurde außerdem mit dem WRITERS GUILD OF AMERICA AWARD für Ernest Lehman, dem David O´Selznick Preis für Regie, dem Laurel Award für Bester Film, Beste Regie und Beste Hauptdarstellerin, dem Federation Of Motion Picture Council´s Best Family Film Award und später mit dem Preis für den besten Auslandsfilm in Italien, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Portugal, Belgien, den Niederlanden, Griechenland, den Philippinen , Mexiko, Peru und Japan ausgezeichnet. 






Wie kam es zu den Preisen in Übersee? 

Vom amerikanischen Erfolg ermutigt starte man nun doch auch Kopien im Ausland. Zunächst vorsichtig, dann, als aus immer mehr Ländern Nachschub an Kopien verlangt wurde, mit reißendem Absatz. 


Schließlich lief The Sound Of Music in fast allen Ländern der westlichen Welt. 



Deutsches Filmplakat 











Er lief in Deutschland als Meine Lieder, meine Träume 
In Frankreich als La Melodié De Bonheur 
In Portugal als Musica No Coracao 
In Brasilien als A Novica Rebelde 
In Italien als Tutti Insieme Appassionatamente 
In den Niederlanden als De mooiste Muziek 
In Spanien als Sonrisas Y Lagrimas 
In Griechenland als E meloudia tees Efti – hias 
In Israel als Tze-leh ha- musica 
In Saudi–Arabien als Sauth El Musika
In Mexiko als La Novicia Rebelde 
Im Iran als Ashkha va labkhandha 
Er lief auch in Korea, Japan und inoffiziell sogar in China. 


The Sound Of Music war der erste amerikanische Film, der auch außerhalb der Staaten zum Welthit wurde, und damit ein Zielpublikum und Einspielergebnis erreichte, das bis dahin gar nicht vorstellbar war. 

Im Dezember 1965 hatte Sound Of Music das Gesamteinspielergebnis von Vom Winde verweht erreicht, der damit von Platz eins der erfolgreichsten Filme aller Zeiten gestürzt wurde – und die Zuschauerzahlen wuchsen immer noch ins Uferlose. 

 Auch in den USA wurde der Streifen regelrecht zum Straßenfeger, fast 80 % aller Amerikaner sahen ihn, viele mehrfach. Üblicherweise wurden auch damals Filme nach maximal einem Jahr aus dem Kino genommen, aber in diesem Fall war es anders. 


Studenten demonstrieren vergeblich gegen den kommerziellen Filmerfolg


Sound Of Music lief in der Erstauswertung über 4 1/2 Jahre in den Kinos, vor ausverkauften Häusern, überall auf der Welt.  Es war die bis heute längste Erstlaufzeit die es je gegeben hat. Auch in anderen Ländern war die Nachfrage groß. 

Es wird berichtet, dass ein koreanischer Kinobesitzer – aufgrund der Überlänge des Films – die Nachfrage an Vorstellungen nicht befriedigen konnte. Schließlich schnitt er alle Musicalszenen heraus, so dass er eine weitere Vorführung pro Tag ansetzen konnte. 

Am Ende der Erstauswertung hatte The Sound Of Music 911 Millionen Dollar eingespielt, war von 1,2 Milliarden Menschen gesehen worden, hatte 20th Century Fox vor dem sicheren Ruin gerettet, und mehr Tickets verkauft als jeder andere Film in der Geschichte des Kinos vorher oder nachher. 

Gefloppt war The Sound Of Music nur in den deutschsprachigen Ländern. Zum einen gab das Publikum der “Nachahmung” ihres "großen" Heimatfilms von vornherein keine Chance, zum anderen war die Synchronisation mißglückt und die Tonqualität war nicht akzeptabel. 


Screenshot aus der grottigen deutschen Kinofassung "Meine Lieder, meine Traeume"


Besonders schrecklich war, dass die Heimatfilm –Sprecher die Songs alle auf deutsch nachsangen - in teils haarsträubender Qualität. Außerdem kürzte man den Film damals schlicht um fast vierzig Minuten, indem man ihn einfach nach der Hochzeit enden ließ, und so – ein zweites Mal – die Nazis ignorierte.

Die teilweise erfolgte Umarbeitung vom Breitwand auf Normalformat nahm dem Film dann auch noch alle optischen Trümpfe. In dieser nachträglich verkitschen Form hatte The Sound Of Music natürlich keine Chance in unseren Breiten. 

Einen vergleichbaren Film - Erfolg gab es erst wieder 1975, also eine Dekade später, als ein junger Regisseur namens Steven Spielberg einen Hai auf die Kinozuschauer losließ. 

Der weiße Hai (Originaltitel Jaws) übertrumpfte Sound Of Music und wurde schon 1977 von Star Wars selbst wieder überboten. 

Berechnet man aber die Inflation mit ein, und nimmt zum Vergleich an, Tickets hätten in den 60ern schon genau soviel gekostet wie später, dann bleibt das Familienmusical um die Trapp Familie – auch nach Herr der Ringe und Titanic -noch immer unangefochten an der Spitze. 

Auch der Soundtrack zum Film verkaufte sich reißend und musste dutzende Male neu aufgelegt werden. Er sollte auf dem Plattenmarkt Rekorde brechen: Der Spielfilmsoundtrack (mit Julie Andrews) , vertrieben von RCA Victor wurde der damals (!) meist verkaufte Tonträger nach Elvis Presleys Debüt – Album “Heartbreak Hotel” und dem Album “Help” von den Beatles. 

Er ist - bis heute – einer der meistverkauften  Filmsoundtracks der Welt, und zählt noch immer zu den Top 15 der erfolgreichsten LPs aller Zeiten. Später entwickelte sich ein regelrechter Kult um den Film. Ab 1970 lief The Sound Of Music regelmäßig zu den Festtagen im öffentlich – rechtlichen US – Fernsehen, namentlich an Thanksgiving und dem Heilig Abend und erreichte dort noch 2004 Einschaltquoten von bis zu 64 % - fast unvorstellbar in einem Land mit über 150 Fernsehsendern.


Generationen von Amerikanern wuchsen also mit dem Film und mit den Liedern des Films auf, lernten die Songs schon im Kindergarten, und erlebten Julie Andrews mindestens zweimal jährlich als „Mutter der Nation“, oder gar noch öfter. Dadurch, und durch zahllose Kino –Wiederaufführungen, wurde aus dem Film The Sound Of Music etwas anderes: Eine liebgewordene nationale Tradition. Und Traditionen entziehen sich, wie man weiß, schnöder Kritik. 

Ene Mehrheit aller Amerikaner bezeichnen Sound Of Music noch heute als ihren Lieblingsfilm, ein All – Time – Favourite. Er wird in Zuschauer-Rankings regelmäßig als einer der Besten Filme aller Zeiten genannt, und das AFI (American Film Institute), die berühmteste Filmhochschule der Welt, nannte ihn in ihrem Ranking der 100 Greatest Movies an fünfter Stelle. 




Zur Popularität beigetragen hat sicher auch die Erfindung der Sing-A-Longs, die ab 1969 stattfanden. Es handelt sich dabei um offizielle Vorführungen des Films, mit eingeblendeten Songtexten, zu denen die Zuschauer – manchmal als die Filmfiguren verkleidet – erscheinen und mitsingen können. Diese Sing –A-Longs sind bis heute sehr gut besucht, und füllen ganze Hallen. 

Hier ein Sing-A-Long in der Hollywood Bowl im Jahr 2017:





Die Idee wurde später 1974 für ein anderes Leinwandmusical, die Rocky Horror Picture Show kopiert – wo sie ebenfalls bis heute erfolgreich ist. 


Eine weitere Erfindung sind die Sound Of Music Reunions, die ebenfalls bis heute stattfinden. Es handelt sich dabei um Jubiläumsveranstaltungen , auch Fans erwünscht sind erwünscht, zu denen die damaligen Hauptdarsteller und die inzwischen erwachsenen „ Trapp – Kinder“ sich wieder treffen, und Erinnerungen an alte Zeiten ausgetauscht werden. 




Hier das komplette Video der Reunion von 2017 in der Oprah Winfrey-Show:




Julie Andrews und Christopher Plummer nahmen an bisher fast allen Reunions teil, und – früher, vor seinem Tode – auch Robert Wise. Alle Darsteller sind heute, auch nach über 40 Jahren noch, privat miteinander befreundet. Was wiederum zeigt, wie sehr Wises Bemühung aus den Darstellern “Eine Familie zu schmieden” wirklich gefruchtet hat. 

Und natürlich haben auch im Fall von Sound Of Music japanische Filmstudios, wie bei allen klassischen Stoffen in denen Kinder vorkommen, eine 26-teilige Zeichentrick – Serie daraus gemacht. Titel: The Trapp Family 




Bleibt nur die Frage nach dem warum. Warum dieser unglaubliche, Jahrzehnte anhaltende Erfolg, und die Verwandlung von einem bloßen Film zu einem Phänomen? 

Die Antwort ist wahrscheinlich die Mischung. Der Film bietet traumhaft schöne Bilder (die Kamerarbeit ist spektakulär und kann noch heute überwältigen), hat sowohl eine positiv, wie eine negativ ausgehende Liebesgeschichte, hat abenteuerliche Stellen (Flucht vor den Nazis) ,hat viel Humor und Witz, bietet Songs die auch nach Wochen noch im Ohr bleiben, hat ein hinreißendes Energiebündel als Hauptdarstellerin, hat sieben Kinder die allen die Schau stehlen, betont (freilich oberflächlich) familiäre Grundwerte, hat den “Eine wahre Geschichte” Bonus , bietet ein Beispiel des “American Dream”, ist, weil Tradition geworden, für Generationen von Zuschauern mit positiven Erinnerungen verbunden, entlässt den Zuschauer nach drei Stunden fröhlich aus dem Kino.

Diese Mischung musste einfach einschlagen. 

Ein weiterer, entscheidender Aspekt ist die Art und Weise wie diese Mischung erzählt worden ist. Das Drehbuch von Ernest Lehman, das die Geschichte um Einiges an Kitsch entrümpelt und folgerichtiger aufgebaut hat, die sensationelle Cinematografie von Ted McCord, an der man sich nicht sattsehen kann, die unglaublich eingängige Musik, die großartig choreografierten Nummern, und die brillante Regie von Robert Wise der, enorm energiegeladen und mit sehr , sehr sicherer Hand nicht nur die Stilisierung des Musicals virtuos bedient, sondern auch hünenhaft gegen die Gefahr des Kitsches an-inszeniert, den Humor betont, und zusammen mit Cutter William Reynolds dem Film, über die vollen drei Stunden, hohes Tempo und Schwung verleiht.


Extrem deutlich wurde das im direkten Vergleich mit dem TV-Remake "The Sound Of Music Live" von 2015 mit Carrie Underwood als Maria:



Wieviel The Sound Of Music seinem Publikum bedeutet, lässt sich eigentlich nur ermessen, wenn man – und sei es nur per Dokumentation – einmal eins der Sing-ALongs gesehen hat. Wenn etwa 2006 beim bisher größten Sing-A-Long im Hollywood Bowl 18 000 (!) Menschen verkleidet als Trappkinder, als Kapitän Trapp, als Maria oder als Nonnen, bei der Anfangseinstellung mit Tränen in den Augen jubeln, weil vor 40 Jahren eine britische Theaterschauspielerin namens Julie Andrews über einen Hügel gelaufen ist, und dann 18 000 Stimmen unisono ein Lied singen, das Rodgers & Hammerstein vor 49 Jahren geschrieben haben: 

“The hills are alive, with the sound of music, with songs they have sung for a thousand years…” 






Die US -Kritik hat sich heute zu einem unverkrampfteren Umgang mit der “Alpenschnulze” weiterentwickelt – im Gegensatz zur Kunstszene in Salzburg, wo der Film zwar in der Regel nie gesehen, aber umso intensiver gehasst wurde und wird, man die amerikanischen Touristen die seinetwegen kommen verachtet (und natürlich trotzdem schröpft) oder zu Deutschland wo The Sound Of Music so unbekannt wie verpönt ist. 

Hier zwei aktuelle US – Besprechungen in Auszügen: 

 

JAMES SANFORD in "James Sanford On Film: 

 

"Lachen Sie, wenn Sie wollen, aber nur wenige Filme können "The Sound of Music" das Wasser reichen, wenn es wenn es um anhaltende Popularität geht. Bei seiner ursprünglichen Veröffentlichung war er ein Riesenerfolg (er war der Film mit den höchsten Einspielergebnissen in den Jahren 1965, 1966 und 1967!), hat er sich bis heute eine große Fangemeinde erhalten. [.....] Der Schauplatz Kino macht es auch leicht zu verstehen, warum dieser Film, zusammen mit "Mary Poppins" (1964), Julie Andrews zu einem großen internationalen Filmstar machte. Ihre Ihre Ausstrahlung und Energie füllt die Leinwand in jeder Szene. [......] Es hilft auch, dass die Partitur von Rodgers und Hammerstein nicht nur großartig ist, sondern auch unglaublich eingängig. Die Lieder werden noch wochenlang in Ihrem Kopf nachhallen. Andrews ist sicherlich das Herzstück des Films, aber es gibt noch viel mehr zu bewundern, besonders in Wises Regie. Man beachte, dass viele der Musiknummern in langen Einstellungen gedreht wurden gedreht wurden, was von den Schauspielern ein hohes Energieniveau verlangt. Es gibt keinen MTVähnlichen Flash-Schnitt, um Fehler zu kaschieren. Wise muss auch zumindest teilweise verantwortlich gewesen sein für das Tempo des Films, das von Anfang bis Ende fast atemlos ist, sich aber nie gehetzt anfühlt [.....]"

 

Aus dem Fachblatt VARIETY:

 

"Die Magie und der Charme des Rodgers-Hammerstein-Lindsay-Crouse-Bühnenhits von 1959 sind in dieser in dieser filmischen Umsetzung zu einem der besten Musicals, die je verfilmt wurden, verschmolzen. Leinwand. Die Poduktion von Robert Wise ist ein warm pulsierendes, fesselndes Drama, das mit der einfallsreichsten Verwendung der beschwingten R-H-Melodien, großartiger Inszenierung und mit einer brillanten Besetzung mit Julie Andrews und Christopher Plummer in den Hauptrollen, das auf Resonanz an den Kinokassen stoßen musste Verschiedene Musiknummern wurden ausnahmslos gekonnt in Szene gesetzt.
"My Favorite Things", gesungen von Miss Andrews und den Kindern, ist vielleicht das am besten gelungene Stück, während "Do-Re-Mi", das Frau und Kindeschar beim Picknick und in den Straßen von Salzburgs zeigt, am lebhaftesten ist. Miss Andrews' einleitendes Titellied auf dem Berg markiert einen den effektvollen Beginn des Films, der von Luftaufnahmen durch die Berge eingeleitet wird, und " Lonely Goatherd", eine Puppennummer, die von ihr und Kinderstimmen begleitet wird, sorgt für eine leichte Note. Moppets' "So Long, Farewell" ist charmant, und verschiedene Reprisen während des Films verdienen zusätzliches Interesse. Alle technischen Leistungen sind hochkarätig und beeindruckend. William Reynolds' Schnitt ist brillant und lässt nie Längen zu und die von Dorothy Jeakins entworfenen Kostüme geben dem Film die nötige Würze. Irwin Kostals Arrangments und Dirigieren der wunderschönen Filmmusik ist einer der stärksten Pluspunkte." 


 

Bleibt noch ein Kuriosum am Rande zu erwähnen: 

Die britische BBC und der amerikanische Sender ABC haben ein von hoher staatlicher Stelle geheimdienstlich festgeschriebenes Abkommen, dass im Falle eines nuklearen Holocausts den Überlebenden der Film Sound Of Music gezeigt werden soll, um Mut zum Wiederaufbau einer Gesellschaft zu machen. 


Szene aus "The Postman". Postapokalyptische Überlebende sehen "Sound Of Music"




Der britische Secret Service hat diesen von THE SUN veröffentlichten Umstand inzwischen eingeräumt, die CIA hingegen spricht von “Sicherheitsfragen die nicht öffentlich erörtert werden dürfen”. Der Kevin Costner – Film “The Postman” der nach einer solchen Apokalypse spielt, nimmt jedenfalls Bezug darauf. 

Dort wird den Überlebenden The Sound Of Music vorgeführt…









Ich hab den Film gern, das muss ich sagen, aber es ist halt eine andere Geschichte. Die wollten ja keine Biographie machen, sondern ein Musical, und in einem Musical darf man keine Probleme haben….aber ich sage ihnen etwas anderes, das viel wichtiger ist: Millionen Menschen überall auf der Welt kennen den Namen Von Trapp, immer noch. Man hat uns nicht vergessen – seinetwegen”

 “MITZI” VON TRAPP  (damals 91)


Maria Franziska "mitzi" von Trapp  (* 28. September 1914 in Zell am See; † 18. Februar 2014 in Stowe, Vermont)


 

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